Stadtbummel durch Poznan, Teil 1. Aus meinem alten Reisetagebuch.
Abends
Poznan hat etwa 600.000 Einwohner und steht einer deutschen Großstadt in nichts nach. Man müsste nur die Beschilderung austauschen, und schon gäbe es wenig Anhaltspunkte, dass man sich in Polen befindet. Im Gegensatz zu süd- und westeuropäischen Ländern finde ich es hier auch auffallend sauber.
Der Marktplatz ist ausgesprochen hübsch mit seinen bunten Häuschen und dem prächtigen Rathaus. Um zwölf Uhr versammelten sich dort erstaunliche Menschenmengen, um einem Türchen zuzujubeln, hinter dem zwei Blechziegen zum Vorschein kamen.
Die Legende sagt, dass im Mittelalter eines Nachts Bürger von zwei kämpfenden Ziegen geweckt wurden und daraufhin ein Feuer bemerkten, das andernfalls wahrscheinlich die Stadt zerstört hätte. Die Dankbarkeit für diese Rettung hält bis heute an, und überall in Poznan sind zwei Ziegen anzutreffen…
Danach ritten Männer in alten Soldatenuniformen auf den Marktplatz und hielten eine lange Rede auf Polnisch. Tomek erklärte uns später, offenbar habe sich zwischen den Weltkriegen eine Begebenheit abgespielt, bei der besonders treue Soldaten irgendwen im Rathaus bewacht und somit Treue zu ihrem Vaterland bewiesen hätten, woran nun erinnert werden sollte. Tomek hatte vorher auch noch nicht davon gehört und war über diesen Auftritt genauso überrascht wie wir.
Wir waren zu früh da für das Ziegenwunder, und so gingen wir erst einmal in ein Museum für Musikinstrumente, das sich in einem der bunten Häuser am Marktplatz befand. Da Sonntag war, war der Eintritt frei. Die Ausstellung war riesig und ging über drei Stockwerke. Zu sehen gab es allerlei Altertümliches und Exotisches, vom Doppelflügel bis zum Zupfinstrument mit Schildkrötenpanzer. Etwas kurios fand ich, dass in diesem Musik-Museum kein einziger Ton zu hören war, jedenfalls kein musikalischer. Das Konzept war, vorsichtig ausgedrückt, sehr konservativ.
In einer barocken Kirche hörten wir ein paar Minuten der Orgel zu. Später fuhren wir etwas aus der Innenstadt raus und besichtigten Polens älteste Kathedrale auf der Dom-Insel. Hier soll die Christianisierung des Landes begonnen haben, und in der Krypta sind die ersten christlichen Herrscher bestattet worden. Wir haben ihre Sarkophage gesehen, und auch eine Ausstellung über die verschiedenen Bauabschnitte.
Der nächste Programmpunkt sollte vor allem der Kinderbelustigung dienen: An dem künstlich angelegten Maltanskie-See fuhr eine Dampfeisenbahn in Kleinformat entlang. Für ein verhältnismäßig teures Familienticket tuckerten wir also unter viel Geruckel in einer Viertelstunde bis zur Endstation. Dort kaufte Tomek den Kindern drei Tüten Chips, die sie jetzt auf der Rückfahrt verschlingen.
Weiter geht es in meinem alten Reisetagebuch hier: Poznan Teil 2: Kartoffeln und Koloss-Kakerlaken.
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