„Was macht glücklich auf Reisen? Oder warum es erforderlich ist, mit Kindern wegzufahren.“ – So lautete ursprünglich der viel zu lange Titel dieses Beitrags. Ich habe ihn Jahre nach der Erstveröffentlichung eingekürzt. Da fand ich diesen Artikel bei der Analyse der am wenigsten gelesenen Texte in meinem Reiseblog. Löschen, wie es die Wirtschaftlichkeit erfordern würde, will ich ihn aber auf keinen Fall! Denn meine Gedanken aus dem Jahr 2013 finde ich auch heute noch total wertvoll.

Was macht glücklich auf Reisen?

Christina von der Reisemeisterei fragt in ihrer Blogparade: „Was macht glücklich auf  Reisen?“ Oder, anders gefragt: Wozu soll man, gerade mit Kindern, so weit wegfahren? Wieso reicht es nicht, einfach zu Hause glücklich zu sein?

Für mich gibt es verschiedene Aspekte, die das Reisen absolut erforderlich machen.

One of the very few family photos we've got.

Als Familie auf Reisen. Glücklich.

Reisen bedeutet Familienzeit

Dieser Punkt war bei meinen Brainstorming (das übrigens nachts um halb eins in der S-Bahn nach meinen ITB-Terminen stattfand) der erste Punkt, der mir einfiel. Und auch bei längerem Nachdenken komme ich zu dem Schluss, dass er mir tatsächlich der Wichtigste ist. Natürlich sind wir auch zu Hause eine Familie, verbringen Zeit miteinander. Aber allzu leicht geht die Gemeinsamkeit doch im Alltag unter. Jeder geht seiner Wege – was sicherlich auch richtig ist und pädagogisch sinnvoll, schließlich sollen die Kinder auch ihre eigenen Leben leben. Im Urlaub aber genieße ich die Nähe ungemein. 24 Stunden am Tag aufeinander zu hocken, erschafft ein unglaubliches Gefühl der Zusammengehörigkeit. Innerhalb von kurzer Zeit wachsen wir zu einer Einheit zusammen. Das macht mich glücklich.

We did make it to the beach (after ignoring half a dozen safety warnings) for a hands-on lesson of geology.

Geologie zum Anfassen an der Steilküste in Wales.

Reisen bildet

Zu keiner anderen Zeit teilen wir mehr gemeinsame Erlebnisse, Erkenntnisse, Aha-Effekte. Es ist unglaublich, was Kinder unterwegs alles lernen, wenn man sie anleitet, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Und auch wir Großen lernen eifrig mit. Da ist so vieles, was keiner von uns weiß, bis wir staunend davor stehen und uns gemeinsam ein Thema erschließen. Ob es um die Wirkungsstätte des schottischen Sozial-Utopisten Robert Owen geht, um die Varus-Schlacht bei Kalkriese oder um unseren Lokal-Helden Wilhelm Busch – woanders zusammen mit den Kindern Neues zu erfahren, macht mich glücklich.

Stephanie, die liebste Stadtführerin von Bath. (Our dearest tour-guide of Bath: our former au-pair Stephanie.)

Stephanie, die liebste Stadtführerin von Bath.

Reisen formt großart nige Kinder

Auf unseren Couchsurfing-Trips hatten wir das Glück, eine ganze Handvoll von Langzeitreisefamilien kennenzulernen, und als Gastgeber durften wir selbst Station ihrer Europa-Touren sein. Natürlich besitzt jedes der Reisekinder, die wir getroffen haben, seine eigene Persönlichkeit. Eins aber hatten sie alle gemeinsam: Sie waren außergewöhnlich offen, wissbegierig, pfiffig und schlichtweg etwas ganz Besonderes. Auch bei unseren Jungs bin ich überzeugt, dass unsere „großen Urlaube“ einen positiven Einfluss auf ihre Entwicklung haben. Janis beispielsweise war als Kleinkind immens schüchtern und verschlossen. Ihn dazu zu bringen, fremden Menschen „hallo“ zu sagen, war ein Akt, und jede weitere Gesprächsführung erst nach mehren Stunden Auftauzeit möglich. Natürlich ist es schwer zu sagen, wie viel positive Entwicklung tatsächlich unserer Reisetätigkeit zuzuschreiben ist. Fakt ist jedenfalls, dass aus dem schüchternen Kind inzwischen ein routinierter Couchsurfer geworden ist, der sich überall schnell zu Hause fühlt, offen auf andere Menschen zugeht und nach zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden zu Hause von sich aus fragt: „Wann können wir denn endlich mal wieder verreisen?“ Das macht mich glücklich.

A most beautiful walk.

Das große Gefühl von Freiheit an menschenleeren Stränden und Dünenlandschaften auf Saaremaa, Estland.

Reisen bedeutet Freiheit

Es rückt den Alltag in den Hintergrund, befreit von Routine-Zwängen, schafft Raum für Neues. Das Gefühl, drei, vier leere Wochen – oder auch nur ein Wochenende – mit unseren Inhalten füllen zu dürfen, ganz nach unserem Belieben gestalten zu können, jeden von uns glücklich zu machen. – Das macht mich glücklich.