Andalusien war für mich lange ein unerfülltes Traumziel. Wenn ich den Namen der südspanischen Region hörte, dachte ich an ursprüngliche Dörfer im gleißenden Sonnenlicht, an Flamencotänzerinnen und stolze Pferde – und vor allem an die maurische Pracht der Alhambra. Üppige orientalische Architekturschätze, herrlich bunte Fliesen, davon habe ich geträumt. Und ja, genau das habe ich bekommen, als mein Reisetraum endlich wahr geworden ist. Das, und mehr – inklusive einiger Schattenseiten. Teil 3 unserer Serie über Andalusien mit Kindern.
Die Alhambra – Was ist das überhaupt?
Die Alhambra ist die Hauptattraktion Andalusiens und eigentlich ganz Spaniens. Fast drei Millionen Touristen besuchen sie jedes Jahr, das macht 7.000 pro Tag.
Aber worum genau handelt es sich eigentlich?
Antwort: Um eine Festung, die jahrhundertelang von verschiedenen Herrscherdynastien genutzt und ausgebaut wurde. Die Besonderheit ist – außer der schieren Größe – der gute Erhaltungszustand der Palastgemächer aus der Zeit, als Andalusien von muslimischen Herrschern nordafrikanischer Herkunft regiert wurde, den Mauren.
Die Anlage unterteilt sich in mehrere Bereiche: die Hauptfestung mit dem Alcazabar, in dem sich die berühmten Innenräume befinden, und den Generalife, ein vorgelagerter Sommerpalast aus späterer Zeit, umgeben von herrlichen Gärten.
Sehenswert ist alles, und wer schon mal in Barcelona war, wird über die gar nicht so astronomischen Preise überrascht sein (zumindest, bis er zum Parkautomaten kommt).
Aber von vorne.
Geschichte im Schnelldurchlauf
Wer partout keine Lust auf historische Belehrung hat, überspringt das Kapitel einfach und liest bei unseren praktischen Erfahrungen weiter. Ihr wollt einfach nur wissen, wo man Tickets für die Alhambra kriegt und was man dafür zu sehen bekommt? Dann scrollt ganz ans Ende dieses Artikels. Wer weiterliest, erfährt wenigstens ansatzweise, was für Zeugnisse welcher historischen Gegebenheiten ihr euch dort anschauen könnt.
Die Stadtgründung von Granada liegt im Dunkeln. Erste Siedlungsspuren gibt es schon von den ureinwohnenden Iberern, dann von von den Römern. Verbrieft ist eine Burg auf dem Berg seit dem neunten Jahrhundert, als die Mauren schon lange den größten Teil der iberischen Halbinsel übernommen hatten.
Die Farbe Rot scheint dabei eine besondere Rolle zu spielen, denn auf sie lassen sich sowohl der Name der Stadt, als auch der der Burg zurückführen. Um die Gründe ranken sich viele Legenden, die meisten davon neueren Datums, und die plausibelste ist langweilig: Der Erdboden der Gegend hat eine rötliche Färbung.
Die Dynastien wechselten so vor sich hin. Merken sollte man sich die Nasriden, die dem Emirat von Granada im 13. und 14. Jahrhundert eine kulturelle und wirtschaftliche Blüte bescherten, und die auch für den Innenausbau des Palastes zuständig waren.
Seit dem späten Mittelalter machten die christlichen Herrscher Ernst mit der Eroberung der iberischen Halbinsel. Der gängige Begriff der Reconquista ist etwas irreführend, denn „zurückerobert“ wurde Land, das zuletzt in der Spätantike christlich beherrscht wurde – von den aus dem Norden eingefallenen Westgoten.
Granada jedenfalls war in dieser Beziehung das gallische Dorf, das noch bis 1492 Widerstand leistete. In jenem Jahr schließlich besiegten die „katholischen Könige“ Ferdinand und Isabella den letzten maurischen Emir Boabdil und führten wieder abendländische Verhältnisse ein. Juden und Muslime durften zwischen Zwangstaufe und Vertreibung wählen, arabische Bücher wurden verbrannt, das Zeitalter der Inquisition begann. Halleluja!
