Die Jungs drängelten, dass sie zum Strand wollten. Bei diesem herrlichen Sommerwetter wäre alles andere auch eine Sünde gewesen. Wir bepackten unsere Fahrräder – wie LANGE es auch mit Grundschulkindern immer noch dauert, bis man loskommt! – und fuhren Richtung Wasser. Diesmal hatten wir ein noch weiter entferntes Strandstück ins Auge gefasst, das uns bei unserer ersten Fahrrad-Erkundung gestern aufgefallen war.

Lovely beach close to Heiligendamm in the early evening.

Lovely beach close to Heiligendamm in the early evening.

Auf der anderen Seite von Heiligendamm, Richtung Kühlungsborn, geht es an der Meridian-Klinik vorbei zum sogenannten Kinderstrand. Prinzipiell finde ich die um sich greifende Ghettoisierung von Familien ja die Höhe. Aussätzige, Kinder und andere gesellschaftliche Belastungen jenseits der Zumutungsgrenze. Folgerichtig ist der Kinderstrand in Heiligendamm auch noch weiter außerhalb als der Hundestrand, der sich Richtung Strandpromenade unmittelbar anschließt (aber zugegebenerweise steiniger ist als der Kinderstrand). In der Praxis lassen sich die Familien zum Glück keineswegs vom Hauptstrand wegghettoisieren, und niemand verlangt das ernsthaft von ihnen. Und dieser Kinderstrand hat tatsächliche Vorteile. Die Steilküste spendet bis zum frühen Nachmittag Schatten. Es gibt keine Buhnen, die die Kleinen zum Klettern (und Abrutschen) verführen, und trotzdem besteht der Strand ordnungsgemäß aus feinem Sand.

It's not called "children's beach" for nothing: kids have lots of fun with the little brook running over the beach and inspiring little constructors.

It’s not called „children’s beach“ for nothing: kids have lots of fun with the little brook running over the beach and inspiring little constructors.

Was meine Jungs aber in größtes Entzücken versetzte, war der kleine Bach, der an dieser Stelle in das Meer mündet. Oder münden würde, wenn nicht 15 bis 20 kleine Bauingenieure geschäftig Abläufe in unterschiedliche Richtungen leiten würden, wobei sie sich freilich immer wieder gegenseitig das Wasser abgraben. Als wir ankamen, hatte sich einem Stausee gleich ein größerer Pfuhl gebildet, in den sich Janis und Silas sogleich in größter Begeisterung stürzten. Gemeinsam mit einem netten Opa, dessen Enkelkinder zu seinem Frust schon so groß waren, dass sie nur noch Handy-Daddelnd in der Strandmuschel hockten, nahmen meine Jungs schließlich ein Großprojekt in Angriff und schufen einen mäandernden Bachlauf. Immer mehr Kinder schlossen sich der Sache an, und stolz wie Oskar stieg Janis als einer der Älteren zum Brigadeführer auf.

The only downside of this beach: the water does not look overly inviting, colourwise.

The only downside of this beach: the water does not look overly inviting, colourwise.

Den größten Nachteil der Örtlichkeit bemerkten wir erst ein gutes Stück später, da die Jungs mit dem Bach beschäftigt waren und Anna und ich sowieso bloß unsere Beine in die Sonne halten und ein paar Seiten lesen wollten: Das Meer sah an dieser Stelle nicht besonders lecker aus. In der kleinen Bucht sammelten sich offenbar die Algen, und zwar nicht (nur) diese gemüsige Sorte. Das Wasser wirkte ziemlich unappetitlich, brackig, schlammig, und nur die Tapfersten trauten sich durch die zum Glück schmale Gulaschsuppenzone, hinter der das klare Wasser begann.

Als größter Vorteil hingegen entpuppte sich die Strandbar, die direkt an der Treppe zum Meer hinunter oben auf der Steilklippe thront. Der Deck Beach Club versteht sich als niveauvolle Strand-Lounge, und entsprechend gestaltet sich die rechte Spalte der Getränkekarte. Aber mit 3,10 Euro gilt der Cappuccino in meinem privaten Universum noch als bezahlbar (auch wenn man ihn sich an der Bar selbst holen muss, was sich in den henkellosen Bechern ohne Untertasse leicht schmerzhaft gestaltet). Und der Location-Mehrwert ist einfach der Hammer: Von der Terrasse geht der Blick direkt aufs Meer, während links und rechts die windgebeugten Gespensterbuchen Schatten spenden. Und bei der Auswahl der Tische, Stühle, Sofas und Unmengen Kissen hat sich ganz offensichtlich ein Profi Gedanken gemacht, wie sich mit einfachen Mitteln maximales Urlaubsgefühl destillieren lässt. Einfach herrlich! Es war das erste Mal, dass ich über dieses Etablissement gestolpert bin, und wir waren wirklich begeistert. Der Vergleich mit der Sylter Sansibar drängt sich auf, und wenigstens in meinen Augen gewinnt der Beach Club.

The greatest beach bar, unfortunately not well photographed. You can watch the sea from there, and down some stairs your kids have fun re-directing the little brook.

The greatest beach bar, unfortunately not well photographed. You can watch the sea from there, and down some stairs your kids have fun re-directing the little brook.

So verbrachten Anna und ich selige eineinhalb Stunden mit einem Sanddorn-Cocktail auf dieser schmucken Terrasse, während die Jungs unten fleißig den Bachlauf regulierten. Direkt sehen konnte ich sie von dort oben nicht, aber wenn ich alle zehn Minuten die Treppe runterlief, bedeuteten sie mir jedes Mal schon von weitem, dass ich mich ruhig wieder verziehen könne. Herrlich, wenn die Kinder größer werden…

Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 23. Juli 2013 verfasst.

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