Gallipoli ist die Basis für unseren einwöchigen Aufenthalt im Salent. Aber weil es so viel regnet und ich mir in unserem eiskalten Apartment eine saftige Erkältung einfange, haben wir gar nicht so viel davon, dass wir ganz in der Nähe der Altstadt wohnen. Genau genommen sehen wir sie nur ein einziges Mal, und das am Abend. Denn wenn das Wetter es zulässt, wollen die Jungs lieber an den Strand.

Und ganz ehrlich, das ist auch okay so. Nicht, dass Gallipoli keine hübsche Stadt wäre (auch wenn mir die nicht unähnlichen Altstädte in Kroatien viel, viel besser gefallen haben – aber das liegt vielleicht auch daran, dass aus meiner Reisefreudigkeit gerade irgendwie die Luft raus ist und meine Nase trieft und wir uns abends in der Küche in die Schlafsäcke mummeln, um die Kälte in unserer Wohnung erträglicher zu machen). Aber das beste an Gallipoli sind die Strände drumherum. Auch im März (besonders im März wahrscheinlich, denn da haben wir sie ganz für uns allein).

Fleißige Reisebloggerin unter widrigen Umständen.

Fleißige Reisebloggerin unter widrigen Umständen.

Der schönste Strand in Süditalien

Unser Lieblingsstrand liegt im Süden, etwa zehn Minuten Fahrtzeit von der Innenstadt entfernt. Direkt am Stadtgebiet schließt der Lido San Giovanni an. Dieses professionell betriebene Strandbad meine ich nicht. Das ist im Frühjahr noch verrammelt und zugenagelt, und man kommt schlichtweg nicht ans Wasser. Aber ein ganzes Stück weiter, noch hinter dem Stadion, ist der Zugang frei, und links und rechts der Straße befinden sich erst kostenpflichtige Parkplätze (da, wo sich noch viele Restaurants und Strandbars befinden), und diese wiederum weichen kurz darauf weiß umrandeten Parkbuchten, was bedeutet, dass man sein Auto hier gratis parken kann. Holzbohlenwege führen über die Felsen. Und dann liegt er da, der Traumstrand aller Kinder.

Ab an den Strand!

Ab an den Strand!

Hier können die Jungs nach Herzenslust über die malerischen Felsen aus Ergussgestein klettern. Als sie damit fertig sind, knien sie sich in den feuchten Sand und beginnen damit, ein Bergdorf zu errichten. „Hier ist der Markplatz“, erklärt Silas, während er ein Stückchen Sandboden ebnet. Dann formt er jede Menge kleine Hügelchen. „Trulli“, sagt er. Die traditionellen runden Steinhäuschen haben wir auf der Herfahrt zuhauf gesehen. „Und jetzt kommt Silas’ Residenz!“ Sein Bruder arbeitet währenddessen schon an einer Zitadelle, komplett mit Bastionen und Kasematten. Dann folgen Kasernen, Mühlen und Bauernhöfe, und alles wird mit Straßen verbunden. Schließlich kommt Janis sogar auf die Idee, an die Felskanten Klöster im Kleinformat zu bauen, wie wir es im griechischen Meteora gesehen haben.

So geht das tagelang, immer im Namen einer neuen Zivilisation, die auf den vom Winde verwehten Ruinen ihrer Vorgänger aufbaut. Martin und ich lungern währenddessen auf den Felsen herum, gut eingemummelt in unsere Winterjacken, und spielen Backgammon. Länger als ein knappes Stündchen halten wir es nie aus, aber das ist in Ordnung für die Kinder. Meist sind wir kurz vor Sonnenuntergang am Strand (auf dem Rückweg von unseren Ausflügen nach Lecce und Otranto oder nach einem ausgiebigen Schultag), und danach wird es ja ohnehin dunkel.

Janis baut an einer Festung.

Janis baut an einer Festung.

