Mike Schnoor ruft zur Blogparade zum Thema „Blogger Relations“ auf – eine Angelegenheit, über die ich mir auch gerade intensiv Gedanken mache. „Blogger Relations“ bezeichnen die Zusammenarbeit zwischen Blogger und Unternehmen, die meist in Naturalien vergütet oder – das klingt eleganter – zu einer Win-Win-Situation geführt wird. „Blogger Relations“ gehen offenbar einher mit der Professionalisierung eines Blogs, und mit family4travel stehe ich gerade an der Klippe zu einer solchen.

Ganz private Reisebeschreibungen, Berichte von Familienausflügen und Museumsbesuchen – das ist family4travel. Wo aber verorte ich mich mit meinem kleinen Familien-Reiseblog in der großen weiten Medienwelt? Ganz weit außen natürlich, schüchtern am Rand warte ich darauf, dass jemand fragt: „Willst du mitspielen?“ Fragt natürlich keiner. So finde ich mir eine kleine Nische, in der mich so leicht keiner stört, suche mir mühsam ein paar Bauklötzchen zusammen, und muckele so vor mich hin auf dem Bauteppich im Blogger-Kindergarten. Ab und zu kommt mal jemand vorbei und sagt: „Ach, das sieht ja nett aus.“ Und ich möchte mehr bauen, höhere Türme, ein größeres Häuschen. Also nehme ich irgendwann meinen Mut zusammen, gehe rüber zu den großen Kindern, die auf der Bauklotzkiste sitzen, und frage selbst: „Darf ich mitspielen?“ Und siehe da, die Großen sind nett und geben mir Klötzchen ab. Nicht die langen, die man als Fundament braucht, nicht immer welche in meiner Lieblingsfarbe, aber ich kann was Schönes damit bauen. Und solange die Großen mir nicht vorschreiben wollen, wie mein Häuschen aus ihren Bauklötzen nachher aussehen soll, hab ich Spaß daran und bin zufrieden.

Von Haus aus Journalistin, muss ich mich als Blogger erst noch finden. In meinem Arbeitsalltag in der Lokalpresse kenne ich zwei Grundhaltungen. Da ist einmal die redaktionelle Berichterstattung, so wie ich das gelernt habe: Immer sachlich, neutral, ergebnisorientiert. Da sind wir unbestechlich und zahlen auf der Jahreshauptversammlung der Kaninchenzüchter sogar unser Wasser selbst (nein, in der Praxis dann doch nicht, schließlich soll vom mageren Zeilensatz nach Abzug der Benzinkosten auch noch was übrig bleiben, aber hier geht’s ja ums Prinzip). Und dann gibt es da, zunehmend, diverse andere Formate, in denen ich eigentlich als Werbetexter fungiere. Als Subunternehmer schreibe ich einem Kunden seinen Laden schön, seine Firma, seine Praxis – jeder, der Geld hat, darf mitmachen. Der Kunde zahlt eine nicht unbeträchtliche Summe dafür, dass er sich in so einer Broschüre, einem Einkaufsführer oder wo auch immer präsentieren darf. Natürlich schreibe ich dann, was er will (selbst wenn er einen haarsträubend schlechten Text mit unzähligen Aufzählungen und dreimaliger Nennung des sperrigigen kompletten Firmennamens wünscht). Hier hätte ich keinerlei moralische Probleme, die eine oder andere Vergünstigung in Anspruch zu nehmen (nur leider bietet sie mir in solchen Zusammenhängen nie jemand an, schließlich hat man das Gefühl, für die Leistung schon ordentlich Geld gezahlt zu haben – auch wenn davon nur der geringste Teil bei mir landet).

Just a hobby? Sometimes blogging turns out to be hard work.

Just a hobby? Sometimes blogging turns out to be hard work.

