Wenn mein kleiner Gastblogger sich an den Rechner setzt, um einen Beitrag zu verfassen, dann fragt er meistens mich: „Mama, worüber könnte ich denn mal schreiben?“ – „Über irgendein Thema, das dich am Reisen interessiert“, gebe ich dann meistens zurück. „Du kannst dir aussuchen, was du willst, denk einfach mal nach!“ Dass er sich diesmal für die Verpflegung entschied, sollte mich eigentlich nicht überraschen. Essen und Trinken ist schließlich etwas, das uns jeden Tag beschäftigt und zu dem auch die Kinder durchaus eine Meinung haben. Geradezu sprachlos gemacht hat mich allerdings die Art und Weise, in der Janis sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Kinder halten uns Eltern immer wieder den Spiegel vor, und in diesem habe ich erkannt, was für Ernährungs-Snobs wir sind. :) Trotzdem habe ich mich nach einem Moment der Eitelkeit entschieden, nicht zu inhaltlicher Zensur zu greifen und den Artikel genau so zu veröffentlichen, wie Janis ihn geschrieben hat. Ein paar Kommentare aber erlaube ich mir einzufügen, damit die Ernährungsgewohnheiten unserer Familie nicht in allzu schlechtem Licht erscheinen…Es ist das erste Mal seit meiner Zeit an der Uni, dass ich Fußnoten verwende. :)

Was wir auf der Reise trinken

Hier blogt Janis (10).

Hier blogt Janis (10).

In Deutschland kann man ohne Bedenken das WASSER aus der Leitung trinken.  Das ist leider nicht überall so. In vielen Ländern kann man das Wasser aus der Leitung nicht trinken, da es Schadstoffe enthält, zum Beispiel in einigen Teilen von Rumänien und Bulgarien, im Kosovo, in Teilen der Türkei und in Albanien. Oft trinken die Einheimischen das Leitungswasser, sagen uns aber, dass wir das nicht machen sollten.[1] Wenn wir das Wasser nicht trinken können, dann holen wir unsere Wasserpumpe raus. Die schrauben wir auf einen großen Wasserkanister, natürlich mit Wasser gefüllt, und trinken dann Flaschenwasser.[2] Wir kaufen auch Säfte, meistens ist es Orangensaft, und manchmal kaufen wir auch so einen Saft, den ich „Gesüff“ genannt habe.[3]

Was wir auf der Reise essen

Beim ESSEN mussten wir von Bio runtersteigen. In den meisten Ländern gibt es nämlich gar kein Bio. Trotzdem achten wir weiterhin auf die Inhaltsliste bei den Produkten. Wir wollen nämlich nicht, dass so viel „Zeug“ da drin ist. Oft sind die Inhaltslisten voll gestopft mit Dingen, die da nicht reingehören. Dann kommt meistens noch dazu, dass wir gar nicht lesen können, ob das jetzt Mist ist oder nicht, weil es auf irgendeiner anderen Sprache ist. Wenn es eine andere Schrift ist, ist das noch schlimmer, in Serbien zum Beispiel, und überall, wo die kyrillische Schrift verwendet wird.[4] Deshalb gehen wir oft in den Lidl und kaufen das, was wir von zu Hause kennen.[5] Dort gibt es oft deutsche Produkte in deutschen Verpackungen, wo nur ein Aufkleber drauf ist, auf dem es in kyrillische Schrift übersetzt ist. Wenn es keinen Lidl oder Kaufland gibt, kaufen wir das, was die kürzeste Inhaltsliste hat.

Fleisch essen wir selten bis nie. Fleisch ist sehr teuer und meistens auch voll gepumpt bis zum Gehtnichtmehr mit irgendwelchen Chemikalien. Das ist ja in Deutschland auch nicht anders.[6]

Essen und Trinken in Restaurants und Cafés

In Restaurants gehen wir nur richtig selten. Wir kochen nämlich meistens selber, weil wir da selber bestimmen können, was da alles rein kommt. Und es ist einfach teurer, ins Restaurant zu gehen. [7]

In Cafés gehen wir öfter. Im Café essen wir ein Stück Kuchen und Mama trinkt einen Cappuccino, wir trinken heiße Schokolade. Kuchen backen ist auf der Reise ja schwer, da es nicht überall die richtigen Zutaten gibt, und man vor allem nicht das richtige Backwerkzeug hat. Manchmal backen wir aber doch Brownies, da reicht nämlich eine Auflaufform. Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit der Häufigkeit, in der wir in ein Café gehen. Es ist nicht zu wenig. Mehr wäre zwar angenehm, aber muss nicht.