König Carlos, der als Karl V. im 16. Jahrhundert auch Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation wurde und der außerdem den schmählichen Umbau der Kathedrale von Cordoba auf dem Gewissen hat, mochte den maurischen Architekturstil so, dass er die Palastgemächer der Alhambra bewahrte und sich selbst noch einen – bis heute unvollendeten – Palast nebenan hinzimmerte. Granada sollte spanische Hauptstadt werden, aber dann wurde der Austausch mit den neuen Kolonien in Amerika immer wichtiger, und der Umzug fiel auf der neuen Prioritätenliste hinten runter. Die Alhambra versank in einer Art Dornröschenschlaf, und Granada gleich mit. Erst im 19. Jahrhundert erinnerte man sich an die historischen Schätze auf dem Berg – der Beginn des Tourismus.
Die Alhambra besichtigen – mit Kindern
So viele Menschen können sich nicht irren: Ein Besuch der Alhambra lohnt sich tatsächlich.
Schlechte Erfahrungen am Ticket-Schalter der Alhambra… und Tipps, wie man es besser hätte manchen können
Wir haben rechtzeitig online Karten reserviert und wühlen uns durch die Massen am Eingang, um die richtige Schlange zu finden. Zumindest zu den Stoßzeiten ist das nicht einfach.
Besucher können zwischen Morgen- und Nachmittagstickets wählen. Wir haben uns für letzteres entschieden, dürfen das Gelände ab 14 Uhr betreten, und da wir diese Zeit auskosten wollen, belagern wir die Burg zu diesem Zeitpunkt zusammen mit buchstäblich Tausenden anderer. Meine Laune nähert sich in diesem Gewusel einem ersten Tiefpunkt. Verglichen mit den allgemeinen Zuständen in Italien ist die Organisation in Spanien normalerweise gar nicht schlecht. Hier – geht so.
Obwohl die Kinder an der Ticketausgabe neben uns stehen, werden wir am Eingang bei der Ticket-Kontrolle noch einmal zurückgeschickt und müssen uns wieder anstellen – weil wir für die Jungs (Kinder unter zwölf Jahren sind frei) keine Gratis-Tickets bekommen haben, die aber nötig sind.
Für den Tresen der Audio-Guides gibt es keine ordentliche Schlange, alles drängelt so, dass wir gar nicht erkennen, wo wir überhaupt hin müssen. Und nachdem uns der genervte Angestellte in dem Lärm verständlich gemacht hat, was Sache ist, bleibt der Ort für die erste Audio-Station unauffindbar. Erst ganz am Schluss finden wir heraus, dass das beschriebene Modell zwischenzeitlich versetzt wurde und jetzt etwas abseits draußen vorm Eingang steht. Ah ja.
Bei der Gelegenheit entdecken wir auch, dass es dort (ganz rechts, wenn man vom Parkplatz aus auf den Eingang zu geht, hinterm Souvenir-Shop versteckt) Automaten gibt, an denen man vorbestellte Tickets abholen kann. Vielleicht hätte uns das die gute halbe Stunde Wartezeit erspart.
Alhambra besichtigen: Rein ins Gedränge Vergnügen
Nach diesem suboptimalen Start kann es nur besser werden.
Tatsächlich wird es das. Die Massen verlaufen sich auf dem großen Gelände. Für den Nasriden-Palast (die Hauptattraktion der Alhambra) haben wir schon im Internet eine feste Führung gebucht. Verpassen wir dieses Zeitfenster, haben wir Pech gehabt. Überall befinden sich Hinweise auf diesen Umstand – auf den Tickets, auf Schildern im Park, im Audio-Guide. Niemand kann sagen, er sei nicht gewarnt worden.
Wir haben noch zwei Stunden Zeit bis dahin und schlendern langsam Richtung Alcazabar. Unterwegs hören wir den Ausführungen unseres elektronischen Führers zu, der uns über die Geschichte von Burg, Stadt und Land unterrichtet. Strammen Schrittes hätten wir vielleicht 20 Minuten für den Weg gebraucht. So haben wir alle Zeit der Welt und trödeln durch die Ruinen der Oberstadt und den Garten der Kalifen.
