Wenn dieser Artikel online geht, dann haben wir die lange Zugfahrt gen Süden schon hinter uns und sind im Land der Berge, Almwiesen und teuren Lebenshaltungskosten angekommen. In den Osterferien unternehmen wir nämlich ein ganz besonderes Abenteuer. Zum ersten Mal machen wir so einen richtigen Backpacking-Trip mit Kind. Und das kam so…

Uns ist ja jede Ausrede recht, um zu reisen. Und wenn der große Sohn sagt, dass er an einem Schüleraustausch teilnehmen möchte, dann jubeln wir.

(Also, zumindest zuerst. Kurz vor knapp überkommen uns dann doch einige Zweifel, ob er das mit seinen zarten zwölf Jahren schon packt, zwei Wochen auf sich allein gestellt in einer fremden Familie in ungewohnter Sprachumgebung zu überleben…)

Aber prinzipiell sind wir natürlich Feuer und Flamme.

Schüleraustausch mit der französischen Schweiz

„Es gibt da diesen Schüleraustausch mit der französischen Schweiz“, sage ich irgendwann im Herbst am Morgen nach dem Elternabend.

„Kann ich da mitmachen?“ lautet Janis‘ erste hoffnungsvolle Reaktion.

„Ja, der ist für die siebte und achte Klasse. Die Gastfamilien sind an verschiedenen Schulen im Kanton Vaud rund um den Genfer See, wo sie halt Französisch sprechen“, erkläre ich.

„Wie lange dauert der denn, dieser Austausch?“ ist Janis‘ nächste Frage.

„Die ganzen Osterferien, also zwei Wochen.“

„Ah, na dann gerne“, meint Janis sofort. „Wenn es jetzt ein ganzes halbes Jahr oder so gewesen wäre, dann wäre mir das zu viel. Aber zwei Wochen kann ich ja ruhig mal alleine wo couchsurfen.“

Und so füllen wir die erforderlichen Unterlagen aus. Janis macht mich stolz, indem er in seinem Motivationsschreiben den Satz unterbringt: „Ich möchte einfach gerne ein bisschen Französisch lernen und außerdem die Schweiz erkunden, weil ich die noch nicht kenne.“

Janis freut sich auf die Schweiz. Wir auch. (Die Fotos dieses Beitrags hat Martin gemacht, der als einziger von uns schon mal richtig unterwegs war in der Gegend, und zwar 2013, als er mit einem Kumpel die Alpen mit dem Fahrrad überquert hat.)

Oder doch nicht?

Einige Wochen nach dem Abschicken der Anmeldung erhalten wir eine E-Mail des Organisatoren in der Schweiz. Die Lehrerin aus Bielefeld, die den Austausch auf deutscher Seite jahrelang betreut und die Gruppe auf der Zugfahrt in die Schweiz mit ihrem Mann begleitet hat, fällt aus.

Um den Austausch zu retten, bittet er einen Lehrer einer der anderen beteiligten Schulen oder zur Not auch Eltern, einzuspringen.

Zwei Tage später sitze ich mit unserem Französischlehrer im Hinterzimmer des Verwaltungstrakts und schmiede Pläne. Wir beide sind von der Sinnhaftigkeit von Schüleraustauschen dermaßen überzeugt – aus eigener Erfahrung, versteht sich – dass wir fest entschlossen sind, das Ding trotz diverser logistischer Widrigkeiten zu schaukeln. Und obwohl sich der Prozess auf Messers Schneide noch mehrere Monate hinzieht, kriegen wir am Ende alles unter Dach und Fach: Die Sektion Bielefeld fährt mit uns beiden als Begleitpersonen und einer Gruppe von immerhin zehn Schülern (plus einem quasi blinden Passagier namens Silas) in die französische Schweiz.

Aus der Not eine Tugend machen

Während die 12- bis 14-Jährigen zwei Wochen bei ihren Gastfamilien wohnen und (im Idealfall) Französisch lernen (auf jeden Fall aber eine mit Sicherheit prägende Erfahrung in Sachen Selbstständigkeit und Horizonterweiterung machen), haben Silas und ich Gelegenheit zu unserer ganz eigenen Grundsatzerfahrung: klassisches Backpacking.

Eine Woche lang werden wir zu zweit unterwegs sein. Karfreitag setzt sich dann auch Martin zu Hause in den Zug, um die zweite Woche der Osterferien mit uns zusammen zu verbringen. Das liegt vor allem daran, dass besagter Französischlehrer an unserer Schule ab Ostern in Elternzeit geht und für die Rückfahrt der Truppe folglich nicht zur Verfügung stehen kann. Dank Martin werden wir auch auf dem Heimweg zwei erwachsene Begleitpersonen sein.

Zwei Wochen Backpacking und Couchsurfing in der Schweiz

Als ich vor kurzem den Ratgeber-Artikel „Couchsurfing mit Kindern“ veröffentlichte, saß ich bereits an der aktiven Planung unserer Reise. Sämtliche Tipps zum Finden von Familien in dem kostenlosen Gastfreundschaftsportal sind also frisch in der Praxis ausprobiert.

