[Reiseblogger-Kooperation] Familienurlaub in Essen? Ernsthaft? Ja, läuft! Wir hatten einen richtig, richtig schönen Tag in der Ruhrgebiet-Metropole zwischen Gruga-Park, Ruhr-Museum und Zeche Zollverein. Es war grün, es war spannend, es war lecker und total lehrreich! Aber fangen wir vorne an.
Dieser Artikel ist der dritte Teil meiner Mini-Serie über unseren Kurztrip ins Ruhrgebiet mit Kindern. Die anderen beiden behandeln den Tierpark Hamm und die Extraschicht in Dinslaken.
Damit das klar ist
Dieser Text konnte dank einer Einladung von RuhrTourismus entstehen. Er ist einer von über hundert authentischen Erlebnisberichten aus ganz Deutschland, die alle auf unseren eigenen Erfahrungen beruhen. Die vollständige Auswahl gibt es hier: Über 100 x Familienurlaub in Deutschland.
Im Ruhrgebiet gereist sind wir als vierköpfige Familie mit zwei Jungs: Janis (der tags zuvor 14 geworden ist) und Silas (11 Jahre alt). Wir waren zwei volle Tage im Ruhrgebiet unterwegs, da wir uns Samstagmorgen früh auf den Weg gemacht haben und nach einer Übernachtung in Essen Sonntagabend wieder zurück ins Schaumburger Land gefahren sind.
Unsere „Live“-Eindrücke finden sich auf Twitter und Instagram dauerhaft festgehalten unter dem Hashtag #f4tPott.
Übernachtung im Atlantic Congress Hotel Essen
Unser Tag in Essen beginnt luxuriös. Wir erwachen im Atlantic Hotel, wo wir für eine Nacht zwei Zimmer mit Verbindungstür bewohnen. Das ist super für Familien (wenn diese denn über das nötige Budget verfügen).
Wir haben uns das Hotel nicht selbst ausgesucht, sondern sind auf Einladung von RuhrTourismus hier untergebracht. Und wir sind mehr als zufrieden damit, denn als zentrales Basislager zur Erkundung des Ruhrgebiets eignet sich Essen hervorragend.
Richtig Herzchen in den Augen kriegen wir, als wir uns dem mehr als üppigen Frühstücksbuffet zuwenden. Bucht man das extra oder als Nicht-Hausgast, schlägt es mit 25 Euro pro Person zu Buche – dieser Fakt gibt eine ungefähre Vorstellung vom Umfang der Genüsse, die vom nach Wunsch zubereiteten Pfannkuchen oder Omelette über die Müsli-Bar bis zum Prosecco reichen.
Schön ist: Alle zur Extraschicht eingeladenen Blogger sind hier untergebracht, und obwohl ich Blindfisch Leute immer so furchtbar schlecht erkenne, treffe ich wenigstens mit einigen zusammen. Katharina vom Niederlande-Blog spricht mich an, denn sie kennt mich noch vom Reiseblogger-Barcamp aus Wolfenbüttel. Thomas von Breitengrad66 winken wir ebenfalls zu uns. Und dann treffen wir noch meine liebe Familienreiseblogger-Kollegin Heike von Köln Format nebst Sohn.
Gruga-Park Essen: Wo der Pott am grünsten ist
Mit dem Austausch von Reisegeschichten könnten wir den ganzen Tag vertrödeln. Aber wir haben noch einiges vor, denn wir wollen unsere Zeit im Ruhrgebiet möglichst ausnutzen.
Gleich neben dem Hotel, keine zehn Minuten Fußweg entfernt, beginnt der Gruga-Park. Das Gelände ist so groß und umfasst so viele kleine Attraktionen, dass man locker einen ganzen Tag hier verbringen kann, ohne alles zu sehen.
Obwohl es auch große Areale in klassischer Stadtpark-Optik gibt, ist der Gruga-Park so viel mehr als das. 1929 eröffnete hier die Große Ruhrländische Gartenbau-Ausstellung, und seitdem entwickelt sich das Gelände stetig weiter. Da gibt es verschiedene Mustergärten zum Holen von Ideen für zu Hause, ein begehbares Hirschgehege, Vogelvolieren, Pflanzen-Schauhäuser, einen Barfuß-Pfad, ein Heckenlabyrinth – und das ist gerade einmal der Anfang.