Etwas irritiert sind wir, als wir den eintrittspflichtigen Bereich verlassen müssen, um den noch bewohnten Teil der Oberstadt zu durchqueren. Hier darf man auch ohne Ticket flanieren, Essen gehen und Souvenirs shoppen. Erst ab der Puerta del Vino kommt man wieder nur mit Eintrittskarte weiter.
Höhepunkt in Granada: Der Nasridenpalast
Zehn Minuten vor Stichzeit sollten wir uns am Eingang des Nasridenpalastes einfinden, wurde uns gesagt. Die Schlange ist schon wieder immens. Wir picknicken erst einmal auf dem Platz vor Karls pittoresker Bauruine, wo wir die Wartenden im Auge behalten können.
20 Minuten vor Termin verliere ich die Nerven und frage den Schlangenschwanz, für welche Zeit ihr Besuchstermin vermerkt ist. Ich atme auf, denn etliche haben denselben Slot wie wir. Vorsichtshalber bleiben wir stehen.
Am anderen Ende der Reihe tut sich nichts. Die Jungs toben noch über den Platz – gut so, schließlich können wir überschüssige Energie in fragilen Baudenkmälern schlecht gebrauchen. Gemeinsam mit den Umstehenden hoffen und bangen wir, dass wir richtig sind. Endlich wird vorne die Absperrung geöffnet. Menschen mit Handicap dürfen schon mal rein. Andere werden aussortiert – wohl die mit falschen Ticketzeiten. Dann wälzt sich die träge Menschenlawine in die alten Gemäuer.
Wie lange braucht man für den Nesriden-Palast?
Hinter der Ticketkontrolle lassen wir andere vor und bleiben etwas zurück. Das ist okay, niemand treibt uns. Rein darf man nur zur angegebenen Zeit, aber wenn man dieses Hindernis einmal überwunden hat, darf man bleiben, solange man will.
So ganz lange wollen wir aber gar nicht. Die Pracht ist durchaus überwältigend und absolut sehenswert – aber sooo viel prächtiger als der Alcazar von Sevilla ist es jetzt auch nicht, und durch die vielen Menschen eben doch sehr beengt. Wir bestaunen die filigranen Stuckarbeiten, die opulenten Schmuckkuppeln und den berühmten Löwenbrunnen.
Der Audio-Guide versetzt uns in angemessene Ehrfurcht. Alle 15 Minuten spülen Wellen von Touristenmassen über uns hinweg. Aber nach einer Dreiviertelstunde verlassen wir die Gemächer, und sind schon länger geblieben als jeder andere unserer Gruppe.
Die „Nebengebäude“ des Nesriden-Palasts
Im Anschluss besichtigen wir noch die militärische Festung gleich nebenan. Auch hier gibt es reichlich Geschichte und einen weiten Ausblick vom Turm (habe ich gehört, ich bleibe bei sowas ja immer lieber unten).
Auf dem Rückweg klappern wir noch Karls Palast ab (nicht besonders viel zu sehen) und kämpfen uns durch die Toiletten-Anlage (relativ sauber und vergleichsweise gut organisiert).
Dann wechseln wir wieder die Bereiche und wenden uns dem Generalife zu.
Der Generalife: Des Emirs Ferienpalästchen im Grünen
Da der Nachmittag inzwischen weit fortgeschritten ist, haben wir die Gärten fast für uns allein. Durch einen langgezogenen Park laufen wir auf den Sommerpalast zu („Meine Füße tun langsam weh!“ beschwert sich Janis, Silas jammert auch – zehn Minuten später spielen sie Verstecken mit Abschlagen und toben wild an den Hecken entlang).
Die erst im 13. Jahrhundert entstandene Residenz nimmt sich deutlich bescheidener aus als die Nasriden-Gemächer. Die Natur spielt hier eindeutig die Hauptrolle. Mir persönlich gefällt dieser Teil der Alhambra am besten. Unser Audio-Guide erzählt von dramatischen Liebesgeschichten, die sich hier abgespielt haben sollen. Überall plätschert Wasser, und auch von der Technik hinter diesem Fakt erfahren wir.
