Diese Momentaufnahme stammt aus Zitsa, einer kleinen Stadt in den Bergen, ganz im Norden Griechenlands nahe der albanischen Grenze. Lord Byron, der Lieblingsdichter britischer Romantiker, hat vor 200 Jahren in den höchsten Tönen von diesem Ort geschwärmt. Dass heute so viele Reisende aus aller Welt in dem winzigen Städtchen Station machen, liegt aber wohl eher an Kostas und Anna, die in überwältigender Gastfreundschaft ihr Zuhause für jeden öffnen, der darum bittet.

Wir haben sie über die Couchsurfing-Plattform kennengelernt und dürfen für drei Nächte im zukünftigen Kinderzimmer einziehen. Ein spanisches Pärchen, das mit dem Rad hier ist und weiter bis nach Japan möchte, übernachtet währenddessen in einer Nische in der Küche. Die Wohnung von Kostas und Anna ist nicht groß, aber sie ist mit so viel Herzenswärme gefüllt, dass man überhaupt nicht umhin kommt, sich wohlzufühlen.

Eine Etage tiefer wohnen Kostas‘ Eltern und die pflegebedürftige Oma, auf der anderen Seite des Hauses die Tante mit ihrer Familie, und ganz unten ist die Backstube. Kostas ist Bäcker, weil seine Familie schon seit Generationen die Bäckerei von Zitsa besitzt. Alle packen mit an.

Vor allem an einem Tag wie heute. Es ist der Vorabend der Fastenzeit. Statt Karneval zu feiern, ackert die Familie in der Backstube, denn am griechischen Pendant zum Aschermittwoch schickt jeder einzelne Haushalt Zitsas morgens ein Familienmitglied zum Bäcker, um ein traditionelles Fastenbrot zu kaufen. Nur vor Ostern und Weihnachten geht es ähnlich turbulent zu in Kostas‘ Bäckerei. Aber statt zu sagen: „Sorry, passt leider grad nicht mit Besuch“, oder wenigstens: „Schlafen könnt ihr hier, aber mich werdet ihr kaum zu Gesicht kriegen“, nimmt sich der eingespannte Bäcker in größter Selbstverständlichkeit die Zeit, seine Gäste in die Geheimnisse seiner Kunst einzuweihen.

Janis darf den Teig rädeln. Er wird von dem Griechen mit solcher Ernsthaftigkeit in die Aufgabe eingewiesen, dass er emsig Blech um Blech bearbeitet und später stolz der Meinung ist, ohne ihn hätte die Familie ihr Pensum wohl nicht bewältigen können. Am liebsten wäre er gleich dort geblieben und als Bäckerlehrling in die Lehre gegangen.

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Inzwischen haben Kostas und Anna – welch ein Jubel – selbst für die nächste Generation der Bäckermeister gesorgt, und Janis‘ Zukunftswünsche gehen auch wieder mehr in Richtung Holzhandwerk. Aber wir denken so gerne an das Erlebnis zurück, mittendrin gewesen zu sein in den Traditionen des griechischen Landlebens.

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Unsere „Momentaufnahmen“ sind kurze Geschichten zu einem einzelnen Augenblick unserer Reise und wie es zu diesem kam. Obwohl es sich meistens um Kleinigkeiten handelt, sind es Dinge, die uns tief berührt haben. Dazu gibt es ein Foto, das zwar oft nicht weltbewegend ist, aber uns Vieren viel bedeutet, weil es einen perfekten Moment illustriert.