Während ich die aufwändig gestalteten Blumenbeete fotografiere und mir an der Hörstation am Rosengarten die Geschichte der vielseitigen Blume anhöre (und fleißig meine Insta-Story befülle), vergnügen sich die Jungs an den naturnahen Spielstationen. Im Kaffee-Garten erfahren wir jede Menge Wissenswertes über die Alltagsdroge und die Pflanze, aus der sie gewonnen wird. Und wir werfen einen Blick auf Essens Hundertwasserhaus, in dem eine Stiftung Familien schwerstkranker Kinder unterbringt, während diese im Essener Klinikum in Behandlung sind.
Eigentlich wollten wir ja nur einmal kurz durchschlendern, wenn der Park schon gleich nebenan liegt und der Eintritt mit der Ruhr.Topcard auch noch gratis ist. Tatsächlich aber müssen wir äußerste Disziplin aufbringen, hier bei bestem Wetter nicht einfach den ganzen Tag zu verbringen.
Kaffee-Pause in Essen: Das Miamamia
Wir haben zwar königlich gefrühstückt, aber irgendwann müssen wir doch eine Kleinigkeit essen. Ich werfe die GoogleMaps-App an und suche nach Cafés im Umkreis des Gruga-Parks. Das Miamamia in der Rüttenscheider Straße ist nur etwa zehn Minuten Fußweg entfernt, hat ganz ordentliche Bewertungen und wird aufgrund der Spielecke gerade für Familien mit Kindern empfohlen. Also nichts wie hin.
So ganz restlos begeistert sind wir dann aber nicht. Zwar ist die Einrichtung recht hübsch, es stehen echte Blumen auf den Tischen. Der Kuchen schmeckt okay, und die Auswahl an Kalt- und Heißgetränken ist riesig. Aber es herrscht ausschließlich Selbstbedienung, geordert wird am Tresen, und zur besten Kaffeezeit stehe ich da geschlagene 20 Minuten an, bis ich unsere Bestellung aufgeben darf. Die Gläser mit der heißen weißen Schokolade der Jungs sind am Rand reichlich vollgeschmiert, als ich sie in die Hand gedrückt bekomme (mit weißer Schokolade, also lecker, aber hübsch ist das nicht). Und dafür, dass ich hier selbst hin und her laufe, sind die Preise ganz schön hoch angesetzt.
Na, wer weiß, vielleicht ist das auch einfach nur schlechtes Timing, und außerhalb der Stoßzeiten ist es hier total toll.
Auf der Plus-Seite hat das Miamamia viele Außensitzplätze nach hinten raus in einen kleinen Park, der ein paar Meter weiter auch einen Spielplatz besitzt.
Noch mal würde ich für dieses Café allerdings keinen großen Umweg laufen.
Zeche Zollverein
Unser nächstes Ziel ist dafür umso lohnenswerter. Es ist schon vier Uhr durch, als wir auf dem Gelände der Zeche Zollverein ankommen.
Über hundert Jahre lang ist hier auf diesem Areal Kohle abgebaut worden, bis der Betrieb 1986 eingestellt wurde. Seit 2001 gilt die umfangreiche Anlage inklusive Kokerei als Unesco-Welterbe. Ein mit Bedacht angelegter Park verbindet die alten Industriegebäude, die heute unterschiedlich genutzt werden. Fast alle Einrichtungen haben aber mit Kunst oder Kultur zu tun, beispielsweise hat die Folkwang Universität der Künste hier einen Campus.
Wer nur mal kurz gucken möchte, für den lohnt sich schon ein Spaziergang über das weitläufige Gelände, auf dem man immer wieder über Zeugnisse der Bergbaugeschichte stolpert.
Das Parken ist gratis, der Zugang ist frei.
