Bei unserem kleinen Spielplatz-Ratespiel auf der family4travel facebook-Seite hat Klaudia gewonnen und sich einen Blogpost über ihr Heimatland Kroatien gewünscht. Ich habe noch so viele tolle Reisegeschichten von unserem großen Abenteuer auf Lager. Die kroatische Hauptstadt ist eine von ihnen, denn Zagreb hat uns echt positiv überrascht!
Was weiß man als Deutscher schon über Zagreb? Ich konnte mir ganz lange nicht einmal merken, dass die Hauptstadt Kroatiens so heißt. Sie liegt relativ weit entfernt von den Urlaubsgebieten entlang der Adriaküste. Und mit herausragenden Attraktionen und Superlativen kann Zagreb auch nicht direkt aufwarten. Aber auf der Strecke von Istrien nach Ungarn liegt es für uns auf dem Weg. Wir finden schnell nette Couchsurfer, die uns für drei Tage beherbergen wollen, und überhaupt: Unbekanntes Terrain erkunden und unsere gegenstandslosen Vorurteile zu überprüfen, ist eine Grundmotivation auf unserer großen Reise durch Europa.
Wir treffen unsere Gastgeber in der Innenstadt. Marina winkt uns zu, während ihr Mann Marko die beiden kleinen Jungs einfängt, die um die Reiterstatue wetzen. Sie zeigt den Volkshelden Ban Josip Jelačić, der 1848 kaisertreu den Aufstand der Ungarn im Habsburgerreich niedergeschlagen hat. „Es sieht viel weniger kroatisch aus, als ich mir vorgestellt habe“, sage ich, als Marko mich bei der Begrüßung nach meinem ersten Eindruck fragt. Seit der vergangenen Woche in Porec und Umgebung assoziiere ich Kroatien architektonisch eher mit „italienisch in schön“, und davon ist hier nichts zu sehen. Mit Blick auf das Stadtbild fühlen wir uns hier eigentlich eher heimisch statt auf Expedition.
Der Mann mit dem Wuschelkopf lacht. „Wie Prag zu heiß gewaschen, sagen die weniger Patriotischen von uns“, beschreibt er seine Heimatstadt. Tatsächlich prägt die lange Zugehörigkeit zum Habsburgerreich bis heute das Straßenbild, und der Vergleich mit österreichischen oder gar deutschen Städten ist nicht weit hergeholt.
Gemeinsam mit Marko, Marina und den Kindern schlendern wir durch die Innenstadt, vorbei an klassizistischen Fassaden, die teils verfallen, teils hübsch renoviert sind. Letzteres überwiegt. Dazwischen befinden sich moderne Geschäftshäuser und Ladenzeilen. Ohne explizit danach zu suchen, sehen wir alle Marken, die wir von zu Hause kennen, aber auch ein paar interessante Boutiquen und junge Lables würden meine Blicke auf sich ziehen, wenn Mann und Kinder nicht wären.
Noch viel auffälliger sind zwei andere Dinge: Die Café-Dichte und deren Füllstand. Beides ist enorm. „Das ist kroatische Mentalität“, erklärt uns Marko. „Viele denken, dass es nur im Sommer voll ist, aber das stimmt nicht. Jetzt im Herbst ist es nicht leichter, einen Tisch zu kriegen. Das sind nämlich fast alles Einheimische.“ Dabei sei es keinesfalls so, dass in Zagreb niemand arbeite, versichert unser Gastgeber. Er lenkt unsere Blicke auf die Tischplatten, auf denen häufig Laptops, Tablets, Akten und andere Dokumente liegen. „Bei uns geht man nicht in den Besprechungsraum im Büro, sondern ins Café“, enträtselt er das Phänomen.
So klein, wie Marko uns bescheiden vermittelt, ist Zagreb übrigens gar nicht. Das Zentrum ist zwar schnell durchwandert, aber durch die verbreitete Landflucht wächst die Hauptstadt kontinuierlich in die Breite. Die Schätzungen liegen bei rund einer Million Einwohner, Tendenz steigend.
Auch Marko und Marina wohnen in einem Reihenhaus am Stadtrand. Das Neubauviertel wirkt, als sei es direkt aus der amerikanischen Vorabendserie importiert und zeigt einmal mehr deutlich Kroatiens Orientierung nach Westen. Während die Jungs gemeinsam auf dem Spielplatz toben, erörtern wir Großen weiter das Leben in unseren Heimatländern.
Marko und Marina haben schon viele Couchsurfer beherbergt, und genau wie wir lieben sie es, kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu finden und ihnen auf den Grund zu gehen. Wie viele Kroaten interessiert Marko sich für Deutschland besonders. Unser Heimatland gilt ihm als Vorbild für sein eigenes, er bewundert die vielgelobte Pünktlichkeit und Effizienz. „Ich hab immer gedacht, in Deutschland herrscht Wohlstand und die Wirtschaft läuft, aber dafür arbeiten die Leute auch von früh bis spät. Dann war ich dort, und die machen um fünf Uhr Feierabend!“ Dass das Leben trotzdem funktioniert – vielleicht, weil man zwischendurch nicht so oft ins Café geht – imponiert ihm.
Bei all dem Geplänkel ist uns natürlich klar, dass wir dem wahren Kern der Volksseele, so es so etwas denn überhaupt gibt, in den wenigen Tagen kaum wirklich nahe kommen können. Aber es macht Spaß, Theorien zu diskutieren. Und uns gefällt jedenfalls das mediterran-leichte Flair, das der imposanten kaiserlich-königlich geprägten Stadt die Schwermütigkeit nimmt und selbst im herbstlichen Großstadtgetümmel Urlaubsstimmung verbreitet.
Sightseeing in Zagreb
Der persönliche Austausch steht bei uns im Vordergrund, wann immer wir das Glück haben, bei Couchsurfern unterzukommen. Deshalb halten sich unsere Sightseeing-Touren in Zagreb in Grenzen. Ein paar Tipps haben wir aber doch für Familien, die in Zagreb Station machen und sich die Stadt ansehen wollen.
Zeitreise im Stadtmuseum
Wer etwas über die kroatische Hauptstadt erfahren möchte, ist im Stadtmuseum goldrichtig. Hier geht es zurück in die Tiefen der Geschichte – buchstäblich, denn praktischerweise wurden direkt im Keller des Museums römische Fundamente entdeckt. Das Museum ist recht klassisch aufgebaut, vermittelt die historische Entwicklung Zagrebs aber recht ordentlich und auch für Kinder gut nachvollziehbar. Die meisten Texte sind auf Englisch übersetzt (außer in der Sonderausstellung, zumindest als wir dort waren).
Stadtspaziergang durch die Altstadt
Die historische Aufteilung zwischen kirchlicher und weltlicher Macht lässt sich – wenn man im Museum aufgepasst hat – selbst heute noch im Stadtbild erkennen. Auf dem Kaptol-Hügel regierten die Bischöfe, auf dem Gradec hatten dagegen Kaufleute und Handwerker das Sagen. Der Konflikt zog sich über die Jahrhunderte, unterbrochen immer wieder durch äußere Bedrohungen. In Gornji Grad auf dem Gradec befindet sich heute das Regierungsviertel, in deren Mitte die Markus-Kirche thront. Dafür befinden sich ganz in der Nähe der Kathedrale auf dem Kaptol heute der tägliche Gemüse- und der Blumenmarkt. Ein Spaziergang von einem zum anderen Hügel führt durch die Unterstadt (Donji Grad) an den meisten Sehenswürdigkeiten vorbei.
Museum der zerbrochenen Beziehungen
Das Museum der zerbrochenen Beziehung ist eines der kuriosesten, die wir bisher besucht haben. Zwar sind hier ganz klassisch Dinge in Glasvitrinen ausgestellt, in Wirklichkeit geht es aber um die Geschichten, mit denen sie verknüpft sind. Musikkassetten, Kronkorken, Spielzeugautos, Thermometer und eine Axt haben alle etwas gemeinsam: Sie stehen in direktem Zusammenhang mit einer Trennung. Warum, haben die Spender der Ausstellungsstücke schriftlich festgehalten (alle Texte sind auf Englisch übersetzt). Natürlich ist das Thema keins, das Kinder so richtig interessiert, aber unsere Jungs fanden es durchaus spannend, sich die betagten Gegenstände anzusehen und selbst zu mutmaßen, was diese mit einer Liebesbeziehung zu tun haben könnten.
Burg Medvedgrad
Wir mögen Städtetrips, aber spätestens am dritten Tag zieht es uns immer wieder raus ins Grüne. Ein schönes Ausflugsziel von Zagreb aus ist für diesen Zweck Burg Medvedgrad. Die mittelalterliche Ruine liegt auf dem Hausberg der Stadt. Der Aufstieg gilt vielen Familien als sonntägliche Verpflichtung, hat uns Marko erzählt. Normalerweise ist der Eintritt frei (wir hatten das Glück, in ein Ritterspektakel zu geraten). Zu sehen gibt es alte Mauern, eine Kapelle und einen Brunnen – und Zagreb von oben.
Übrigens: Wollt ihr euch auch mal einen Blogpost wünschen? Auf der facebook-Seite von family4travel gibt es eine Neuauflage des Spielplatz-Ratespiels. Wer den Standort des abgebildeten Spielplatzes nennen kann, darf das Reiseland des nächsten Berichts bestimmen!
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