Heute geht es mal um was ganz anderes auf family4travel. Ich weiß, ihr erwartet Themen rund ums Reisen mit Kindern, und so viel liegt hier auch noch unverbloggt auf meinem Schreibtisch und in meinen Foto-Ordnern: haufenweise Schottland-Abenteuer, unsere Alpen-Exkursion in Berchtesgaden, unser überraschend netter Städtetrip nach Fulda, ein Tag im wunderschönen Wismar, und dann all das, was langsam Schimmel ansetzt: ein letztes bisschen Schweiz, der Klützer Winkel, das Neandertal. Und tausend bisher unbeschriebene Orte, die mir wieder ins Gedächtnis stürmen, wenn ich die „Bilderbögen“ zu den einzelnen Kapiteln unseres Reise-Buchs* online stelle. Es ist nicht so, dass ich nichts zu schreiben hätte! Aber eine Sache brennt mir aktuell unter den Nägeln: mein persönliches Zeit-Management als Blogger, oder die Frage, warum ich hier eigentlich zu nichts komme.

Es ist Samstag, und ich sitze am Computer. Ich habe einen dicken Lektoratsauftrag – Hurra!! –, der mich jedoch gerade viel zusätzliche Zeit kostet. Aber macht ja nichts, hab ich mir beim Annehmen gedacht. Das sind sechs Wochen lang rund zehn Stunden Arbeit die Woche – kein Thema, ich hab ja sonst nichts zu tun. Ich bin ja bloß Blogger, saisonweise Reiseführerautorin*, und sonst eigentlich nicht viel. Ich leiste mir den unglaublichen Luxus, nicht wirklich berufstätig zu sein.

Aber jetzt sitze ich das zweite Wochenende in Folge mehr oder weniger von morgens bis abends am Rechner, um meine Deadline zu schaffen und trotzdem rechtzeitig meinen Sonntags-Post im Blog rauszuhauen. Wie kann das sein? Wo bleibt meine ganze Zeit?

Ich meine, gut. Diese Woche war auch jeden Tag irgendwas. Zusätzliche Fahrdienste für meine frisch operierte Mutter (nix Schlimmes), hier ein Elternabend, da ein Ehrenamtstermin, und zuletzt eine ausgewachsene Migräne, mit der mein Unterbewusstsein gerne gegen akute Überforderung protestiert. Aber mit welchem Recht? Bloß weil ich plötzlich mal kurz zwei bis drei Stunden am Tag „richtig arbeite“?

Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich mal eine ernsthafte Rechnung aufgemacht.

Die Berechnung meiner Freizeit

Die Alltags-Woche von Montag bis Freitag hat 120 Stunden.

Gönne ich mir 7 Stunden Schlaf pro Nacht (ausschlafen kann ich ja am Wochenende), brauche ich nur 35 Stunden davon abzuziehen.

85 Stunden bleiben mir also für Arbeit und Freizeit. Da ich „praktisch gar nicht“ arbeite, ist das ein riesiger Batzen!

Aber ziehen wir erst einmal die fest verplanten Zeiten ab. Da ist zunächst einmal natürlich das Blog. Ich habe mich ziemlich erschreckt, als ich alle nötigen Arbeiten für family4travel addiert habe und auf 20 Stunden pro Woche gekommen bin.

Wieso kostet ein Blog so viel Arbeit?

Das Schreiben ist nur die eine Hälfte vom Kuchen! An einem durchschnittlichen Sonntags-Artikel sitze ich mit allem Drum und Dran acht Stunden, bis ich zufrieden bin. Die „Bilderbögen“ am Dienstag nehmen nur rund zwei Stunden in Anspruch.

Ganz viel Arbeit kommt dann im Hintergrund dazu: Kommentare und Mails von Lesern beantworten. Kooperationsanfragen lesen und löschen oder beantworten. Ich kriege, um mal recht willkürlich ein paar Zahlen in den Raum zu werfen, je nach Jahreszeit zwischen fünf und 20 Mails am Tag für das Blog. Das meiste sind Pressemitteilungen, die ich sofort löschen kann. So etwa ein bis fünf Mails muss ich mir näher ansehen, weil sie Anfragen oder Angebote enthalten. Gut die Hälfte davon kann ich nach dem Lesen löschen, weil es auf „arbeite doch bitte gratis für uns“ hinausläuft. Mit den restlichen Anfragern ergibt sich ein Mailwechsel, an dessen Ende in den wenigsten Fällen eine Kooperation steht (weil wir irgendwo doch nicht zusammenkommen, entweder preislich oder – meistens – bei der ordnungsgemäßen Deklaration von Werbung, denen viele Firmen gerne aus dem Weg gehen möchten).