Café, Portal der Industriekultur und die Dachterrasse
Wir sind wegen des Ruhr-Museums hier. Um es zu erreichen, besteigen wir die lange Rolltreppe zur Kohlenwäsche. Dort angekommen, befinden wir uns in einer Art Service-Center. Hier lösen wir unsere Museumstickets (die für uns dank der Ruhr.Topcard kostenlos sind) und bedauern, dass wir mit unseren Café-Plänen nicht gewartet haben.
Also, keine Ahnung, was das Angebot an Speisen und Getränken hier so hergibt, aber in dieser surrealen Umgebung aus altem Stahl hätte ich ja mächtig gerne einen Cappuccino getrunken!
Stattdessen steigen wir zuerst einmal hinauf zum Portal der Industriekultur, das im Eintrittspreis enthalten ist. In einem alten Kohlenbunker gibt es eine Video-Installation darüber, was das Ruhrgebiet ausmacht, auf 360 Grad – hübsch inszeniert (aber noch besser hätte sie mir gefallen, wenn sie halb so lang gewesen wäre, ehrlich gesagt).
Was den Weg hingegen wirklich lohnt, ist die Dachterrasse. Ich bin ja nun nicht der weltgrößte Fan von Aussichtspunkten (um nicht zu sagen: Ich hab verdammt Höhenangst). Aber hoch oben über der Zeche fühle ich mich trotzdem wohl, denn über den Dächern geht es nirgendwo direkt in die Tiefe. Und wir haben wirklich einen herrlichen Blick über die ganze Anlange. Und wie grün das Ruhrgebiet von oben ist! Das hätte ich echt nicht gedacht.
Ruhr-Museum
Jetzt aber avanti, denn für das Ruhr-Museum haben wir nur noch eine Stunde. Das ist verboten wenig, denn das Regionalmuseum hat wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient!
Das Ruhr-Museum bietet alles von der Entstehung der Ruhrpott-Kohle vor 300 Millionen Jahren über Höhlenbär-Skelette und Faustkeile bis zur industriellen Revolution, ihrem Niedergang und anschließendem Strukturwandel des Ruhrgebiets, der bis heute andauert. Dazu kommen noch mehrere geologische wie ethnografische Sammlungen von Privatleuten, die irgendwann im Ruhr-Museum aufgegangen sind. Hier in einer Stunde durchzujoggen, tut mir in der Seele weh.
Das coolste an der Angelegenheit ist aber die Location. Es hat durchaus Kritik gegeben, weil die alte Industrieanlage so beschnitten werden musste, um ein Museum darin unterzubringen. Ich bin ja ganz für den Denkmalschutz und für Authentizität – aber was da entstanden ist aus alter Bausubstanz und modernen Museumskonzepten, das ist schon echt krass und sehr packend. Wie riesengroße Ammoniten im Kohlespeicher unter unseren Füßen prangen und antike Büsten auf rostigen Stahlträgern präsentiert werden, find ich richtig, richtig gut. Ich habe das Gefühl, durch ein einziges Gesamtkunstwerk zu laufen.
Der Elan der Jungs hält sich leider in Grenzen. Sie sind schon ein bisschen arg kulturell überfüttert an diesem Wochenende. Janis interessiert sich immerhin für die ehemaligen Funktionen der Räume, durch die wir laufen. Silas tut mir den Gefallen und errät ein paar Fossilien, deren Bezeichnungsschildchen ich zuhalte. Dann lässt er sich aber auf die nächste Lümmelbank fallen und starrt alibimäßig auf den Bildschirm an der Decke, der Eindrücke der Industrialisierung vermitteln soll.
Um die letzten Minuten der Öffnungszeit auszukosten, lasse ich die Kinder in Frieden und erfahre auf die Schnelle noch viele wissenswerte Dinge, zum Beispiel dass die ersten ausländischen Gastarbeiter schon vor dem ersten Weltkrieg ins Ruhrgebiet kamen, und nach wem die (vor)letzte aktive Kohlegrube Prosper Haniel benannt ist.