Zumindest in der Theorie kann ich über familienfreundliches Couchsurfing in der Schweiz nicht klagen. Zwischen Genf und Bern galt es Gastgeber für fünf verschiedene Zeiträume von je zwei bis drei Nächten zu finden. Meine persönliche Bilanz:

  • Elf Familien oder Paare habe ich angeschrieben.
  • Eine einzige hat gar nicht geantwortet.
  • Vier Familien schrieben zurück, sie hätten leider in den Osterferien andere Pläne, hofften aber, uns irgendwann anders einmal kennenzulernen.
  • Eine Familie sagte zu unter der Bedingung, dass wir einen Tag später kommen könnten (was wir hinbiegen konnten).
  • Drei Familien und ein junges Paar sagten ohne weiteres zu.

Vor allem im Vergleich zu unseren organisatorischen Couchsurfing-Erfahrungen in Südeuropa (allen voran Italien) ist das eine wirklich hervorragende Quote!

Wie viele Stunden Planungszeit im Heraussuchen, Anschreiben, Antworten liegen, habe ich nicht gezählt. Viele. Ganze Abende. Eine Reise per Couchsurfing planen ist nichts, was man mal eben so aus dem Handgelenk schüttelt – aber für Leute mit dem richtigen „Couchsurfing-Spirit“ ist das schon Teil der Reise-Vorfreude. ;)

Weiße Berge, grüne Wiesen, schnuckelige Dörfer – sowas in der Art hoffe ich auf unserer Tour zu sehen.

Und wenn wer abspringt? Couchsurfing-Komplikationen

Unschön ist der Einzelfall, der uns bei dieser Planung zum ersten Mal getroffen hat (und wir sind immerhin schon mehr als 40 Mal irgendwo als Couchsurfer zu Gast gewesen).  Eine Familie antwortete sofort mit einer Zusage, doch nachdem mehrere freundliche Nachrichten hin und hergegangen waren, meldete sie sich plötzlich gar nicht mehr. Dabei hatte alles so nett geklungen, und laut Profil war die entsprechende Familie zwar noch nicht sehr erfahren als Couchsurfer, hatte aber immerhin schon fünf durchaus positiv klingende Bewertungen gesammelt.

Na ja, wer weiß, welche Geschichte dahintersteckt, vielleicht etwas Plausibles oder gar Trauriges, dachten wir, und suchten nach Alternativen. Wir schreiben vier weitere Familien an, die aber allesamt nett absagten. Klar, bei Couchsurfing sind gerade die reiselustigen Menschen vertreten, und Familien mit Kindern im Schulalter haben in der Regel nur die Ferien, um diese Reiselust auszuleben.

Am Ufer des Genfer Sees heute Morgen piepste dann mein Handy. Die verschollene Gastgeberin meldete sich betreten zurück: Alles in Ordnung, wir stehen längst im Kalender. Also noch mal Glück gehabt!

Unsere Route für den Backpacking-Couchsurfing-Trip durch die Schweiz

Wie immer, wenn wir eine Tour auf Couchsurfing-Basis planen, ist uns recht egal, wo genau wir letztlich sein werden – Hauptsache, bei netten Leuten. Unser Startpunkt ist durch den Schüleraustausch bestimmt: Wir kommen an am Bahnhof von Lausanne. Von da ab haben wir folgende Aufenthalte geplant:

Lausanne – in Nostalgie

Die Stadt am Genfer See – der, wie ich gelernt habe, überall außerhalb Genfs Lac Léman genannt wird – wollen Silas und ich uns gerne in Ruhe ansehen. Vor allem aber wollen wir Carlene und ihre kleine Familie besuchen. Die Irin war eine meiner allerersten Couchsurfing-Gastgeber, die mich und meine Schwester Gesa 2009 auf einem post-studentischen Mini-Trip in Belfast beherbergt hat. Ein Jahr später bin ich mit meiner ganzen Familie nach Irland zurückgekehrt, und wir haben sie ein zweites Mal besucht, diesmal zu viert. Carlene ist toll, und meine Jungs haben sie damals geliebt. In der Zwischenzeit hat sie einen Schweizer kennengelernt, ist drei Jahre durch Afrika geradelt, nach Lausanne gezogen und hat ein Baby bekommen. Definitiv Zeit für einen dritten Besuch (und ein ernstes Gespräch, dass sie endlich auch mal zu uns nach Obernkirchen kommen muss).

Genf – und Frankreich

Die zweite Station, die ich allein mit Silas in Angriff nehmen werde, ist Genf. Die Stadt im südwestlichsten Zipfel der Schweiz gilt gemeinsam mit Zürich als das teuerste Pflaster Europas, hab ich gelesen. Ich habe trotzdem fest vor, mir todesverachtend einen Cappuccino zu bestellen. Wie viel wir von der Stadt sehen werden, kann ich aber noch gar nicht abschätzen. Die Couchsurfer, die ich für diese Station ausgesucht habe, wohnen in Annemasse, und das liegt schon in Frankreich. Mit dem Bus fährt man 40 Minuten bis ins Stadtzentrum, sagt unsere Gastgeberin. Einen ähnlichen Fall hatten wir im vergangenen Sommer im slowakischen Bratislava, als wir bei Couchsurfern in einem Vorort wohnten, der schon in Ungarn lag.

