Fünf Tage lang haben wir Thessaloniki und Umgebung erkundet. Vier Berichte gibt es über diesen kurzen Abschnitt unserer langen Reise auf family4travel. Heute geht es von von Griechenlands nördlichster Metropoloe aus südwärts auf die Halbinsel Chalkidiki.

Tag 1: Stadtbummel durch Thessaloniki mit Kindern (und Schokolade)
Tag 2: Ausflug nach Pella: Die Kinderstube Alexanders des Großen
Tag 3: Zeitreise: Das Archäologische Museum von Thessaloniki
Tag 4: Chalkidiki: Sonne, Strand und mehr

thessaloniki-karte-griechenland

Chalkidiki ist das „Euter“ südöstlich von Thessaloniki.

Die Halbinsel unterhalb von Thessaloniki wird oft mit einer dreifingerigen Hand verglichen, steht in unserem Reiseführer. „Für mich sieht das eher aus wie ein Euter“, widerspricht Janis nach einem Blick auf die Karte. Auch gut. Ob Hand oder Euter, das geografische Gebilde ist eine beliebte Ferienregion in Griechenland. Wer da wie wir eine Woche lang Station in der kleinen Mittelmeer-Metropole macht, muss doch wenigstens mal gucken gehen.

Eine gut ausgebaute Schnellstraße führt von der Stadt aus südwärts. Wieder erinnern uns links und rechts am Straßenrand zahllose Schreine daran, wie viele Menschen auf Griechenlands Straßen bei Verkehrsunfällen sterben. Das hat allerdings wenig mit den Straßenverhältnissen selbst zu tun. Zwar reihen sich im ganzen Land oft Schlaglöcher aneinander. Die hohe Zahl der Todesopfer hat aber vermutlich mehr damit zu tun, dass griechische Motorradfahrer meistens ohne Helm fahren und (wie überall auf dem Balkan) das Anschnallen von Kindern auf der Rückbank als herzlos gilt.

Schreine am Straßenrand sind in ganz Griechenland allgegenwärtig. Sie erinnern meistens an Verkehrstote.

Schreine am Straßenrand sind in ganz Griechenland allgegenwärtig. Sie erinnern meistens an Verkehrstote.

Nea Kallikratia

Für unseren ersten Zwischenstopp fahren wir nur rund 20 Minuten und bleiben auf dem Handteller – oder im Euter selbst, um bei Janis’ Vergleich zu bleiben. Nea Kallikratia soll ganz schön sein, sagt unser Reiseführer. Im Februar sind solche Behauptungen über Badeorte am Mittelmeer natürlich alle relativ. Die meisten Cafés sind geschlossen, die Fußgängerzone macht einen ziemlich trostlosen Eindruck. Der übliche Souvenir-Kitsch ist aber selbst zu dieser Jahreszeit zu haben: Flaschenöffner in der Form antiker Säulen, Hinstellchen aus bemaltem Gips, die die Akropolis oder das Orakel von Delphi darstellen, Badehandtücher mit dem Aufdruck „This is Sparta“. Nein, this is Chalkidiki, aber der Sommerurlauber braucht die Badeorte nicht zu verlassen, um zu Hause den Anschein einer Kulturreise erwecken zu können. Wer tatsächlich auch in dieser Urlaubsregion Lust auf antike Ruinen hat, wird beispielsweise in Olynthos und am Zeus-Tempel bei Kallithea fündig (die widerum haben wir ausgelassen, da wir Zeit genug für die echte Athener Akropolis, das echte Orakel und das echte Sparta haben).

Der Spielplatz von Nea Kallikratia, von dem unser dicker Wälzer so schwärmte, weil er sich im Schatten alter Bäume befindet, hat schon bessere Zeiten gesehen. Nichtsdestotrotz haben unsere Jungs hier ein Viertelstündchen lang Spaß, bevor sie weiter ans Meer stürmen. Der Strand liegt direkt am Ende der Fußgängerzone. Eine breite Bucht mit feinem Sand streckt sich vor uns aus. Mit feinem Sand und jeder Menge Seegras allerdings, zumindest jetzt im Winter. Ich schätze, dass das im Sommer weggeräumt wird.

Der Strand von Nea Kallikratia befindet sich direkt am Ende der Fußgängerzone.

Der Strand von Nea Kallikratia befindet sich direkt am Ende der Fußgängerzone. Im Februar haben die Jungs ihn ganz für sich alleine.

Die Kinder kümmern sich herzlich wenig um das Gemöck. Sie errichten eine ausgefeilte Burganlage inklusive griechisch-orthodoxer Kirche im byzantinischen Baustil. Wir Eltern gammeln währenddessen im verlassenen Rettungsschwimmer-Turm nur wenige Schritte vor der Brandung, lassen die Beine baumeln und halten die Gesichter in die Vorfrühlingssonne. Die Wellen rauschen, und die Sonne entwickelt bereits eine erstaunliche Kraft. Martin und ich beglückwünschen uns gegenseitig zum Entschluss dieser Reise, mal wieder. Alles richtig gemacht, sagen wir uns, und genießen den Moment.

Sandburg war gestern, heute werden komplette Städte auf Sand gebaut.

Sandburg war gestern, heute werden komplette Städte auf Sand gebaut.

Später schlendern wir noch zum Hafen hinüber, den unser Reiseführer erwähnt. Wir finden ihn nicht weiter sehenswert, aber immerhin führt uns der Spaziergang an der Jukebox Beach Bar vorbei. Die ist ganz nach meinem Geschmack eingerichtet. Wie in den meisten griechischen Cafés werden nur Getränke ausgeschenkt und Rauchen ist erlaubt. Draußen im Wintergarten fällt das aber zum Glück nicht weiter auf, und wir faulenzen ein weiteres halbes Stündchen, diesmal bei heißer Schokolade und Tee.

Stylish-gemütlich, nur leider ist Rauchen erlaubt: die Juke Box in Nea Kallikratia.

Stylish-gemütlich, nur leider ist Rauchen erlaubt: die Juke Box in Nea Kallikratia.

Die Halbinseln – drei ungleiche Schwestern

Eigentlich könnten wir ja den ganzen Tag hier in der Sonne vertrödeln, aber ein bisschen weiter runter Richtung Finger – oder Zitzen – wollen wir dann doch. Bei den Griechen sind das übrigens weder das noch Landzungen noch Arme – es sind Füße oder Beine. Und natürlich sind die Einheimischen in ganz Makedonien der Meinung, dass es dort viel schöner ist als auf irgendeiner griechischen Urlaubsinsel. Des westlichste und Thessaloniki nächstgelegene Extremität heißt Kassandra und ist – zumindest laut unseren Vermietern in der Stadt – eher für junge Leute interessant. Sithonia, die mittlere Halbinsel, bietet dagegen mehr Natur, mehr Platz, mehr Ruhe. Athos schließlich, die dritte im Bunde, ist ein Kapitel für sich. Der Großteil der Halbinsel ist für Touristen gesperrt und darf generell von Frauen nicht betreten werden. Hier regieren orthodoxe Mönche, ein Kloster reiht sich ans nächste. Früher war die Zahl dreistellig, heute sind noch 23 Klöster übrig. Seit Öffnung des Eisernen Vorhangs steigt die Zahl der Mönche sogar stetig an.

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Hafen von Nea Fokea.

Kurzbesuch bei Kassandra

Wir fahren weiter bis nach Nea Fokea. Der kleine Ort liegt am Ansatz des Kassandra-Fingers. Ein mächtiger weißer Turm thront über einem hübschen kleinen Fischerhafen. In byzantinischen Zeiten gehörte er zu einer Festung. Wir laufen ein bisschen auf und ab, picknicken auf einer Bank im Hafen, dann fahren wir weiter. Unser Reiseführer sprach noch von einer Höhle, in der sich der Apostel Paulus eine Weile versteckt hielt. Das Versteck muss allerdings so gut gewesen sein, dass auch uns diese Sehenswürdigkeit verborgen blieb.

Bunte Fischerboote im Hafen vor der Kulisse des weißen Turms - Nea Fokea ist malerisch.

Bunte Fischerboote im Hafen vor der Kulisse des weißen Turms – Nea Fokea ist malerisch.

Inzwischen haben wir mehr als eine Stunde reine Fahrzeit von Thessaloniki aus hinter uns. Die ganze Halbinsel können wir nicht an einem Tag erkunden. Wir beschränken uns auf eine Panoramafahrt durchs obere Drittel Kassandras. Die Küstenorte, so unser genereller Eindruck, sind durchaus touristisch (und im Sommer voll bis übervoll, laut unserem Reiseführer). Sobald man aber die Hauptstraßen verlässt und durch das Landesinnere kurvt, kommt sofort das ursprüngliche Griechenland wieder in Sicht. Ein Hirte führt seine Ziegenherde über die Straße. Wir warten, bis die Tiere im nächsten Olivenhain verschwunden sind. Die Mandelbäume blühen. Es ist herrlich.

Mandelblüte auf Kassandra, Chalkidiki.

Mandelblüte auf Kassandra, Chalkidiki, Anfang Februar.

Einen kurzen Abstecher unternehmen wir noch in die Provinzhauptstadt Polygyros, die sich in der „Eutermitte“ befindet. Sie ist ziemlich unspektakulär, dient mit ihren engen Gassen aber gut als Beispiel einer griechischen Kleinstadt. Vom höchsten Punkt aus sind alle drei Chalkidiki-Extremitäten sichtbar – allerdings weit auseinander, so dass keine Chance besteht, sie alle auf ein Foto zu kriegen.

Es ist nur ein winziger Teil der großen Halbinsel, den wir zu Gesicht gekriegt haben. Dabei hätte die Region durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient. Ganz bestimmt lassen sich hier zwischen Ausflugsziel, Taverne und Liegestuhl wunderbar ein, zwei Wochen Sommerurlaub rumkriegen. Es ist eine von diesen – unzähligen – Ecken, die wir mit dem bestimmten Gefühl verlassen, unbedingt noch mal wieder her zu kommen.