Dann aber meldet sich über Lautsprecher eine Stimme mit definitiven Pott-Einschlag zu Wort: „So schön wir dat auch finden, dat et euch hier so jut jefällt – wir würden gerne Feierabend machen und wollen alle pünktlich nach Hause.“ Der Zaunpfahl hat getroffen, und wir treten den Heimweg an.
Wir haben ja auch wirklich viel gesehen von Essen und vom Ruhrgebiet. Aber längst nicht alles. Wir müssen wohl unbedingt noch mal herkommen!
Wochenend-Trip ins Ruhrgebiet mit Kindern: Unser Fazit
Weil das der letzte Teil meiner Berichterstattung von unserem Kurztrip ins Ruhrgebiet ist, wird es Zeit für ein allgemeines Fazit. Zwei volle Tage waren wir im Pott unterwegs, haben den Tierpark Hamm, die Extraschicht in Dinslaken und eben Essen erkundet.
Das sagt Silas (11): Viele Dinge im Ruhrgebiet haben mir gefallen. Das Döner-Essen war lecker! Die Fahrt in den Stollen hat mir Spaß gemacht. Und der Flammkuchen auf dem Festival-Gelände der Extraschicht war toll.
Das sagt Janis (14): Insgesamt war es sehr gut. Das Highlight war für mich aber die Übernachtung im Hotel mit dem deftigen Frühstück. Der Tierpark kommt an zweiter Stelle, aber das Gesamtpaket war super. Ich war mit meinem Geburtstagswochenende sehr zufrieden.
Das sagt Martin (der Papa): Ich fand unseren Trip interessant, denn obwohl das Ruhrgebiet von uns aus gar nicht so weit weg ist, war es für uns etwas völlig Neues. Spannend zu sehen, wie eine Region nach dem Wegbrechen der Schwerindustrie versucht, eine neue Identität zu finden. Wir kommen sicher wieder, es gibt noch viel zu entdecken.
Das sage ich: Das Ruhrgebiet ist voll cool! Und dieser Fakt hat mich schon ein bisschen überrascht. Ich steh ja nun total auf diesen Industrial Shabby Chick, und das dann in Kombination mit dem überraschend vielen Grün – Hammer! Dann sind die Leute auch noch so nett. Wir werden ganz bestimmt noch mal herkommen (allein schon um unsere grandiosen Ruhr.Topcards noch mal auszunutzen).
Zum Weiterlesen
Mehr tolle Parks und Gärten haben wir hier besucht:
- Hannover, Niedersachsen: Ausflug in die Herrenhäuser Gärten
- Bad Zwischenahn, Niedersachsen: Floraler Spaß im Park der Gärten
- Osnabrück, Niedersachsen: Wo Japan kurz hinter der Prärie liegt
- Inveresk Lodge Garden, Schottland: Ein kleines Paradies mit Geschichte
Mehr Industriegeschichte haben wir hier erlebt:
- Völklinger Hütte, Saarland: Fantastische Welten aus rostigem Stahl
- Zeitz, Sachsen-Anhalt: Taschenlampenführung in der Brikettfabrik Hermannschacht
- Idrija, Slowenien: Faszination Quecksilber mitten in der Natur
- New Lanark, Schottland: Als Robert Owen und Silas mich zu Tränen rührten
Transparenzhinweis: Wir wurden von RuhrTourismus zur Extraschicht eingeladen und wären sonst nicht so schnell im Ruhrgebiet gelandet, deshalb: glückliche Fügung. Der Verband hat uns die Ruhr.Topcard zur Verfügung gestellt und auch die für uns kostenlose Übernachtung im Atlantic Congress Hotel Essen für uns organisiert. Dafür sind wir sehr dankbar, jedoch heißt das entschieden nicht, dass unsere Meinung oder auch nur die Berichterstattung gekauft wäre. Da bin ich vollkommen frei, niemand redet mir rein, anders würde ich es auch nicht machen (bzw. wenn, wäre das Werbung, und DANN würde ich es auch groß oben dranschreiben).
Wie schön! Wir fühlen uns seit über 10 Jahren in der „Neu“-Heimat Essen sehr wohl und machen als Zugereiste auch immer noch gern Ausflüge in die Umgebung!