Der Kosovo ist kein klassisches Reiseziel – aus Gründen. Aber wer ein bisschen Abenteuerlust mitbringt, wird in dem kleinen Balkanland auf unerwartete Ansichten, herzliche Menschen und ein hochinteressantes Land stoßen, das sich zu erkunden lohnt. Hier erzählen wir, welche Sehenswürdigkeiten wir auf unserem Tagesausflug nach Prizren entdeckt haben: von uralten und beklemmend neuen Ruinen, Unesco-Welterbe und unserem Lieblings-Café auf dem gesamten Balkan.

Wie sich der Kosovo allgemein als Reiseziel (mit Kindern) macht, habe ich bereits ausführlich in einem eigenen Artikel dargestellt:

Warum Prizren?

Prizren ist nach Priština die zweitgrößte Stadt des Kosovo und einer der geschichtsträchtigsten Orte der Region.

Wir kennen die Stadt ganz im Süden des umstrittenen kleinen Landes ja hauptsächlich aus den Nachrichten, weil sich hier das KFOR-Feldlager der deutschen Bundeswehr befindet. Als wir auf der Durchreise von Albanien nach Priština einen Tagesausflug nach Prizren eingelegt haben, haben wir dort aber auch eine ganze Reihe kleinere Sehenswürdigkeiten entdeckt, die man sich durchaus mal ansehen sollte, wenn man in der Gegend ist.

Altstadt von Prizren, Kosovo

Wir haben Prizren an einem sonnigen Tag im Dezember besucht. Wenn die Bäume grün sind, sieht natürlich alles viel schöner aus.

Was ist Prizren für eine Stadt?

Prizren liegt ganz im Süden des Kosovo und hat knapp 180.000 Einwohner (was sich in der Altstadt aber keineswegs so anfühlt, dort herrscht eher Kleinstadt-Feeling).

Seit dem Mittelalter wechselte die Zugehörigkeit zwischen byzantinischem Einflussgebiet, Serbischem und Osmanischem Reich.

Heute wohnen hier vor allem muslimische Albaner, aber auch Bosniaken, Türken und Roma (seit dem Krieg kaum noch Serben).

Wohnhaus in Prizren, Kosovo

Wie überall auf dem Balkan, ist Stahlbeton Trumpf bei neueren Gebäuden. Aber dieses hier sieht doch durchaus ganz nett aus, finde ich.

Sehenswürdigkeiten in Prizren

Zumindest innerhalb der Region zieht Prizren durchaus etliche Besucher an. Verglichen mit anderen Städten (auch Priština) überwiegt hier eher das Schöne. Und es gibt eben eine ganze Reihe von Bauwerken, die es sich anzusehen lohnt.

Die Altstadt

Die Altstadt von Prizren ist teilweise erhalten und saniert. Also, es gibt ein paar Häuser, die wirklich, wirklich hübsch aussehen.

Altstadt Prizren, Kosovo als Reiseziel

Ein Blick in den renovierten Teil der Altstadt nahe der Sinan-Pascha-Moschee.

Vielen anderen Bauwerken sieht man an, dass sie zumindest früher mal schick aussahen. Wer Lost Places etwas abgewinnen kann und auf Shabby Chick steht, wird hingerissen sein. Bei so viel historischer Bausubstanz und offenbar so wenigen Mitteln, sie zu erhalten, blutet uns immer wieder das Herz.

Bruchbuden in Prizren, Kosovo

Viele Gebäude dürfte man in Deutschland wahrscheinlich von Amts wegen gar nicht mehr betreten.

Die serbisch-orthodoxe Kathedrale von Prizren

Prizrens größte Kirche heißt Bogorodica Ljeviška, was übersetzt so viel wie „Gottesmutter-Kirche“ bedeutet. Seit 2006 ist sie als Unesco-Welterbe klassifiziert. Das liegt zum einen daran, dass das Gotteshaus aus dem frühen 13. Jahrhundert die älteste Kirche mit fünf Kuppeln im serbisch-orthodoxen Raum ist und griechische Fresken besitzt, die mehr als 600 Jahre alt sind.

Zum anderen wollte man vielleicht auch ein Zeichen setzen, denn bei rassistischen Ausschreitungen im Jahr 2004 hätten extremistische Albaner die Kathedrale beinahe niedergebrannt.

Bogorodica Ljeviška Serbisch-orthodoxe Kathedrale von Prizren, Kosovo

Die Bauweise mit dem „bunten“ Mauerwerk ist typisch für serbisch-orthodoxe Kirchen.

Die Sinan-Pascha-Moschee

Prizrens größte Moschee steht ebenfalls in der Altstadt. Sie wurde vermutlich im Jahr 1615 fertiggestellt. Namensgeber war ihr Erbauer Yusuf Sinan Pascha. Der osmanische Provinz-Gouverneur (Beylerbey) stammte ursprünglich aus Genua, geriet aber als Jugendlicher in osmanische Gefangenschaft und machte dort als Feldherr Karriere (sehr spannende Geschichte). Die Moschee ist in den vergangenen Jahren renoviert worden und erstrahlt nun in alter Pracht.

Sinan-Pascha-Moschee, Sehenswürdigkeiten von Prizren

Die Sinan-Pascha-Moschee ist jetzt weder besonders groß noch herausragend alt, aber sie prägt das Stadtbild von Prizren.