Und überall schmeckt der Kuchen anders. In der Türkei haben die manchmal ganz gute Kuchen hingekriegt. In Österreich gab es auch guten Kuchen. In den meisten Balkanländern schmeckt der Kuchen oft bääääh. Da ist meistens zu viel Buttercreme drin, und solches Zuckerzeug als Überzug. Am Balaton an diesem tiefen See gab es ein Café, da hat der Kuchen richtig eklig geschmeckt. In Prizren im Kosovo hatten wir richtig, richtig guten Kuchen! Und natürlich auch in Deutschland.

Sieht so gut aus, ist aber nicht zu empfehlen: ungarische Sahnetorte.

Sieht so gut aus, ist aber nicht zu empfehlen: ungarische Sahnetorte.

Die sanfte Zensur – Mütterliche Einsprüche

[1] Dabei geht es eher nicht um Krankheitserreger im Leitungswasser, sondern um Schwermetalle, die wir dann doch gerne vermeiden.

[2] Die „Wasserkanister“ sind große Plastikflaschen mit acht bis zwölf Litern Wasser, auf die eine Handpumpe geschraubt wird. Dieses Vorgehen haben wir von Rumänien bis in die Türkei als ortsüblich erlebt. Wir haben aber natürlich nie unser Flaschenwasser rausgeholt, wenn wir bei Couchsurfern zu Gast waren, die selbst das Leitungswasser getrunken haben.

[3] Das war so ein Saftmix, den wir in Griechenland einmal hatten.

[4] Das Problem war tatsächlich weniger die Schrift – die kyrillischen und auch die griechischen Buchstaben hatte zumindest ich recht schnell drauf – sondern einfach die slawischen Sprachen, in denen sich wenige Lehnwörter befinden. Ich war immer froh, wenn auf der Verpackung der gesamte Balkan abgefrühstückt wurde und die Inhaltsstoffe auch auf Rumänisch deklariert waren. Die Sprache ist nämlich so nah am Lateinischen, dass sich meine unpraktische Wahl der Zweitfremdsprache am Gymnasium tatsächlich bezahlt machte. :)

[5] Eigentlich bin ich absolut dagegen, Waren quer durch Europa zu karren, und kaufe zu Hause möglichst Produkte aus der Region. Es stimmt aber, dass wir hier aus Bequemlichkeitsgründen oft in deutschen Discountern landen. Dort dauert ein Einkauf nämlich nur eine halbe Stunde, während das Abarbeiten desselben Einkaufszettels in einem lokalen Laden doppelt so viel Zeit in Anspruch nimmt. Verantwortungsvolles Einkaufen ist das natürlich nicht. Erst gestern kam Martin mit spanischem Schinken zurück – in Süditalien. Ich habe mit ihm geschimpft, aber er antwortete: „Ich habe das ganze Regal abgesucht. Das hier war der einzige, in dem kein Glucosesirup oder künstliches Aroma war.“ Lieber lokal oder lieber natürlich – oder lieber gar nicht? Ein Dilemma. Zu Hause kaufen wir unseren Schinken im Hofladen, wo uns die Bäuerin ausführlich die Herstellungsweise erklärt. Auf der Reise müssen wir Kompromisse schließen, auch mit unserem Ernährungsethik- und Umweltbewusstsein. Dieser Punkt hätte einen langen, ausführlichen Blogpost verdient. Dass mich ausgerechnet mein bloggendes Kind darauf gestoßen hat, finde ich bezeichnend.

[6] Boah, haben wir unser Kind erfolgreich indoktriniert. :)

[7] Die Kosten sind, ehrlich gesagt, der Hauptgrund. ;) Würden wir jeden Tag oder auch nur jeden zweiten Tag ins Restaurant gehen, könnten wir uns ein Reisejahr schlichtweg nicht leisten. Wir probieren lokale Spezialitäten, das gönnen wir uns durchaus, und auch die Kinder kosten alles. Aber gerade die sind natürlich froh, dass es meistens eben doch Nudeln mit Tomatensoße, Kartoffelauflauf oder Linsensuppe gibt.

Janis erzählt euch noch mehr…