Spaziergang durch die Altstadt von Gallipoli

Aber schließlich gucken wir uns Gallipoli natürlich doch mal an. Die Altstadt liegt auf einer kleinen Insel, die heutzutage durch eine Brücke mit dem Festland verbunden ist. Die Griechen waren als erstes hier und nannten ihre Kolonie Kallipolis, „schöne Stadt“. Die Römer, die den Ort ein paar Jahrhunderte später eroberten, dachten wohl eher an Hähne (galli), und so ziert noch heute ein Hahn das Stadtwappen. Geschichtlich folgte dann das übliche süditaliensche Kuddelmuddel aus Normannen, Staufern, Spaniern, Franzosen und Venezianern, die alle ihre Spuren im Stadtbild hinterließen.

Die Festung wacht über den Zugang zur Insel.

Die Festung wacht über den Zugang zur Insel.

Über die breite steinerne Brücke spazieren wir auf die Insel. Mit dem Auto lässt sie sich nur in eine Richtung umfahren, und das kann man sich getrost ersparen. In die Mitte des Gewirrs aus schmalen und schmalsten Gassen sollte man sich als Tourist mit dem Auto am besten gar nicht trauen (verboten ist es ohnehin, was in der Realität aber natürlich nicht bedeutet, dass man dort keinem Verkehr begegnet – vor allem die Roller passen nach italienischer Definition überall durch). Mitunter bemerkt man die engen Durchgänge zu weiteren Straßen nicht einmal, weil man sie für Hauseingänge hält. Und dann öffnen sich die Gassen plötzlich zu einem kleinen Platz, und es gibt einen Brunnen, einen besonders schönen Palazzo oder eine der vielen Kirchen zu sehen. Die prächtigste von allen steht in der Mitte der Insel und ist leider so von anderen Gebäuden eingekeilt, dass sich ihre kunstvolle Fassade im Lecceser Barockstil kaum anständig betrachten lässt. Sant’Agata heißt sie und stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Die Sant'Agata Kathedrale ist so eng umbaut, dass man kaum weit genug zurück gehen kann, um die Fassade vollständig zu fotografieren.

Die Sant’Agata Kathedrale ist so eng umbaut, dass man kaum weit genug zurück gehen kann, um die Fassade vollständig zu fotografieren.

Die meisten Gotteshäuser aber drängen sich an der Stirnseite der Insel. Hier hatten die Fischer sie gut im Blick, wenn sie früh morgens zur Arbeit ausfuhren, und wenn sie dankbar mit vollen Netzen zurückkehrten. Wieso sich die Kirchen hier derart häufen und buchstäblich eine neben der anderen steht, konnten wir leider nicht herausfinden. Zwar hat der Tourismusverband neben jeder ein Schild aufgestellt, aber die Beschreibungen – immerhin sowohl auf Italienisch als auch auf Englisch und damit touristenfreundlicher als an den meisten Orten in Deutschland – beschränken sich auf kunstgeschichtliche Details, die uns nicht sonderlich interessieren.

Zum Abendessen tun wir es den vielen Einheimischen gleich und holen uns eine Pizza aus der kleinen Klitsche direkt gegenüber der Kathedrale. Die Pizza Margharita zum Mitnehmen kostet hier vier Euro. Die Tomatensauce oben drauf ist hausgemacht und schmeckt anders als in Deutschland, aber lecker. Mit den provisorischen Kartons auf den Knien setzen wir uns auf eine Bank an der Mauer, die die Stadt vom Mittelmeer trennt. Wir sehen den italienischen Kindern beim Ballspielen auf der Straße zu – und zucken jedes Mal zusammen, wenn der Fußball hart eines der geparkten Autos trifft. Für echte mediterrane Gelassenheit sind wir eben doch zu deutsch. Aber für einen schönen, friedlichen Abend reicht es allemal.

Immer wieder öffnen sich die teils grotesk engen Gassen zu kleinen Piazzen.

Immer wieder öffnen sich die teils grotesk engen Gassen zu kleinen Piazzen.

Eine Woche lang haben wir in Apulien verbracht, ganz im Süden Italiens. Fünf Ausflüge haben wir dort unternommen, und deshalb geht es fünf Wochen lang jeden Dienstag auf family4travel nach Süditalien. Und das sind unsere Ziele: