Auf unserem Familienroadtrip durch England, Schottland und Wales verschlägt es uns einen wunderbaren Nachmittag lang ins „Museum of Welsh Life“ bei Cardiff. Ein authentischer Erfahrungsbericht aus meinem Reisetagebuch von 2013. (Aktualisiert 2023.)

Tagebucheintrag aus dem Freilichtmuseum in Cardiff

Wir sitzen im Rosengarten hinter dem Schloss von St Fagans und picknicken. Es ist wunderschön hier im „Museum of Welsh Life“!

Das einzige, was ich bedauere, ist, dass wir nicht den ganzen Tag für dieses großartige Freilichtmuseum zur Verfügung haben.

St. Fingal’s Castle

Selige eineinhalb Stunden haben wir gerade schon im Schloss selbst verbracht. St. Fingal’s Castle ist die Hauptattraktion des Museum of Welsh Life. Drum herum hat sich der Rest des Freilichtmuseums entwickelt.

Erbaut wurde das Schloss 1580 zur Zeit von Königin Elizabeth I. Im Inneren ist – wie in den meisten britischen Herrenhäusern – hauptsächlich der Zustand aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert bewahrt.

st fingal's caslte, Freilichtmuseum Museum of Welsh Life bei Cardiff, Wales

St Fagans Castle im Museum of Welsh Life.

Die Besucher können Texte auf Tafeln zur Hand nehmen. Ganz wunderbar fand ich den Ansatz, den Kindern das damalige Leben anhand der Bewohner zu erklären: In der Empfangshalle erzählt der Butler den Text, im Damenschlafzimmer die Kammerzofe, in der Bibliothek der Hausherr.

Martin und ich stellen fest, dass wir durch die englische Kultserie „Downton Abbey“ exzellent vorgebildet sind, was das Leben in Herrenhäusern zu dieser Zeit angeht. Trotzdem lernen wir natürlich auch viel Neues. Die Jungs staunen, wie viel die Dienerschaft leisten musste und wie wenig die Herrschaften an einem Tag so erledigt haben.

Die Gärten rund ums Schloss

Nicht nur das Schloss, auch die Parkanlagen hier sind der Hammer! Nach dem Zweiten Weltkrieg stiftete der Earl of Plymouth seinen gesamten Besitz und legte damit den Grundstein für die inzwischen über 40 Hektar große Parklandschaft.

Rose im Freilichtmuseum Museum of Welsh Life bei Cardiff, Wales

So schöne Rosen im Park!

Größtes Freilichtmuseum in Wales

Mehr als 40 Gebäude aus allen Jahrhunderten sind irgendwo in Wales abgebaut und hier Stein für Stein wieder errichtet worden. Wer sich den ganzen Tag Zeit nimmt, kann die Geschichte der Waliser von der keltischen Zeit an bis in die Gegenwart verfolgen.

Wir schaffen das heute leider nicht ganz. Aber über einige interessante Eigenheiten dieses Landesteils sind wir doch schon gestolpert.

Hahnenkämpfe im „Cockpit“

So hatte früher beinahe jedes Dorf sein eigenes „Cockpit“. Das hatte allerdings noch nichts mit Fliegerei zu tun, sondern mit „cock fights“ – Hahnenkämpfen. Hierbei ging es nicht selten um hohe Wetteinsätze, und für die Halter der Tiere natürlich auch immer um die Ehre. Jede Menge Aberglaube war im Spiel, vor allem was die Ernährung der Kämpfer anging. Branntwein und rohes Fleisch sollten die Hähne stärken. Dazu kamen private „Geheimzutaten“ wie menschliches Blut, Urin oder – für die, die keine Angst vorm Zorn des Pfarrers hatten – etwas Erde von unterhalb des Kirchenaltars. Auf diese Weise vorbereitet und mit Metallsporen ausgestattet, traten die armen Viecher dann in den mittelalterlichen Kampfarenen auf Leben und Tod gegeneinander an.

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Ein Cockpit? Eine Hahenkampfarena. Ein Cockpit.

Und: eine ganze Bergarbeitersiedlung im Wandel der Zeit

Ganz besonders faszinierend fand ich die Bergarbeitersiedlung von Rhyd-y-car. Sechs winzige Reihenhäuschen zeigen sich hier im Wandel der Zeit.

