Was macht man eigentlich so den ganzen Tag, wenn man monatelang mit seinen Kindern durch die Weltgeschichte reist? Wie viel Zeit nehmen die alltäglichen Dinge ein, wie viel bleibt fürs Sightseeing und wie viel – ganz wichtig – geht für die Schule drauf?
Mir war schon klar, als wir diesen Trip planten, dass sich unsere Vorstellungen und die Praxis wahrscheinlich unterscheiden würden, und dass wir unsere Erfahrungswerte aus den drei- bis vierwöchigen Sommerurlauben nicht direkt würden übernehmen können. Aber ich habe es mir doch ein bisschen einfacher vorgestellt mit dem Zeitmanagement. Meine treuen Leser merken es: Zeit fürs Bloggen bleibt jedenfalls nicht viel.

So sieht ein typischer Tagesablauf bei uns aus:

8 Uhr: Aufstehen

So gegen acht Uhr, oft auch ein bisschen später, purzeln wir aus dem Bett. Eigentlich wären wir gern früher auf den Beinen, aber die Kombination aus Zeitumstellung (ab Rumänien ticken die Uhren im engeren Sinne anders) und netten, langen Abenden mit unseren Couchsurfern haben uns in dieser Hinsicht das Genick gebrochen. Dass wir überhaupt noch um acht Uhr aus den Federn kommen, haben wir der Umstellung auf die Winterzeit zu verdanken (die wir übrigens erst drei Tage später bemerkten, als sich das automatisch aktualisierte Navi und die Auto-Uhr widersprachen).

9 Uhr: Frühstück

In den allermeisten Unterkünften bereiten wir unser Frühstück selber zu. Beim Couchsurfing warten wir an Wochentagen meistens, bis sich der normale Familienbetrieb verzogen hat (schließlich wissen wir aus Erfahrung, dass man eigentlich immer spät dran ist und die Kinder am liebsten ohne Störung Richtung Schule befördert). Manchmal frühstücken wir auch gemeinsam mit unseren Gastgebern und teilen unser Müsli und das, was bei den Einheimischen auf den Frühstückstisch kommt.

9.30 Uhr: Schule

Der Stundenplan unserer Jungs richtet sich ganz nach unseren aktuellen Umständen. Wann immer es sich einrichten lässt, nutzen wir die Vormittagsstunden für Schularbeiten in der Unterkunft. Haben wir einen größeren Ausflug vor oder lautet die Abmachung mit unseren Couchsurfing-Gastgebern, dass wir ihr Haus morgens zusammen mit ihnen verlassen, fällt der Unterricht häufiger auch mal aus. Dafür lernen die Jungs umso ausgiebiger, wenn wir beispielsweise eine Woche an einem Ort bleiben und eine Ferienwohnung mieten, und ein prinzipiell schulfreies Wochenende gibt es auch nicht. Im Durchschnitt sitzen wir eineinhalb Stunden pro Tag über Heften und Büchern, der Fünftklässler freilich etwas länger als der Zweitklässler (wofür der Fünftklässler überraschenderweise Verständnis zeigt). Nicht mit eingerechnet sind da die Museumsbesuche (mindestens zwei pro Woche – wir lieben Museen!) und sonstigen Ausflüge, auf denen es natürlich auch Unmengen zu lernen gibt.

11 Uhr: Unternehmungen

Meistens ist es elf, halb zwölf, bis wir dann startklar sind für unser Tagesprogramm. Was wir unternehmen, hängt natürlich immer von unserem Aufenthaltsort ab. Wir mögen eine gute Mischung aus Naturerlebnissen und Stadtrundgängen. Etwa jeden vierten Tag wechseln wir das Quartier. Dann kommt eine längere Fahrtzeit dazu, die wir auch für mündliche Schularbeit nutzen und nach Möglichkeit mit einer längeren Pause unterbrechen, in der wir irgendwas besichtigen. Diese eigentlich eher kleinen Tagesausschnitte sind es, die sich in den Blogartikeln niederschlagen.

13.30 Uhr: Picknick

Zu Mittag essen wir meistens nur eine Kleinigkeit. Im Regelfall schmieren wir schon während des Frühstücks Butterbrote und bereiten Obst und Rohkost-Gemüse vor, was wir dann einfach auf einer Parkbank oder auf einer anderen Sitzgelegenheit in der freien Natur verspeisen. Wenn diese unschlagbar kostengünstige und gesunde Methode aus irgendeinem Grund nicht möglich ist, greifen wir auf Bäckerei-Fastfood oder andere Verpflegungsstellen mit Straßenverkauf zurück. Zu Hause in Deutschland und auch in Großbritannien haben wir das Mittagessen oft ausfallen lassen und sind dafür nachmittags Kaffeetrinken gegangen. Das hat sich in Südosteuropa mangels netter Cafés bisher als frustrierend unmöglich erwiesen.

17 Uhr: Einkaufen

Dieser Posten ist einer der Zeiträuber, die man bei der Planung gerne vergisst. Wir besitzen einen exzellenten Reisekühlschrank mit einem guten Fassungsvermögen von 35 Litern; was nicht gekühlt werden muss, wird in einer handelsüblichen Klappkiste verstaut. Mehr Vorratshaltung ist nicht möglich, und entsprechend ist etwa jeden zweiten Tag ein Supermarkt-Stopp nötig. Nach jedem Länderwechsel kostet das Einkaufen erneut übermäßig Zeit, da wir uns wieder neue Vokabeln erarbeiten müssen. Ist das jetzt richtige Butter oder Margarine? Ist das Joghurt, oder hab ich doch einen Becher saure Sahne in der Hand? Normales weißes Weizenmehl ist einfach der größte Stapel, den es gibt, aber haben die hier auch Vollkornmehl? Supermärkte sind ein spannendes Lernfeld jeder Kultur, aber sie sind auch immense Zeitfresser.

18 Uhr: Spielen

Wenn wir am späten Nachmittag oder am frühen Abend wieder zurück in die Unterkunft kommen, wollen die Jungs verständlicherweise auch endlich mal spielen. Zwischendurch versuchen wir schon immer, ihnen ein halbes Stündchen auf dem Spielplatz zu gönnen – Martin und ich nutzen diese Zeit dann zur weiteren Reiseplanung, oder wir holen uns über das mobile Internet Informationen zu dem einen oder anderen Phänomen, das uns an diesem Tag aufgefallen ist. Die Jungs hängen aber auch mit Vorliebe „zu Hause“ ab (ich bewundere immer noch, mit welcher Selbstverständlichkeit sie diesen Begriff auf jede neue Kurzzeit-Bleibe ausdehnen). Sie haben ihre beiden Spielrucksäcke, einen mit Playmobil und einen mit diversen Kartenspielen. Wenn Zeit und Ort es erlauben, zocken wir damit auch eine Runde alle vier gemeinsam. Allerdings ist dieser Fall in unserer bislang zweimonatigen Reise erst vier oder fünf Mal vorgekommen. Meistens ist für uns Große doch irgendetwas Dringendes zu tun…

19 Uhr: Kochen

Kochen zum Beispiel. Wie alle Nomadenvölker verbringen wir einen signifikanten Teil des Tages mit der Nahrungszubereitung. Quatsch, das hat natürlich weniger mit unserem Nomadendasein zu tun als vielmehr mit dem Anspruch, auch unterwegs günstig und vor allem gesund zu leben. Statt Tiefkühl-Pizza gibt es bei uns in der Ferienwohnung Gemüseeintopf oder Reispfanne, und bei Couchsurfern bereiten wir rituell unsere (zugegebenermaßen weniger vollwertigen) Käsespätzle zu. Natürlich gönnen wir uns auch hin und wieder einen Restaurant-Besuch, um die Küche des jeweiligen Landes kennenzulernen. Aber unser Budget ist beschränkt, und, ehrlich gesagt, sooo eine große Offenbarung war das hier in Rumänien zumindest bisher auch nicht…

20 Uhr: Abwaschen

Eine ganz, ganz leidige Nebenwirkung unserer Art zu Reisen, sind meine Spülhände. Während ich im oft nur lauwarmen, trüben Wasser herumrühre, male ich mir immer wieder den Moment aus, in dem ich nach unserer Rückkehr selig meine Spülmaschine in die Arme schließen kann. Ich werde sie herzen und küssen und nie wieder ein schlechtes Wort über sie verlieren. Zumal die Ausstattung in vielen Apartments so knapp bemessen ist, dass ich nach jeder einzelnen Mahlzeit abwaschen muss, wenn ich zur nächsten von einer sauberen Gabel essen will.

21 Uhr: Abendgestaltung

Der Rest der Routine verläuft wie zu Hause: Martin und ich spielen Schnick-Schnack-Schnuck, und wer verliert, muss die Kinder ins Bett bringen. In Wahrheit ziehe ich meist den moralischen Überlegenheits-Joker, denn ich hab ja schon abgewaschen… (Martins Haut ist ganz empfindlich, deshalb fällt diese Ehre grundsätzlich mir zu).
Die weitere Abendgestaltung richtet sich wieder nach unserer derzeitigen Art der Unterkunft. Bei Couchsurfern beginnt jetzt meistens der gemütliche Teil des Tages. Wir sitzen zusammen und tauschen uns aus über Gott und die Welt, lernen spannende Blickwinkel kennen und teilen unsere Sicht der Dinge auf Europa, das Elterndasein, Reisephilosophie oder was sich auch immer als Thema des Abends ergeben mag. Es ist immer wieder herrlich, diese horizonterweiternden Gespräche zu führen!
Haben wir den Abend in einer kommerziellen Bleibe für uns, beschäftige ich mich zumeist mit der verwaltungstechnischen Dokumentation und Vorbereitung des Schulkrams, mit dem Heraussuchen und Anschreiben neuer Couchsurfer auf unserer weiteren Strecke, mit der Planung des nächsten Tages, dem Lesen von Reiseführern und anderer Leute Reiseberichten über unsere künftigen Ziele, und wenn diese wesentlichen Dinge tatsächlich mal erledigt sind, ganz am Schluss mit dem…

23.30 Uhr: Bloggen

Da bin ich dann meistens schon hundemüde, und entsprechend dauert es lange, bis ich einen Text absondere, mit dem ich zufrieden genug bin, um irgendwann den Button mit der Aufschrift „Veröffentlichen“ zu drücken.