Als Blogger steht man so dazwischen. Bleibt man unabhängig und sucht sich seine Bauklötzchen selbst, kann man völlig frei seine Meinung schreiben, so subjektiv wie man will. Anfangs war das Bloggen für mich ein prima Ausgleichssport: Endlich darf ich mal genau das tun, ohne Zeilenbegrenzung, ohne Zwang zur Objektivität, so verschnörkelt, wie ich möchte. Schnell kommt aber doch der professionelle Anspruch durch. Es reicht mir nicht, ein stilles Örtchen für meinen kreativen Ausfluss einzurichten. Ich möchte interessanten, brauchbaren Mehrwert für meine Leser schaffen und ihnen regelmäßig qualitativ hochwertigen Content bieten. Zumindest als Reiseblogger geht das aber ziemlich schnell ins Geld, und das Bloggen wird zum teuren Hobby. Schon andere haben sich vor mir in dieser Situation wiedergefunden und den Reiseblogger-Kodex entwickelt. Der kann vielleicht nicht als Weißheit letzter Schluss gelten, hat aber doch die Grundhaltung salonfähig gemacht, dass es okay ist, zur Recherche die Unterstützung von Touristikern in Anspruch zu nehmen. Will heißen: Man lässt sich einladen, tauscht freien Eintritt gegen Blog-Bericht; je nach Bekanntheit des Blogs sind ganze Blogger-Reisen mit Unterkunft und Verpflegung drin. Trotzdem bleibt die Berichterstattung unabhängig, sagt der Reiseblogger-Kodex.

Wirklich? Ich glaube, ich käme mir schon ganz schön undankbar vor, so oder so wie hier über ein Ausflugsziel zu motzen, wenn mich der Veranstalter freundlicherweise eingeladen hätte. Bei den wenigen Kooperationen, die ich bisher eingegangen bin (das ist Neuland für mich, und noch ist kein Bericht darüber veröffentlicht), war das Schönschreiben zum Glück nicht nötig. Ich hab aber auch schon Blogposts gelesen, in denen sich die Verfasserin ordentlich einen dabei abgebrochen hat, schlechten Service zu benennen und gleichzeitig für die Einladung zu danken. Na ja, gehört dazu, denke ich mir. Das muss man dann halt leisten können.

Aber genau da ist man irgendwann an dem Punkt, an dem das Bloggen kein reines Vergnügen mehr, sondern wirklich Arbeit ist. Das ist dann wohl die viel zitierte Professionalisierung – nur dass mir in diesem Zusammenhang komplett die Einnahmen fehlen. „Dann machst du was falsch“, sagen die alten Hasen und verweisen auf diverse Einkunftsmöglichkeiten aus Werbung und Link-Geschäften. Und ja, auch bei den klassischen Medien bezahlt mich mein Auftraggeber schließlich mit dem Geld, das er durch Werbung verdient hat (und durch die Zeitungsverkäufe, aber diese Einnahmen werden heutzutage ja eher unter „ferner liefen“ abgeheftet). Bei family4travel bin ich mein eigener Herr und muss die entsprechenden Einnahmen selbst generieren, wenn ich welche haben will. So wenig wie der Stadtrat mich bezahlen wird, wenn ich seine Beschlüsse verkünde und in Zusammenhang setze (was die ureigenste Aufgabe des Lokaljournalisten ist), so wenig werden mich Hoteliers oder Museumskuratoren dafür bezahlen wollen, dass ich mein Blog voll schreibe – es sei denn, wir regeln es wie bei Lokalzeitungs-Geschäftsmodell zwei. Dann bin ich Werbetexter (oder PR-Schreiber, oder wie man es nennen möchte), und das dürfen sich Touristiker auch was kosten lassen. Wenn ich mein Blog aber weiterhin mit lesenswertem, brauchbaren Inhalt füllen will, muss ich damit zufrieden sein, nur ab und zu freien Zugang zu Recherchezwecken zu erhalten und dafür den Spagat zwischen Dankbarkeit und Unabhängigkeit zu leisten. Ich muss ja die Bauklötzchen nicht annehmen, die mir die großen Kinder reichen. Ich kann mir die in meiner Lieblingsfarbe rauspicken, und den Rest suche ich mir selber.