Nicht weit von Helsinki beginnt herrliche Natur – zu erreichen bequem per „Wasserbus“ und gerade für Familienausflüge mit kleinen Kindern bestens ausgestattet.

Wir haben einen wunderschönen Nachmittag auf dem Archipel gehabt. Mit Heidi und ihren Töchtern Kanerva (8), Taru (2) und Lilja (1) haben wir uns an einem kleinen Hafen außerhalb des Stadtzentrums getroffen, wo wir niemals aus Versehen gelandet wären. Mit einem Bus-Boot sind wir dann nach Iso Vasikkasaari geschippert.

This wilderness is easily accessible from Helsinki: just take a water-bus from the capital.

Kurz hinter Helsinki…

Das kleine, dicht bewaldete Eiland von vielleicht zwei Quadratkilometern verfügte über eine erstaunliche Infrastruktur: mehrere, sehr saubere WC-Anlagen, ein hübsch in die Landschaft eingebettetes Café, einen Spielplatz und mehrere Grillhütten, komplett ausgestattet mit Feuerholz, Anzünder und sogar Küchenkrepp. Wir machten einen Spaziergang rund um die Insel. Die Kinder kletterten auf den Felsen herum, die für sie einen herrlich riesigen Abenteuerspielplatz darstellten. Überall führten kleine Pfade ins Blaubeergestrüpp. Dann kamen die Jungs ganz aufgeregt wieder und wollten mir unbedingt etwas zeigen, was sie gefunden hatten: In der Mitte der Insel gab es einen hölzernen Aussichtsturm, von dem aus man allerdings kaum das Wasser sehen konnte, weil er nicht höher als die Bäume drumherum war. Trotzdem, die Eroberung des Turms machte Janis, Silas und Kanerva richtig viel Spaß. Schließlich ließen wir uns in einer der halboffenen Grillhütten nieder. Heidi hatte Würstchen mitgebracht, und nachdem die gegrillt und verspeist waren, durften die Kinder noch etwas unter Aufsicht mit dem Feuer kokeln.

The BBQ area at the small Finnish islands is a very luxurious one. After we had finished with the sausages the kids were allowed to experiment with the fire.

Kinder lieben Kokeln.

Besonders Janis und Kanerva verstanden sich blendend, obwohl sie nicht mehr als ein paar wenige englische Vokabeln teilten. Auf dem Rückweg verschwanden die beiden im Wald und hängten Silas ab, was ihn zwischenzeitlich sehr kränkte.

The small islands of the Archipelago are great adventure playgrounds not only for kids. (Here Silas is looking a bit grumpy because the big ones had outrun him.)

Einer, dem die großen Kinder weggelaufen sind…

Schließlich aber fanden sich alle beim Freeclimbing an der Steilküste ein, was ihnen erst eine Menge Spaß, dann Janis einen blauen Fleck am Po und Silas einen nassen Fuß einbrachte.

i-freeclimbing

Free-climbing.

Wir schlugen uns durch den Blaubeeren-Dschungel und naschten nach Herzenslust, bis wir alle lila Schnuten hatten (bis auf Janis, der keine Blaubeeren mag, aber immer genauso fleißig mitpflückt und verteilt). Während die Kinder herumtollten, unterhielten wir uns mit Heidi über die unterschiedliche Arbeitskultur und Erziehungsgrundsätze in unseren Ländern. Heidi ist, wie Martin, leidenschaftliche Fahrradfahrerin, was natürlich auch für Gesprächsstoff sorgte.

Am Schluss kehrten wir noch in besagtes Café ein, dessen Preisniveau stattlich, aber wenigstens nicht so völlig abgehoben wie anderswo in diesem Land ist. Der Cappuccino kostete 3,60 Euro, war aber dafür auch groß und äußerst lecker.

Sometimes it just works between the children: Janis and Kanerva acted like they'd known each other for ages, even though they shared no language. Off they went together.

Zwei Waldläufer.

Die Finnen nahmen ein Boot in Richtung ihrer Wohnung, mussten dann aber noch eine ganze Weile laufen (sie besitzen kein Auto). So kam es, dass wir vor ihnen an ihrer Haustür waren und dort von Heidis Mann Jori empfangen wurden. Der ist Elektroniker, ein Bluetooth-Spezialist, nicht für Nokia, worauf er Wert legt. Wie Heidi (und wie wir – mit leicht zugedrückten Augen) ist er Ende 20. Während die Männer kochten, ging ich mit Heidi Einkaufen – ein Vergnügen, das ich in anderen Ländern immer sehr genieße. Jetzt noch eine Einheimische für Rückfragen dabei zu haben, war ein besonderer Luxus. Im finnischen Supermarkt überraschten mich die vielen Bio-Angebote, die – mehr noch als die herkömmlichen Waren – aber auch zu astronomischen Preisen angeboten wurden. Heidi zeigte mir diverse finnische Produkte, die ich probieren sollte: Sanddornmarmelade, deren Früchte auf dem Cover und Heidis Beschreibung nach auch real hier daumendick sein müssen, einen Käse der Samen, ziemlich lecker aussehendes Brot, Lakritz und finnisches Bier, das pro Dose mehr als zwei Euro kostete. Ich hab es trotzdem genommen, weil mir das Design so gefiel, dass ich die Dose als Dekogegenstand aufheben werde. Dankend abgelehnt hab ich nur den Teer-Sirup. Die kommen aber auch auf Ideen hier!

Tar syrup. Honestly. Tar syrup! They bottle up and see what we put on the streets. Hm.

Teer-Sirup.

Wieder zurück aßen wir gebackenen Lachs mit Kartoffelgratin – superlecker! Wir brachten die Kinder ins Bett (wir schliefen im Zimmer von Kanerva und Taru, die beide zur Großmutter ausquartiert waren). Abends haben wir lange noch zusammengesessen und angeregt über deutsche Geschichte, finnischen Alkoholismus, das Judentum, die technische Entwicklung und zahlreiche andere Dinge diskutiert. Es drängte sich uns der Eindruck auf, dass die Finnen schon ein ziemlich unzivilisierter und bekloppter Haufen sind, aber doch harmlos und liebenswert.

Die Finnen, die wir persönlich kennen gelernt haben, waren jedenfalls sehr gebildet und sehr angenehme Gesprächspartner. Wie großartig, dass wir uns die Zeit für Helsinki noch genommen haben! Ich hätte schon gerne noch einen weiteren Vergleichswert, würde gern auch noch das Leben auf dem Land und in einer finnischen Kleinstadt erleben, um mir ein richtiges Bild von diesem Staat machen zu können. Couchsurfing ist ja immer nur ein sehr subjektiver Eindruck.

Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 11. August 2012 verfasst.

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