Einige Anbieter frage ich auch von mir aus an. Das ist oft, wenn ich eine Idee für einen Blogpost habe (und damit natürlich auch für eine schöne Recherche-Reise für uns drei oder vier), und dafür Unterstützung brauche. Manchmal renne ich damit offene Türen ein, manchmal hagelt es Absagen (bisher zum Glück nicht so unverschämte wie in dem medienwirksamen Fall einer britischen Bloggerin in Dublin – wobei ich meine Anfragen auch anders formuliere…). Manchmal klappt es, aber ich muss einen formvollendeten (zeitraubenden) Antrag stellen, wie jüngst im Deutschen Museum.

Auch wenn wir komplett auf eigene Kappe reisen, kostet mich die Recherche im Vorfeld viel Zeit. Einfach so drauf los, wie früher, läuft nicht mehr, denn dabei entstehen höchstens Blogposts, die eigentlich niemandem weiterhelfen.

Und dann gibt es natürlich noch die technische Pflege im Backend, beispielsweise die regelmäßigen Updates, das Entfernen toter Links, das Überarbeiten veralteter Angaben, was bei mir sowieso schon viel zu kurz kommt. Auch gibt es immer wieder neue rechtliche Vorgaben, die Blogger unverzüglich umsetzen müssen, wenn sie keine irre teuren Abmahnungen riskieren wollen. Als passionierter Nicht-Techniker muss ich mich in solche Dinge immer erst mühevoll einlesen und stümpere dann irgendwie so rum.

So kommen die 20 Wochenstunden fürs Blog schnell zusammen, obwohl ich von Facebook, Twitter, Instagram und Netzwerkpflege innerhalb der Szene noch nicht mal was gesagt habe.

Meine anderen „Nicht-Jobs“

Dazu kommen für mich weitere Verpflichtungen, die aber in meinen Wirkungskreis als Hausfrau und Mutter fallen (ein Beruf, den ja auch jede normale working mum nebenbei noch ausübt).

Ich leite die Theater-AG an der Schule der Jungs. Das wollte ich eigentlich ehrenamtlich übernehmen, weil die beiden nun mal so gerne Theater spielen wollten, niemand anders dafür bereitstand und ich hinlänglich dafür qualifiziert bin. Aus versicherungstechnischen Gründen musste mich die Schule aber anstellen – so kommt es, dass ich einen Minijob habe. Einen Mini-Minijob, der zwei Stunden die Woche umfasst (und dessen Einkommen am Ende des Jahres großteils als Spende wieder bei der Schule landet).

Ein elender Posten, den ich ebenfalls bekleide, ist das Mama-Taxi. Dafür gehen wöchentlich acht Stunden drauf (unsere Schule liegt leider nicht um die Ecke, und es fahren keine Busse).

Und dann bin ich noch ehrenamtlich im Öffentlichkeitskreis unserer Schule tätig, wofür ich durchschnittliche zwei Stunden pro Woche veranschlagt habe.

Die Flüchtlingsarbeit, in der ich mich vergangenes Jahr noch engagiert habe, ist mittlerweile vor Ort anders organisiert, so dass ich mich leider nicht mehr einbringen kann. Bisher ist es da zugegebenermaßen beim frommen Vorsatz „dann suche ich mir halt was anderes“ geblieben.

Aber der eigene Haushalt ist natürlich da und lässt sich nicht wegdiskutieren. Ich hab überschlagen, dass ich fürs Einkaufen, Kochen, Waschen und Putzen ungefähr zwei Stunden pro Tag brauche.

Meine 40-Stunden-Woche

Rechnen wir also zusammen.

  • 20 Stunden Blog
  • 2 Stunden Theater
  • 8 Stunden Fahrdienste
  • 2 Stunden Ehrenamt Öffentlichkeitskreis
  • 10 Stunden Haushalt

macht normalerweise eine 42-Stunden-Woche.

Das ist einerseits krass: Obwohl ich eigentlich nicht berufstätig bin, arbeite ich andererseits Vollzeit.

