Vor ungefähr zwei Wochen lernte ich auf die harte Tour, dass die Fähigkeit, einen Sturz aus Hüfthöhe zu überleben, offenbar kein Qualitätsmerkmal für moderne Mobiltelefone darstellt. Seitdem sind wir auf Reisen ohne Smartphone und können unterwegs nicht mehr auf all die Annehmlichkeiten zurückgreifen, die so ein Ding nun einmal bietet. Zeit zu erzählen, wie wir diesen herben Verlust verkraftet haben.

Zunächst einmal muss ich zugeben: Wir reisen ohne Smartphone (zumindest ohne ein ernstzunehmendes), und das bedeutet zwar einen deutlichen Rückschritt unserer Technisierung, aber keineswegs den völligen Verzicht aufs Internet. Für unsere elfmonatige Reise haben wir unseren Familien-Van mit etlichen internetfähigen Endgeräten gefüllt: Einen großen Laptop, ein altes Netbook und einen Kindle E-Reader haben wir dabei.

Wann immer wir eine neue Ferienwohnung beziehen, stellen wir gleich zu Anfang unsere beiden Standard-Fragen:

  1. Ist das Leitungswasser trinkbar?
  2. Wie lautet das Wifi-Passwort?

Diese Abhängigkeit vom Internet ist nicht alleine meinem Blogger-Dasein geschuldet (ohnehin schreibe ich ja kaum etwas auf dieser Reise). Wir nutzen das Netz zur weiteren Reiseplanung, suchen Couchsurfing-Hosts und Apartments über die gängigen Vermietungsportale, holen Informationen über unsere aktuellen Ziele ein und recherchieren Eintrittspreise, Zwischenstopps und all das. Wenn Martin abends auf dem Satellitenbild schon rausgesucht hat, wo wir morgen für die Stadtbesichtigung am günstigsten Parken, spart das oft nicht nur Geld, sondern auch die noch viel wertvollere Zeit.

Was wir beim Reisen ohne Smartphone vermissen

Solange wir zumindest in unserer Unterkunft über Internet verfügen, sind diese Machenschaften also gesichert. Was uns ohne Smartphone hingegen fehlt, sind folgende Aktivitäten:

  • Instagram
  • Facebook unterwegs
  • Twitter
  • Whatsapp
  • die praktischen Apps von AirBnB und Booking.com
  • google translator mit Schrifterkennung per Foto

Die kleine Kamera im Telefon ist es, die ich beim Reisen ohne Smartphone meisten vermisse. Obwohl die Bildchen bei Instagram mehr oder weniger Spielerei zum Selbstzweck sind, trauere ich der Möglichkeit hinterher, kurze Einblicke in unsere aktuellen Reiseziele zu geben. Und obwohl ich mich – datensicherheitstechnisch von mehreren mahnenden Zeigefingern umgeben – lange gegen Whatsapp gesträubt habe, vermisse ich jetzt auch diese Bequemlichkeit. Um Oma und Opa ein paar Bilder schicken zu können, müssen wir nun grundsätzlich die Karte der großen Kamera am Rechner auslesen und die Fotos für den E-Mail-Versand vorbereiten. Auch der schnelle Upload in die Facebook-Timeline bleibt auf der Strecke.

Für unseren Europa-Trip nutzen wir einen Tarif von HelloMobil, der uns für einen monatlichen Festpreis 12,95 Euro EU-weit 100 Freiminuten, 100 SMS und 300 MB Datenvolumen beschert. Bestimmt gibt es inzwischen sinnvollere Möglichkeiten (Heike von KölnFormat hat da gerade etwas drüber geschrieben). Soweit ich weiß, sollen die Roaming-Gebühren ab nächstem Jahr EU-weit gedrosselt werden, und die Frage erledigt sich ohnehin weitestgehend. Die Möglichkeit, in jeder Unterkunft, in jedem Café, das mit „free Wi-fi“ wirbt, mal eben kurz online gehen zu können, war uns bis zum „Fall von Lissabon“ ohnehin wichtiger als die begrenzten Möglichkeiten unseres Vertrags. Die Geschwindigkeit des mobilen Internets ist arg begrenzt, aber es reicht, um hier mal ein Foto hochzuladen und da mal Wikipedia zu befragen.

Reisen mit Schmalspur-Smartphone

Was also hat sich für uns wirklich verändert, seit wir kein ordentlich funktionierendes Smartphone mehr besitzen? Überraschend wenig. Das liegt in erster Linie daran, dass es Martin gelungen ist, unser veraltetes Samsung Galaxy Ace 2 wieder gangbar zu kriegen. Alles, was das betagte Telefon überforderte, flog runter: Facebook, Instagram, Twitter, Whattsapp ade. Den gesamten Arbeitsspeicher belegt jetzt die Andalusien-Sektion der Osmand App. Dieses kleine Schätzchen ermöglicht es uns nämlich, uns dank GPS auf aktuellen und super genauen Straßen- und Wanderkarten auch offline zurechtzufinden. Im Auto haben wir zwar ein recht patentes Navi*, das uns europaweit in so manche Sackgasse, aber im Großen und Ganzen doch immer ans Ziel gelotst hat. Nichtsdestotrotz sind die gesammelten Stadtpläne Andalusiens in der Mobilversion für uns Gold wert und wiegen im Reisealltag den Verlust der Social Media Apps allemal auf.

Ansonsten durfte nämlich nur die Wikipedia-App bleiben. Denn die verbraucht überraschend wenig Speicherplatz und funktioniert auch unter den eher archaischen Bedingungen hinlänglich gut. Wir brauchen sie fast täglich, um Dinge, die uns unterwegs interessieren, nachzuschlagen. Lebte Kaiser Karl V. nun vor oder nach dem Ende der Reconquista? Und warum genau hat er einen Palast mitten in die Alhambra gezimmert? Ein paar Klicks, zwei bis fünf Minuten geduldigen Wartens, und wir haben zwar nicht die Antwort auf all unsere Fragen, sind aber schon mal erheblich schlauer, als wenn wir uns auf die spärlichen Informationen unseres Audioguides verlassen müssten. So ganz ohne Smartphone würden wir da ordentlich in die Röhre gucken.

Wir steigern uns im Rückschritt

Reisen ohne Smartphone mag dem einen oder anderen hart vorkommen, aber wir können sogar noch härter sein! :) Fünf Tage lang haben wir es sogar völlig ohne Internet ausgehalten. Im Nordosten Andalusiens haben wir nämlich ganz ohne Wlan und auch ohne Handy-Empfang in einer Höhle gehaust. Echt jetzt. Digital detox total. Wie das war, steht hier: Guadix: Als wir zu Höhlenmenschen wurden.

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