Wenn der Frühling kommt und die Sonne aus allen Knopflöchern scheint, reagieren wir nicht anders als gefühlte 95 Prozent unserer Mitmenschen: Wir wollen raus! Die erste Fahrradtour des Jahres führte uns durch Rinteln und zum Kloster Möllenbeck.

Von Obernkirchen aus ist das eine recht bergige Angelegenheit. Obwohl wir die flachere Route nicht über Harrl und Idaturm wählen, müssen wir Richtung Buchholz immer wieder kräftig in die Pedale treten. Ein Jahr nach unserer Übernachtungs-Radtour am Weserradweg können wir aber freudig vermelden: Inzwischen muss keiner mehr schieben! Silas (7) fährt mit einer 5-Gang-Nabenschaltung, Janis (9) hat endlich auch das Prinzip seiner Kettenschaltung mit 21 Gängen durchschaut. Und außerdem gibt’s oben auf jedem Hügel ein Gummibärchen zur Motivation.

Noch schippert nichts unter der Rintelner Weserbrücke durch.

Noch schippert nichts unter der Rintelner Weserbrücke durch.

Nach zwölf Kilometern haben wir die Weserbrücke in Rinteln erreicht. Eine Weile sehen wir aufs Wasser, warten auf Boote, aber so früh im Jahr sind offenbar keine unterwegs.

Bis zu unserem erklärten Ziel ist es jetzt nicht mehr weit, nur noch fünf Kilometer. Zwischen Stadtzentrum und Doktorsee herrscht hohes Verkehrsaufkommen aller Art, denn das gute Wetter lockt viele Menschen in das Lieblings-Naherholungsgebiet der Umgebung. Wir lassen den Trubel hinter uns. Von einem Feldweg aus beobachten wir die Segelflieger am Flugplatz. Die Jungs sind hin und weg. „Da einmal mitfliegen…“ schwärmt Janis.

Am Flugplatz Rinteln lassen sich Segelflieger aus der Nähe betrachten.

Am Flugplatz Rinteln lassen sich Segelflieger aus der Nähe betrachten. Mein Beitrag diese Woche für „in heaven„.

Die Hoffnung auf Kuchen treibt uns dann doch weiter. Die charakteristischen Rundtürme des Klosters sind schon zu sehen. Sie stammen noch aus ottonischer Zeit, dem 10. Jahrhundert also, als drei Ottos hintereinander das ostfränkisch-deutsche Reich regierten. Die Gründungsurkunde aus dem Jahr 896 ist das älteste erhaltene Dokument Schaumburgs und nennt die „Edelfreie“ Hildburg als Initiatorin des Benediktinerinnen-Klosters. Der Großteil der Anlage fiel im 15. Jahrhundert einem Brand zum Opfer und musste wieder aufgebaut werden. Die Anlage gilt als eine der besterhaltenen und umfangreichsten Klöster des späten Mittelalters in Deutschland.

Die Rundtürme des Klosters Möllenbeck sind gut 1000 Jahre alt. (The towers of the cloister are older than 1,000 years.)

Die Rundtürme des Klosters Möllenbeck sind gut 1000 Jahre alt. (The towers of the cloister are older than 1,000 years.)

Angesichts so vieler Superlative sind wir doch etwas enttäuscht, dass wir von dem Ding nur wenig zu sehen kriegen. Wir spazieren einmal um die altehrwürdigen Mauern herum und erhaschen durch ein verschlossenes Gatter einen Blick ins Innere der Kirche. Die Klostergebäude selbst sind nicht zu besichtigen. Sie dienen als Jugendfreizeitheim der evangelischen Kirche. Einmal im Jahr allerdings findet hier das „Irish Folk Festival“ statt, das Besucher aus weiter Umgebung anzieht.

Direkt neben der altehrwürdigen Klosteranlage lockt ein sehr hübscher Spielplatz. (There is a nice playground next to the old cloister of Möllenbeck.)

Direkt neben der altehrwürdigen Klosteranlage lockt ein sehr hübscher Spielplatz. (There is a nice playground next to the old cloister of Möllenbeck.)

Um etwas über die Geschichte des Anwesens zu erfahren, bemühen wir – Smartphone sei Dank – Wikipedia. Das lohnt sich, denn im Laufe der Jahrhunderte hat Möllenbeck so einiges durchgemacht. Nach einer Zeit der Blüte geriet das Benediktinerinnen-Kloster in Verruf: Kriege brachten Misswirtschaft und Personalquerelen mit sich, ein „Niedergang der Sitten und der Disziplin“ war zu beklagen. 1441 wurden daraufhin die in Ungnade gefallenen Damen gegen Augustiner-Mönche ausgetauscht, die sich im Zuge der Reformation erst zu Chorherren, später zum Kanonikerstift umformierten und den Laden generell wieder auf Kurs brachten – bis er 1474 abbrannte. Nur die Türme und die Krypta überstanden das Inferno. Nach dem Wiederaufbau blühte das protestantische Klosterleben bis zur Teilung der Grafschaft Schaumburg 1640. Bei dieser Gelegenheit wurde das Stift zur hessischen Staatsdomäne umgewandelt. Als Napoleon auf der Bildfläche erschien, verschwand quasi sämtliches Tafelsilber, die Kirche wurde zur Scheune umfunktioniert. Seit 1836 ist sie aber wieder als Pfarrkirche der Möllenbecker geweiht.

Heiße Schokolade, Cappuccino und Bier gab's im Café Hofgarten, nur zum Sattwerden müssen wir im März noch auf eigene Reserven zurückgreifen.

Heiße Schokolade, Cappuccino und Bier gab’s im Café Hofgarten, nur zum Sattwerden müssen wir im März noch auf eigene Reserven zurückgreifen.

Auch wenn das Kloster als Sehenswürdigkeit weit hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt, gibt es doch einen guten Grund, hier vorbeizuschauen: Das Café Hofgarten. Die wunderbar eingerichtete Örtlichkeit mit Blick auf die altehrwürdigen Mauern verfügt über einen Biergarten und einen tollen, naturnahen Spielplatz. An einem Tag wie heute drängen sich hier die Ausflügler. Nachdem wir schon gut zehn Minuten am Ausgabetresen anstehen, dringt aber eine enttäuschende Nachricht zu uns durch: Kuchen gibt’s heute nicht. Eigentlich ist das Lokal von November bis Anfang April geschlossen. Da diese Grundsatzinformation den meisten Gästen nicht bekannt ist, gibt es viele lange Gesichter. Kurz ist auch Silas am Boden zerstört, war es doch die Aussicht auf ein „saftiges Stück Torte“, wie er sich ausdrückt, die ihn auf dem Fahrrad gehalten hat. Dann machen wir das beste aus der Situation, genießen im Sonnenschein Cappuccino und heiße Schokolade und packen dazu unsere Notration Kekse aus. Die Sache wird Konsequenzen haben: Wir kommen einfach im Sommer wieder.

Das Café Hofgarten am Kloster Möllenbeck hat von April bis Oktober montags bis samstags von 14 bis 18 Uhr geöffnet, sonntags bereits ab 10. Von Juni bis August und auch sonst bei gutem Wetter verlängern sich die Öffnungszeiten bis 22 Uhr.