Schließlich müssen wir uns zwingen, wieder zu gehen, um rechtzeitig unsere Geräte loszuwerden und die Krankenkassenkarte wieder einzusammeln, die wir als Pfand hinterlassen mussten.
Praktische Hinweise zur Besichtigung der Alhambra
Trotz des Rest-Chaos bei der Abholung der Karten empfiehlt sich eine Vorab-Buchung übers Internet. Nur so ist gewährleistet, dass man am Wunschtermin auch den Palast besichtigen kann.
Eine Besichtigung der Alhambra ohne Nasriden-Palast lohnt sich zwar auch, aber die üppigen Gemächer sind unzweifelhaft der Höhepunkt der Angelegenheit.
Verschiedene Tickets stehen zur Wahl. Für den Erstbesucher auf Tagesausflug sind hauptsächlich das Morgen-Ticket ab 10 Uhr und das Nachmittags-Ticket ab 14 Uhr interessant.
Was wir nicht wussten: Reserviert man für morgens, muss man nachmittags nicht wieder gehen, sondern darf so lange bleiben, wie man will. Für Familien würde ich deshalb eine Vormittagskarte empfehlen und erst nach elf Uhr auf der Matte stehen.
Picknick-Möglichkeiten im Park sind begrenzt, weil es keine Rasenflächen gibt und mehr Touristen als Bänke. Mit etwas Ausdauer lässt sich aber ein Plätzchen finden.
Die Anlage ist weitläufig und das Stückchen zwischen den beiden Ticket-Bereichen ist mit Kopfsteinpflaster ausgestattet. Wie überall in Andalusien empfiehlt sich für Kleinkinder eher ein Tragetuch als ein Kinderwagen. Nicht überall ist Schatten, Sonnenhut mitnehmen!
Allgemeine Besucher-Infos für die Alhambra
Öffnungszeiten der Alhambra: Mitte März bis Mitte Oktober täglich 8.30 Uhr bis 20 Uhr, im Winterhalbjahr nur bis 18 Uhr.
Preise für die Alhambra: Tagestickets kosten 12 Euro, Kinder bis zwölf sind gratis. Audio-Guides kosten 4 Euro extra. Ohne hat man nicht besonders viel von der Besichtigung, da die Infos auf den Tafeln minimal sind. Spar-Tricksen funktioniert hier nur bedingt, da sich die Geräte nicht so laut stellen lassen, dass mehr als eine Person gleichzeitig zuhören kann. Besonders kindgerecht sind die Erklärungen allerdings ohnehin nicht. Bei uns hat das System „einer hört zu und fasst für die anderen zusammen“ halbwegs funktioniert. Bei ausreichendem Budget würde ich je einen Audio Guide für alle ab zehn Jahren empfehlen.
Parken an der Alhambra: Die Parkplätze sind ausgeschildert, der Weg zum Eingang von da aus leider nicht. Tipp: Nicht den erstbesten Parkplatz nehmen, sondern so weit wie möglich vor fahren, denn von hinten läuft man noch eine ganze Weile bis zum Ticketschalter. Die Parkgebühren sind mitunter teurer als der Eintritt: Pro Stunde knapp drei Euro, dann gestaffelt bis zum maximalen Tagespreis von 19 Euro.
Zeitrahmen für die Alhambra: Wer hier in zwei oder drei Stunden durchhetzen will, braucht sportlichen Ehrgeiz. Einen ganzen Tag Zeit sollte man für die Alhambra schon einplanen. Ohne gesteigertes Interesse an Geschichte und/oder Architektur oder in Begleitung von Kindern mit weniger Durchhaltevermögen ist wahrscheinlich eine Besichtigung der Stadt Granada am selben Tag möglich.
[…] Family4travel war im Herbst in Granada und kann wie immer viel über die Geschichte der Alhambra […]
Herzlichen Dank für den wertvollen Post! Toller Tipp.
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