Bern – kreatives Chaos mit Familienanschluss

Dann ist schon Karfreitag, und Silas und ich fahren mit dem Zug nach Bern, wo wir Martin treffen. Gemeinsam geht es dann per Bus zu unseren Couchsurfing-Gastgebern, die uns über die Osterfeiertage bei sich aufnehmen. Unser Host hat uns bereits vorgewarnt: Es wird voll und ein bisschen chaotisch, weil sich auch diverser Familienbesuch angesagt hat. Aber wir sind willkommen, betont die Familie mit drei kleinen Kindern. Ich mag ja familiären Trubel und bin so aufgewachsen, dass eigentlich immer irgendwer zu Besuch ist, woher auch immer, und ein einziges Kommen und Gehen herrscht. Von daher glaube ich, dass wir uns wohlfühlen werden. Mindestens am Ostersonntag werden wir uns ganztägig Bern ansehen (und für freie Bahn fürs Schweizer Familientreffen sorgen, haben wir schon abgesprochen).

Interlaken: Zwischenstation in der Schweizer Jugendherberge

Die Nacht von Ostermontag auf Dienstag werden wir in der ziemlich nobel anmutenden Jugendherberge in Interlaken verbringen. Darauf freue ich mich schon ganz besonders – nicht nur, weil uns nach so viel Couchsurfing-Trubel eine Pause mit Tür, die wir reuelos hinter uns zuziehen können, wahrscheinlich nicht schaden wird. Mit der Jugendherberge hat sich dankenswerterweise kurzfristig eine Zusammenarbeit fürs Blog ergeben, so dass ich das Haus noch ausführlich vorstellen werde. Fürs erste verrate ich nur, dass ich auf das Konzept mit integriertem öffentlichen Restaurant sowie die schicke Lobby mit offenem Kamin und Billardtisch selbst gespannt bin wie ein Flitzebogen.

Das große Fragezeichen

Tja, dann kommt das große Fragezeichen. Eigentlich sollte unsere nächste Station in Sigriswil am Thunersee sein, überhaupt nicht weit von Interlaken in Richtung Thun.

Mal sehen, ob Martin diese Woche noch alternative Couchsurfing-Gastgeber auftreibt, ob wir einfach in der Jugendherberge verlängern, oder ob Martin etwas ganz anderes einfällt – ist jetzt nicht mehr mein Problem. :)

Lausanne Reloaded

Bevor wir unsere Schülergruppe wieder einfangen, steht uns zunächst noch ein halber Reisetag in Bus und Bahn gen Süden bevor. In einem Vorort von Lausanne übernachten wir noch zwei Mal bei einem jungen Paar, das bereits eine Weltreise auf dem Fahrrad hinter sich hat. Tagsüber werden Silas und ich als alte Experten Martin Lausanne zeigen.

Am letzten Abend sind wir bei Janis‘ Gastfamilie zum Essen eingeladen. Da deren Junge uns im Sommer besuchen wird, ist es eine gute Gelegenheit, sich schon einmal kennenzulernen.

Ich bin ja so gespannt!

Tja, und das wird es dann auch schon wieder gewesen sein. Ich bin gespannt, ob alles so klappt. So viel Couchsurfing am Stück haben wir selten gehabt bisher (aber in so teuren Reiseländern sind wir auch selten unterwegs gewesen bisher…). Und echtes Backpacking, also Umherreisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln und allem, was man dabei hat, auf dem Rücken, das haben wir, wie gesagt, überhaupt noch nie gemacht.

Ich freu mich wahnsinnig auf die Erfahrung! Und auf die vielen Leute, die ich bisher nur aus Internet-Profilen und E-Mails kenne. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es großartig wird. Lehrreich und horizonterweiternd wird es auf alle Fälle. Für Janis, den Austauschschüler, und für uns, die Couchsurfer.

Mal sehen, wie das Wetter wird. Aber die Straße liegt einladend vor uns. Juchu!

Sei live dabei auf Instagram!

Ich habe fest vor, auf Instagram von unterwegs aus immer mal wieder Fotos zu posten und ein paar Worte dazu zu schreiben. Wenn du die Foto-Community kennst und magst, folgst du uns da wahrscheinlich eh schon (falls nicht, kannst du das durch einen Klick hier nachholen). Ich weiß noch nicht, wie fleißig ich sein werde (und kann, denn die Schweiz ist ja keine EU, und mein schmales Datenpaket muss für die Bus-App reichen). Aber wenn es richtig gut läuft, nutze ich vielleicht sogar endlich mal die „Instagram Stories“-Funktion mit kleinen Live-Videos.

Aber selbst wenn du mit Absicht nicht noch ein Social Media Dings haben willst, kannst du unsere aktuellen Bilder sehen: Komm einfach immer mal wieder hier aufs Blog und schau (in der Desktop-Version) in die rechte Spalte. Wenn du dort auf die Instagram-Bilder klickst, kannst du den dazugehörigen Text sehen.