Klar, das ist eine Milchmädchenrechnung, denn andere wirklich Vollzeit arbeitende Mütter wuppen nach Feierabend auch noch ihre 10 Stunden Haushalt die Woche (wofür ich sie sehr bedauere, und keine von ihnen wird mir widersprechen – allein schon, weil sie keine Zeit hat, diesen Blogbeitrag zu lesen).

Andererseits zeigt es mir aber: Hey, ich hab normalerweise in meinem Leben mehr Freizeit als Arbeit! Bei 85 Stunden Wachzeit pro Arbeitswoche und 42 Stunden Arbeit bleiben 43 Stunden Freizeit übrig. Das ist doch super!

Wo bleibt meine Freizeit?

Mit erhöhtem Arbeitsaufkommen meiner aktuellen 52-Stunden-Woche sind es immer noch 33 Stunden Freizeit. Gut sechseinhalb Stunden pro Tag. Wo zum Teufel bleiben die? In diesen sechseinhalb Stunden muss ich doch nur

  • duschen
  • zähneputzen
  • die Kinder antreiben, sich für die Schule fertig zu machen
  • Schulbrote schmieren
  • mich selbst anziehen

Okay, ich sehe: So geht täglich vor dem Arbeitsblock etwa eine Stunde ins Land. Bleiben aber noch 28 Stunden Freizeit, täglich fünfeinhalb Stunden!

Nachmittags und abends sind nur noch wenige zwingende Verpflichtungen dabei:

  • Essen und mich dabei – abends, wenn es gut läuft – mit Mann und Kindern unterhalten
  • organisatorische Telefongespräche, Behördengänge, Papierkram, Arzttermine unterbringen
  • die Jungs hin und wieder von unregelmäßigen Verabredungen und Schulveranstaltungen abholen, Elternabende (bei Waldorfs sind die etwa alle zwei Monate pro Kind)
  • dafür sorgen, dass die Kinder wirklich ihre Hausaufgaben machen, ihre Brotdosen auspacken, ihre Zimmer aufräumen, die Katze versorgen, ihre Aufgaben im Haushalt wahrnehmen

Gut, sagen wir, das sind täglich im Durchschnitt noch mal zwei Stunden. Täglich drei Stunden für Unvermeidliches. Bleiben 18 Stunden, also immer noch mehr als dreieinhalb Stunden am Tag!)

Da bleibt doch eigentlich genug Zeit für mich!

Im Moment also habe ich jeden Wochentag gut dreieinhalb Stunden, ohne zusätzliche Arbeitsaufträge sogar fünfeinhalb Stunden, für die schönen Dinge für mich:

  • einmal die Woche ein Stündchen Sport treiben und im Winter einmal die Woche in die Sauna
  • mich auch mal nachmittags mit meinen Kindern zur Teestunde zusammensetzen, selbstgebackenen Kuchen essen und ein Brettspiel spielen, oder im Sommer einen Spaziergang mit Picknick unternehmen
  • abends mit Martin über Gott und die Welt diskutieren (oder mich anderweitig meiner intakten Ehe erfreuen)
  • mit Freunden Kontakt halten, Facebook daddeln, Dinnerpartys und andere Wochenend-Events organisieren
  • mein Bullet-Journal (es gibt durchaus Trends, die ich mitmache)
  • längerfristige Geschenk-Projekte (zur Zeit ein Fotobuch über Janis‘ Kindheit von der Einschulung bis heute, das er zur Konfirmation kriegen soll [falls es denn rechtzeitig fertig wird], und meinem Vater habe ich zu Weihnachten einen „Memoiren-Service“ geschenkt, um einmal strukturiert sein ziemlich verrücktes Leben zu Papier zu bringen)
  • Dinge schreiben, die nicht unbedingt für die Veröffentlichung bestimmt sind (ich hab da seit Ewigkeiten einen halbfertigen Roman in der Schublade liegen, wie statistisch gesehen, glaube ich, jeder vierte Deutsche)
  • befriedigende Aufräum-Projekte angehen wie die Re-Organisation des Speisekammer-Regals
  • mal wieder ein richtiges Buch lesen
  • (in absteigender Reihenfolge natürlich – schon zur Re-Organisation des Speisekammer-Regals wird es in diesem Jahrhundert vermutlich nicht mehr kommen)

Ja, normalerweise funktioniert das fantastisch. Denn das Wochenende kommt für all das ja auch noch dazu (wobei wir da ja auch häufig unterwegs sind).

Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben, auch wenn mein Einkommen gegen null tendiert. Ich bin auch sehr froh, zumindest projektweise immer mal wieder was zum Familieneinkommen beizutragen (und meine gefühlten Falschparker-Schulden begleichen zu können!).

Wenn ich aber die projektweisen 10 Stunden fürs Lektorat einfach obendrauf packe, beschneide ich meine gewohnte Freizeit um fast 50 Prozent. Das war mir nicht so bewusst. Da brauche ich mich also nicht wundern, wenn dann nach mehr oder weniger festen Terminen wie Sauna-Abend, Kaffeekränzchen und Papa-Interviews tatsächlich keine Zeit mehr übrig bleibt (zumal ich mir, wenn ich so darüber nachdenke, den Haushalt, die Fahrdienste und das Ehrenamt eher schöngerechnet habe).

Der Tag hat nun einmal nur 24 Stunden.

Meine Erkenntnisse

So eine Aufstellung ist wirklich sehr heilsam! Es hier einmal gründlich runtergerechnet und schwarz auf weiß niedergeschrieben zu haben, bringt mich zu mehreren Erkenntnissen:

  • Auch wenn ich kein (kaum) Geld dafür kriege, leiste ich doch eine Menge und bin „Vollzeit beschäftigt“.
  • Das Blog nimmt unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch. Wenn ich bezahlte Jobs annehme oder neue Projekte wie Vorträge und Lesungen schmieden will, sollte ich da kürzen, auch wenn mir das gegen den Strich geht (und wenn mir bewusst ist, dass Abstriche sich irgendwo bemerkbar machen werden).
  • Unterm Strich ist durchaus nachvollziehbar, wo meine Zeit bleibt. Es ist nicht so, dass ich unrechtmäßig viel davon vertrödele und mich irgendwo unbedingt mal zusammenreißen müsste. Viel „Freizeit“ steckt halt in der notwendigen Organisation des Alltags.
  • Ich brauch nicht jammern, ich HAB immer noch mehrere Stunden Freizeit pro Tag! Wenn ich mir nachmittags Zeit nehme, um zu backen und mit den Kindern zu spielen, brauche ich mich nicht wundern, wenn ich mich abends noch mal an den Computer setzen muss.
  • Ich führe ein äußerst privilegiertes Leben und kann mich wirklich, wirklich glücklich schätzen (aber das wusste ich auch schon vorher ;) ).
  • Und zur Not verblogge ich einfach ein therapeutisches Selbstgespräch und schlage zwei Fliegen mit einer Klappe. :D

Janis und ich, beim Kaffeetrinken in unserer Freizeit.

Freizeit-Statistiken: So viel Freizeit ist normal

Nachdem ich mit obigem Text fertig war, hab ich mal gegoogelt, wie die deutsche Norm in Sachen Freizeit wohl aussieht.

  • Die Süddeutsche Zeitung berichtete 2015 von einer Studie, der zufolge jeder Deutsche werktäglich knapp vier Stunden Freizeit hat (also liege ich derzeit knapp unterm Durchschnitt, normalerweise deutlich drüber).
  • Die FAZ hat schon 2013 eine Studie zur Freizeitgestaltung der Deutschen ausgewertet und die Ergebnisse – was ich besonders interessant finde – mit den Angaben früherer Generationen in Zusammenhang gestellt (demzufolge liege ich weit außerhalb der Norm, weil wir keinen Fernseher besitzen).
  • Dem Spiegel zufolge arbeitet der Durchschnittsdeutsche 45 Stunden die Woche, davon 20,5 Stunden bezahlt (der Rest teilt sich auf Haushalt, Kinder, Pflege von Angehörigen, und ich schätze mal, dass auch die oben bei mir aufgeführten „Unumgänglichkeiten“ dabei sind). Berufstätige Mütter verbringen demzufolge durchschnittlich 16 Stunden auf Arbeit und krasse 40 Stunden für Kinder, Angehörige und Haushalt (was mich selbst bei momentanem erhöhtem Arbeitsaufkommen zur Memme macht).
  • Die komplette Studie gibt es hier beim Statistischen Bundesamt. Sie wurde 2012/2013 erhoben und 2015 veröffentlicht (und nein, ich habe sie nicht ganz durchgelesen als Freizeitbeschäftigung).

Ich bin denn also mal ganz still und arbeite weiter… ;)

Aber erzählt doch mal! Wie sieht das bei euch aus?