Die katholische Kirche von Prizren

Katholiken waren immer eine Minderheit im Kosovo. In Prizren siedelten einige als westeuropäische Kaufleute, und ein paar Albaner waren ebenfalls katholischen Glaubens. 1870 erlaubten die osmanischen Behörden den Bau einer Kirche. Ihr voller Name lautet Katedralja e Zonjës Ndihmëtare, auf Deutsch „Kathedrale unserer lieben Frau von der immerwährenden Hilfe“.

Katholische Kathedrale, Sehenswürdigkeiten in Prizren

Typisch Balkan: Kirchturm und Minarett auf einem Bild sind manchmal kaum zu vermeiden, weil es von beiden viele gibt.

Kalaja Festung

In der Festung, die über der Stadt thront, haben Archäologen jüngst Siedlungsspuren aus der Bronzezeit bis in die späte Antike gefunden. Wahrscheinlich war sie die Keimzelle Prizrens.

Wir hatten nicht genug Zeit, um den Hang hinaufzusteigen (an einem Sessellift wird gerade gebaut, sagt Wikipedia). Wer mehr Zeit für Prizren mitbringt, sollte den Ausflug auf jeden Fall einplanen. Der Blick von unten hinauf ist schick, von oben hinunter auf die Stadt muss die Aussicht noch viel besser sein.

„Kalaja“ heißt auf Albanisch einfach nur Festung.

Sehenswürdigkeiten Prizren, Festung Kajala

Der Blick vom Fluss hoch zur alten Festungsmauer.

Die Osmanische Steinbogenbrücke

Sehenswert ist auch die Steinbrücke, die sich auf Altstadthöhe über den Fluss spannt. Der Fluss heißt auf Albanisch Lumëbardh, auf Serbisch Bistrica.

Die Brücke stammt vermutlich aus dem 15. Jahrhundert. 1979 wurde sie durch eine Flut komplett zerstört, drei Jahre später aber wieder aufgebaut.

Steinbogenbrücke, Sehenswürdigkeiten von Prizren

Die alte Steinbogenbrücke, durchaus romantisch. Und Streetart, und ein Brunnen mit Wasserschlauch (was auch immer letzterer dort zu suchen hatte).

Archäologisches Museum von Prizren

Dass es überhaupt ein Museum gibt, habe ich erst bei der nachträglichen Recherche herausgefunden. Das Gebäude war früher ein Hamam, zu erkennen an den vielen kleinen Kuppeln. Ob sich der Besuch lohnt, da scheiden sich die Geister auf den üblichen Tourismus-Plattformen. Da wir nicht dort waren, kann ich nur raten, sich selbst ein Urteil zu bilden.

Sehenswürdigkeiten von Prizren, Kosovo: Brunnen

Vom Museum habe ich natürlich auch kein Bild. Aber die Bestandteile dieses Trinkbrunnens haben garantiert auch schon manches Jahrhundert auf dem Buckel.

Das beste Café von Prizren (und dem gesamten Balkan)

Dass wir das Café Europa in Prizrens Altstadt in so hervorragender Erinnerung behalten haben, liegt sicherlich vor allem daran, dass unsere Erwartungen gegen null tendierten, nachdem wir in Sachen Kuchen auf dem Balkan lange hatten zurückstecken müssen. Seit Ungarn, also seit zwei Monaten, hatten wir kein gutes Stück Torte mehr gegessen – was okay ist, wenn man eben nicht durch Tortenland reist. Es gibt ja durchaus schmackhafte Alternativen. Aber hier eine Ausnahme zu finden, hat uns doch gefreut.

Im Nachhinein nehmen wir an, dass es sich bei den Inhabern um Türken handelt, denn in der Türkei haben wir später auf unserer Reise viele ähnliche Cafés mit dieser Art von Konditorkunst gefunden. Es war jedenfalls so lecker, dass wir uns jeder gleich zwei Stück gegönnt haben. Da der Laden auch von Einheimischen gut besucht war, hatten wir Glück, überhaupt einen Tisch abgekriegt zu haben.

Café Europe, Prizren, Kosovo

Da traut Silas der Sache noch nicht so ganz. Aber er war wirklich hervorragend, der Kuchen! (Die Marotte, die Gabeln beim Servieren so brachial in die Tortenstücke zu rammen, ist uns nicht nur im Kosovo begegnet.)

Leider habe ich mir die Adresse nicht aufgeschrieben. Ich habe versucht, das Café Europa über Google Maps wiederzufinden, aber dort ist es nicht eingezeichnet. Er liegt irgendwo in der Nähe der Sinan-Pasha-Moschee, möglicherweise am Shaterwan-Platz.

Nur ein kleiner Ausschnitt von Prizren

Ich denke, wir haben in Wirklichkeit nur einen sehr kleinen Teil von Prizren gesehen. Bestimmt verbergen sich noch wesentlich mehr Sehenswürdigkeiten in der kleinen Großstadt. Wir waren ja nur in der Altstadt zwischen Fluss und Festung unterwegs. Auf der gegenüberliegenden Flussseite erstreckt sich der wesentlich größere Teil Prizrens, in dem auch das KFOR-Lager liegt. Dort in der Nähe steht auch das NATO-Denkmal mit den vielen blauen Flaggen, auf das ich ja gerne einen Blick geworfen hätte.

Na ja, man kann nicht alles haben.

Prizren Kirchturm Kosovo

Also, wir hatten jedenfalls einen sehr schönen Tag beim Stadtbummel durch Prizren!

Von Priština haben wir mehr gesehen. Von jenem Stadtbummel erzähle ich demnächst.