Das erste ist auf dem Stand von 1805, als der Umgang mit Eisenerz noch die Angelegenheit weniger Fachleute war und die Zwei-Zimmer-Häuschen noch als gehobener Standard galten. 1855, inmitten der (britischen) industriellen Revolution, haben sich die Verhältnisse gewandelt: Man lebt mit zu vielen Menschen auf zu wenig Raum, die Cholera hat Opfer gefordert. 1895 gibt es immerhin schon Abwasserrinnen, 1925 sogar fließendes Wasser aus der Leitung. 1955 haben Plastik und Staubsauger Einzug gehalten. Und das Haus von 1985 weckt mit seinem unechten Kamin, der fies geblümten Auslegeware und den Nippes-Figürchen schon meine eigenen Erinnerungen an Wohnungen von Schüleraustausch-Gastfamilien.

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Reihenhäuser aus Rhyd-y-car.

Kinder an der Leine in Großbritannien

Oh, und es ist mir endlich ein Paparazzi-Schnappschuss von einem Kind an der Leine gelungen. Sein Kleinkind an der Leine Spazieren zu führen, ist offenbar nicht mehr ganz so en vogue wie 2007, als wir diese Sitte erstmals befremdet zur Kenntnis nahmen. Aber gerade in Museen und Großstädten sieht man es doch immer wieder.

Silas war geradezu schockiert, als er in London einen kleinen Jungen sah, an dessen Rucksack ein Halteseil befestigt war, das seine Mutter in der Hand hielt. „Boah, wenn das jemand mit mir machen würde!“, ereiferte er sich da. „Niemand hat das Recht, mich wie einen Hund an der Leine zu führen!“

Wir sind auch schon Zeuge geworden, wie Eltern sehr unsanft mit ihrem angeleinten Nachwuchs umgingen, ihn gedankenlos in die gewünschte Richtung zogen, ohne auch nur den kindlichen Entdeckerdrang am anderen Ende der Schnur zu bemerken. Ich hab allerdings auch schon mit Müttern gesprochen, die mir glaubhaft versicherten, ihr Kind fühle sich im Gewühl im Laufgeschirr wohler, da es nicht verloren gehen könne. Den praktischen Nutzen sehe ich durchaus. Aber ich halte es doch eher mit Silas und Artikel 1 des Grundgesetzes.

Kinder an der Leine in Großbritannien

Kinder an der Leine. Sahen wir deutlich weniger als 2007, immerhin.

Praktische Tipps für das Museum of Welsh Life bei Cardiff

Das im Volksmund „Museum of Welsh Life“ genannte Freilichtmuseum heißt mit offiziellem Namen „St Fagans National History Museum“ und befindet sich ein paar Kilometer westlich von Cardiff an der A4232. (Fürs Navi eignet sich am besten der Postcode: CF5 6XB.)

Wie viel der Eintritt kostet, darf jeder selbst entscheiden. Theoretisch ist der Eintritt frei. Fürs Parken werden allerdings einheitliche 6 Pfund pro Fahrzeug fällig (Stand 2023). Geöffnet hat das Museum rund ums Jahr täglich von 10 bis 17 Uhr. Aktuelle Infos gibt es auf der Homepage.

Mehr über Wales und Großbritannien

Weitere Erfahrungen über Wales mit Kindern fasse ich in diesem Artikel zusammen: Geheimtipp – Familienurlaub in Wales.

Viel mehr und auch aktuellere Reiseerfahrungen haben wir für Irland und Schottland. Für diese beiden Länder bin ich mittlerweile Autorin für Familien-Reiseführer geworden. Nähere Infos zu den Büchern gibt es hier. Einen Überblick über Reiseberichte aus diesen Ländern findet ihr hier:

wales mit kindern

Wie wäre es zum Beispiel mit Wales als Reiseziel 2024?

 Transparenz-Hinweis: Diesen Eintrag meines Reisetagebuchs habe ich am 29. August 2013 verfasst. Für mein Reiseblog habe ich ihn etwas aufbereitet, sodass er anderen Menschen auf der Suche nach Infos über das Freilichtmuseum in Wales wirklich hilft. 2023 habe ich die harten Fakten zuletzt aktualisiert.