Die kleine Stadt ist die östlichste Ortschaft Italiens und liegt ganz unten an der Stiefelspitze. Wer seinen Urlaub im Salent verbringt, findet hier ein lohnenswertes Ausflugsziel.

Die Festung liegt außerhalb der Stadtmauern. Anscheidend trauten die Spanier der Stadtbevölkerung nicht ganz...

Vor den Stadtmauern liegt die mächtige Festung der Spanier.

Aber nicht am Nachmittag. Zumindest nicht im März. Als wir gegen drei Uhr aus dem Auto steigen, sind die Bürgersteige hochgeklappt. Kein Café, kein Restaurant, keine Eisdiele hat geöffnet. Die Mittagspause in Italien ist ausgedehnt und variiert, genau wie in Griechenland. Die meisten Geschäfte schließen um 13 Uhr und machen öffnen dann wieder von 17.30 Uhr bis in die späten Abendstunden. Mit dem Biorhythmus deutscher Familien ist das nicht so recht vereinbar, und entsprechend macht die italienische Gastronomie kein Geschäft mit uns.

Die Stadtmauer von Otranto ist beeindruckend.

Die Stadtmauer von Otranto ist beeindruckend.

Aber die Architektur ist immer noch da, auch nachmittags, und die ist durchaus sehenswert. Alte Palazzi stehen so dicht beisammen, dass dazwischen nur enge Gassen bleiben. Die Stadtmauer aus normannischen Zeiten ist teilweise sehr gut erhalten und verleiht dem ganzen ein pittoreskes Ansehen. Und die Auslagen der zahlreichen Kunsthandwerker sind zwar teils himmelschreiend kitschig, aber auch durch die geschlossenen Türen hat die ganze Familie was zum Gucken.

Von außen ist die Kathedrale gar nicht weiter beeindruckend. Aber man sollte sie sich unbedingt von innen ansehen!

Von außen ist die Kathedrale Santa Annunziata  gar nicht weiter beeindruckend. Aber man sollte sie sich unbedingt von innen ansehen!

10 Millionen Steinchen und 800 heilige Totenschädel

Absolut sehenswert ist die Kathedrale Santa Annunziata. „Boah, guck dir die Decke an!“ wispert Janis aufgeregt, als wir die Kirche betreten, während Silas gleichzeitig ebenso ausgeregt flüstert: „Das ist ja alles Mosaik hier!“ Die Kirche stammt aus dem Jahr 1088 und wurde von den Normannen errichtet, die zu dieser Zeit in Apulien herrschten. Das Fußbodenmosaik ist knapp hundert Jahre jünger und bedeckt in der Tat den gesamten Kirchenraum. Es zeigt biblische Szenen ebenso wie Fabelwesen. Die Jungs entdecken einen Zentauren und einen Adam ganz ohne Feigenblatt, was sie viel unerhörter finden als offenbar die mittelalterlichen Katholiken. Ein Mönch namens Pantaleone hat hier ungefähr 10 Millionen Mosaiksteinchen verbaut.

Ein mittelalterliches Nacktbild in der Kirche.

Ein mittelalterliches Nacktbild in der Kirche. Details verbergen die Mosaiksteinchen allerdings.

Eine morbide Faszination befällt uns, als wir die Apsis rechts des Hauptaltars betreten. „Sind die echt?“ fragt Silas leise und deutet auf die kunstvoll aufgestapelten Menschenknochen hinter Glas. Ja, sind sie wohl. Sie gehören zu den 800 Märtyrern, die der Legende nach von den Türken geköpft worden sind, als sie sich weigerten, zum Islam zu konvertieren. Die moderne Forschung ist sich recht sicher, dass es eine offene Schlacht war, die den Bewohnern Otrantos das Leben kostete. Aber ihr Tod diente immerhin als Anlass, die italienischen Armeen zu vereinen und die Osmanen nachhaltig zurückzuschlagen. Und da Papst Klemens XIV. die Märtyrer im 19. Jahrhundert selig gesprochen hat, vollendete sein heutiger Kollege Franziskus die Sache 2013, und die katholische Kirche bekam 800 neue Heilige auf einmal. Witzige Sache, so eine Religion.

Gruselfaktor im Angesicht von 800 Totenschädeln.

Gruselfaktor im Angesicht von 800 heiligen Totenschädeln.

Spaziergang am östlichsten Zipfel Italiens

Einen Abstecher unternehmen wir noch an die Küste. Ein Leuchtturm markiert den alleröstlichsten Punkt des italienischen Stiefels. Von hier aus kann man bis nach Albanien gucken, und bis Griechenland (na ja, bis Korfu, das ja eigentlich näher an Albanien liegt, aber technisch stimmt’s). Wir entdecken alte Bunker und sehen den Wellen zu, die sich an den Felsen der Steilküste brechen. Der lehmige rote Boden klebt unter unseren Schuhsohlen, als wir durch die lichtdurchfluteten Pinienwälder stapfen. Schön hier, befinden wir einstimmig.

Der Leuchtturm, den man rechts auf der Landzunge kaum erkennt, ist der alleröstlichste Zipfel Italiens.

Der Leuchtturm, den man rechts auf der Landzunge kaum erkennt, ist der alleröstlichste Zipfel Italiens. Und offenbar sind ein paar der typischen Bunker aus Albanien über die Meerenge hinüber gehüpft.

Mehr Apulien

Eine Woche lang haben wir in Apulien verbracht, ganz im Süden Italiens. Fünf Ausflüge haben wir dort unternommen, und deshalb geht es fünf Wochen lang jeden Dienstag auf family4travel nach Süditalien. Und das sind unsere Ziele: