Kann man Hiddensee mit Kindern als Tagesausflug erkunden? Wir haben es versucht – und ganz gut geschafft, möchte ich behaupten. Auch mit Kindern darf man es ruhig wagen, sich Rügens kleine Schwester an einem einzigen Tag vorzunehmen. Unser Erfahrungsbericht.
Der Tagesausflug nach Hiddensee ist ein Klassiker für den Rügen-Urlaub. Als ich auf der Facebook-Seite von family4travel nach Rügen-Tipps frage, wird mir der Abstecher auf die Schwesterninsel wärmstens an Herz gelegt.
Zuerst habe ich Zweifel: Lohnt sich die Fahrt nach Hiddensee für einen Tag? Sollten wir uns das nicht besser für einen ganzen Urlaub aufheben, oder wenigstens für mehrere Tage? Nach kurzer Recherche ist mir jedoch klar: Ich möchte gern nach Hiddensee, denn da ist es wunderschön. Und in absehbarer Zeit werden wir nicht mehrere Tage für diesen Plan erübrigen können. Also muss ein Tagesausflug reichen.
Wie sich herausstellt, tut er das auch.
Anreise über Schaprode mit der Fähre
Von unserer Ferienwohnung in Kasnevitz bei Putbus aus fahren wir eine gute halbe Stunde bis Schaprode ganz im Westen von Rügen. Dort fahren die Fähren nach Hiddensee ab. Wir nehmen gleich morgens das zweite Schiff um kurz nach acht. (Das erste geht um kurz nach sechs, das ist uns dann doch ein bisschen zu früh.)
Die Tickets haben wir online gebucht. Die Zeit bis zur Abfahrt verbringen die Jungs im warmen Abfertigungsgebäude mit Harry Potter bzw. Perry Rhodan, Martin und ich sehen den Hobbyfischern zu, die in kleinen Booten zum Angelausflug aufs Meer fahren.

Am Fähranleger kann man sein Gepäck in eine Art Bollerwagen umladen – Transportmittel Nummer eins auf Hiddensee.
Die Überfahrt dauert knapp 40 Minuten. Dann sind wir in Neuendorf, dem südlichsten Ort von Hiddensee. Mit uns gehen etliche Feriengäste von Bord, die länger bleiben wollen. Viele haben Fahrräder dabei, die sie als Lastesel benutzen. Andere laden ihr Gepäck im Hafen in einen der inseltypischen Bollerwagen. Dass Hiddensee autofrei ist, stimmt nicht so ganz: Uns sind schon ein paar mehr begegnet als Feuerwehr, Polizei und Ambulanz, die überall als einzige motorisierte Vehikel genannt werden. Aber für Urlauber heißt es jedenfalls laufen, radeln oder bestenfalls mitfahren – letzteres entweder in einer Pferdekutsche oder im Inselbus, der ungefähr einmal in der Stunde in jedem Ort hält.

Auch Handwerker müssen in der Regel auf unmotorisierten Transport zurückgreifen. Hier rattert ein neues Fenster die „Hauptstraße“ von Neuendorf entlang.
Neuendorf, der Ort ohne Straßen
Wir erkunden erst einmal Neuendorf, Hiddensees kurioseste Siedlung. Es gibt eine gepflasterte „Hauptstraße“ und sonst nur Pattwege übers Gras. Die meisten Häuser sind in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet. Hier und da dienen Hecken als Windbrecher. Zäune gibt es kaum, theoretisch könnte man quer über alle Grundstücke latschen. Mich erinnert die Anlage an dänische Ferienhausgebiete.

Die Häuser von Neuendorf sind – bis auf die gepflasterten „Hauptstraßen“ – nur durch Pattwege verbunden und stehen einfach so in der Landschaft.
Am Ortsausgang Richtung Vitte finden wir einen schönen Spielplatz und ein großes Schachspiel. Die Jungs legen eine spannende Partie aufs Pflaster. Ich genieße die Frühlingssonne am Strand, der auf Hiddensee nie weit ist und hier in Neuendorf feinkörnig wie im Bilderbuch.

Am Strand von Neuendorf auf Hiddensee.
Die Dünenheide
Der Mittelteil der Insel ist von einer heidebewachsenen Dünenlandschaft bedeckt. Im Gesträuch wohnen Ringelnattern und Kreuzottern, doch heute lassen sich keine Schlangen blicken. Durch ein Gewirr von kleinen Wegen wandern wir Richtung Vitte.

Die Dünenheide ist der Teil von Hiddensee, der mir am besten gefällt.
Wir kommen an etlichen Ferienhäusern vorbei, die sich bis 1964 in die Dünenheide gemogelt haben. Seitdem darf hier nichts mehr gebaut werden. Das Gebiet steht unter Naturschutz.

Kleine Ferienhäuschen im Nirgendwo. Wer seinen Bollerwagen mit Gepäck bis hierher schieben muss, hat sich seinen Urlaub dann wirklich verdient.
Rund fünf Kilometer weiter erreichen wir Vitte, den Hauptort von Hiddensee. Hier gibt es den einzigen Arzt, den einzigen Buchladen und die einzige Sparkasse der Insel. Auch das kulturelle Leben erreicht hier mit Seebühne, Zeltkino und dem Figurentheater Homunkulus seinen Höhepunkt. Und es gibt zwei Spielplätze: einen kleinen bei der Sparkasse und einen großen im Ortskern am Einkaufszentrum.

Vitte besitzt den größten Spielplatz auf Hiddensee.
Wandern im Dornbusch
Nachdem wir Vitte ausreichend erkundet haben (also nach ungefähr 20 Minuten), steigen wir in den Inselbus und fahren nach Kloster. Das ist nicht weit und kostet uns trotzdem einen Zehner, aber so sparen wir Zeit und Fußsohle für eine Wanderung im Dornbusch. So heißt der nördliche Teil von Hiddensee, der bis auf 72 Meter ansteigt.
Vorher gönnen wir uns noch ein Fischbrötchen im „Bistro am Klostergarten“ direkt am Hafen von Kloster: frisch zubereitet vom Wirt persönlich, der immer einen netten Spruch auf Lager hat (was anscheinend nicht so typisch für die Insel ist; generell gelten die Hiddenseer als mürrisch – wäre ich aber auch, wenn täglich solche Urlauberhorden über meine Heimat hereinbrechen würden, vor allem wenn sie so knauserig sind wie wir).

Auf geht’s in den Dornbusch.
Kloster heißt so, weil hier früher ein solches stand. Nach der Reformation gingen die Mönche ihrer Wege, und die Hiddenseer freuten sich, dass sie das nächste Baumaterial für ihre Häuser nicht übers Meer wuchten mussten. Nur die kleine Kirche ist übrig geblieben von der im Nachhinein eher kurzen Episode insularer Frömmigkeit.
Grieben: Hiddensees kleinster Ort
Wir wandern von Kloster aus zuerst nach Grieben. Das ist der kleinste Inselort, und ehrlich gesagt ist er auch nicht sonderlich spektakulär. Ein paar Häuser, ein sehr kleiner Spielplatz, das war’s. Das verschilfte Ufer ist hübsch anzusehen, und der Ausblick zum Leuchtturm ist nett.

Silas ist guter Dinge: Kurz hinter Grieben rückt der Leuchtturm als Wanderziel schon fast in greifbare Nähe.
Der Leuchtturm von Hiddensee
Dorthin laufen wir als nächstes. Das Wahrzeichen von Hiddensee steht auf der höchsten Erhebung der Insel, dem Bakenberg. Von oben soll man einen herrlichen Blick bis nach Rügen haben. Den haben wir aber auch schon von unten, und so sparen wir uns die 7,50 Euro, die uns das Vergnügen andernfalls kosten würde (Erwachsene 3 Euro, Familien (2+2) 7,50 Euro, jedes weitere Kind 1,50 Euro extra – Achtung: Kinder unter sechs Jahren dürfen den Leuchtturm im Dornbusch nicht besteigen!).

Auch von unten hat man einen herrlichen Blick und entdeckt so einiges.
Steilküste und Fossilien
Zurück laufen wir am Strand, der hier am Fuße der Steilklippe felsig und steinig ist. In den oft mehr als faustgroßen Feuersteinen lassen sich leicht Fossilien entdecken. Wir finden Abdrücke prähistorischer Pflanzen und endlich einen Hühnergott in handlichem Format (einen Feuerstein mit Loch). Die Jungs amüsieren sich köstlich über die runden und bisweilen anzüglichen Formen, die manche Feuersteine in ihrem Entstehungsprozess angenommen haben.

Unser Buddelkind ist auch am Steinstrand glücklich (diese Frisur ist übrigens selbstgewählt und wird vehement verteidigt – leider).
Das Wandern auf diesem Untergrund ist nicht ganz einfach, und wir haben mittlerweile fast 15 Kilometer auf der Uhr. Aber als wir den letzten Küstenbuckel umrunden und der feine Sandstrand vor Kloster in Sicht kommt, wird zumindest Janis schneller, um noch ein paar Minuten buddeln zu können (an dem Kerl ist echt eine Wühlmaus verloren gegangen).
Kloster und das Hotel Hitthim
Das letzte Schiff von Kloster fährt im Frühjahrsfahrplan um kurz nach sechs. Wir haben also noch gut Zeit, um durch Ort und Hafen zu bummeln (wo es Hühnergötter übrigens auch für fünf Euro das Stück zu kaufen gibt, falls jemand zu faul zum Suchen ist). Aber jetzt, wo das Ziel erreicht ist, haben die Jungs zu mehr Spaziergang keine Lust mehr. Also werfen wir keinen Blick auf das Wohnhaus des Schriftstellers Gerhard Hauptmann, der Hiddensee in den 1920er Jahren zu einem angesagten Künstlertreff machte.

Das Hotel Hitthim ist ein stattliches Fachwerkhaus.
Stattdessen trinken wir einen Cappuccino bzw. eine heiße Schokolade im traditionsreichen Hotel Hitthim direkt am Hafen. Das repräsentative Fachwerkhaus hat viele Vertreter jener Künstler-Boheme bewirtet. Von Ringelnatz bis Käthe Kruse kennen auch die Jungs einige. Die Erkenntnis, dass er seinen Nachmittagskaffee im selben Etablissement einnimmt wie einst sein Held Albert Einstein, haut Silas regelrecht von den Socken.
Der merkwürdige Name des Hotels stammt übrigens von einem Wikingerkönig, nach dem auch ganz Hiddensee benannt sein soll. Die Sage von Hitthim (oder auch Hedin) ist in der Speisekarte abgedruckt und vertreibt uns die Wartezeit, bis unser Schiff kommt und uns wieder mit auf unsere große Insel und zurück in die Zivilisation nimmt.
Hiddensee mit Kindern an einem Tag – unser Fazit
Ich bin froh, dass wir den Tagesausflug nach Hiddensee in unser persönliches Rügen-Programm gehoben haben, denn die Insel ist in der Tat wunderschön.
Ebenso froh bin ich aber, dass wir nicht leichtsinnerweise eine ganze Woche gebucht haben. Einen zweiten Tag lang hätte ich mich bestimmt noch auf der Insel beschäftigen können, denn es gibt auch noch ein kleines Museum und – ich hätte ja ein Buch mitnehmen können. Aber dann? Ich glaube, Hiddensee eignet sich wunderbar für Familien, die einfach mal ihre Ruhe haben und/oder den ganzen Tag am Strand verbringen wollen, ohne das Gefühl, dass zahlreiche Attraktionen sie zur Aktion verpflichten.

Kann man mal machen: Die Seele baumeln lassen bei einer Partie Schach (in Neuendorf).
Unser Ding ist das nicht. Wir haben zu viele Hummeln im Hintern. An einem einzigen Tag haben wir alle vier Inselorte bequem entdecken können und sind gefühlsmäßig „gut durch“ mit Hiddensee (obwohl es ganz bestimmt noch einiges zu entdecken gäbe; am südlichen Leuchtturm waren wir zum Beispiel gar nicht, und am kleinen Nationalparkhaus sind wir nur mit dem Bus vorbei gefahren).
Für abenteuerlustige Familien wie uns lautet mein Ratschlag also: Hiddensee? Unbedingt! Aber ein Tagesausflug reicht.

Erinnerung an einen herrlichen Tag auf Hiddensee…
Praktische Tipps für den Tagesausflug nach Hiddensee mit Kindern
Wie kommen wir am besten nach Hiddensee?
Der allgemeine Weg führt über Rügen. Es gibt nur eine Reederei, die Hiddensee anfährt. Die Fähren gehen von Schaprode aus und steuern die drei größeren Ortschaften auf der Insel an: Neuendorf, Vitte und Kloster. Die Fahrt nach Neuendorf ist etwas kürzer und damit auch günstiger. Es gibt auch ein flexibles Ticket, das Ein- und Aussteigen an unterschiedlichen Häfen ermöglicht, und bei dem man sich den Hafen für die Heimfahrt spontan aussuchen kann.
Was kostet ein Tagesausflug nach Hiddensee?
Für Familien (max. zwei Erwachsene und drei Kinder bis 14 Jahre) kostet die Überfahrt von Schaprode nach Neuendorf und zurück am selben Tag 49,50 Euro. Das Flexi-Ticket, das es früher einmal gab, ist heute nicht mehr nötig. Alle Fahrgäste dürfen spontan entscheiden, von welchem der drei Häfen auf Hiddensee sie den Heimweg antreten möchten.
Auch Tagesgäste müssen Kurtaxe zahlen. Sie wird gleich mit dem Kauf des Fährtickets eingezogen. So werden zusätzlich pro Tag 2 Euro für alle Erwachsenen berechnet, im Winterhalbjahr 1,50 Euro. Hunde zahlen immer 50 Cent.
Mit einplanen muss man noch das Parkticket in Schaprode (Tagesticket 3 Euro) oder das Busticket auf Rügen zum Fährort.
Von Ort zu Ort auf Hiddensee: Fahrräder leihen oder Bus fahren?
Wer sich einen ganzen Tag auf Hiddensee aufhalten und nicht einen Großteil der Zeit am Strand verbringen will, wird eher früher als später das Bedürfnis verspüren, den Ort zu wechseln. Die Insel ist klein, und die Siedlungen sind es erst recht. Es ist durchaus auch mit Kindern möglich, von Ort zu Ort zu wandern, wir haben das gemacht.
Schneller geht es mit dem Fahrrad. Fahrradverleihe gibt es jede Menge und schon ab 5 Euro kann man ein Rad leihen. Auch Kinderräder und Fahrradanhänger gibt es in den drei Fährorten quasi an jeder Ecke.
Auch der Inselbus kann praktisch sein, fährt aber nur etwa einmal in der Stunde. Bevor man sich auf ihn verlässt, sollte man genau den Fahrplan studieren.
Was ist, wenn wir die letzte Fähre zurück nach Rügen verpassen?
Dann gibt es immer noch das Wassertaxi. Eine Fahrt zurück nach Schaprode kostet 80 Euro. Und im Notfall ist eine Übernachtung auf Hiddensee sicher auch nicht der Weltuntergang. :)
Welchen Reiseführer sollte ich nach Hiddensee unbedingt mitnehmen?
Natürlich unseren! :) Voilá, hier ist der Familienreiseführer für die gesamte Ostseeküste Mecklemburg-Vorpommerns*.
Insgesamt haben wir 55 Touren zwischen Wismar, Rügen und Usedom für euch erkundet. 14 davon befinden sich auf Rügen, und immerhin drei weitere auf Hiddensee.
Der Link oben bringt euch direkt zur Bestellmöglichkeit bei Amazon (Affiliate-Link*), aber auch zum ausführlichen Blick ins Buch, sodass ich hier gar nicht so viel von den Vorzügen unseres Werkes schwärmen muss. :)
Transparenz-Hinweis: Alles selbst bezahlt, keinerlei Vergünstigungen erhalten – und auch von so etwas lassen wir uns nicht in unserer Meinung beeinflussen. :)
Ohhh das passt ja die wie Faust aufs Auge. Gerade eben diskutieren wir, wie wir dieses Jahr auf Rügen übernachten (Zelt oder Fewo) und was wir alles machen. Neben Störti (Karten vorhin bestellt) steht Hiddensee weit oben auf der Liste, da war ich nämlich noch nie richtig.
Danke für den Beitrag, Hiddensee ist wohl gesetzt.
Liebe Grüße,
Marc
…und weil G. Hauptmann auf Hiddensee so groß Hof hielt, „mussten“ die Thomas Manns in Nida auf der Kurischen Nehrung bauen… Jaja, die großen Geister sind in Wirklichkeit in vielem Kleingeister.
Hihi, ja, als ich zuerst davon las, dass Familie Mann entschied, Hiddensee sei nicht groß genug für zwei große Geister, fand ich das auch reichlich blasiert. Jetzt, wo ich die Insel mit eigenen Augen kennengelernt habe, sehe ich allerdings auch so ein bisschen ihren Punkt. Hiddensee ist halt wirklich ziemlich klein… :D
Die Nehrung ist auch nicht breiter :-)
Aber für ein Genie hat’s wohl gereicht. ;)
Aber für eine einzige Sommerfrische war der Aufwand eher zu groß. Wobei das Haus sehr, sehr schön ist.
Danke für den Beitrag Lena, Hiddensee war ursprünglich mal für Ostern geplant, ich war mir dann aber nicht mehr sicher, wie lange wir bleiben sollen und haben uns für eine andere Insel entschieden. Hiddensee ist jetzt für unsere nächste Tour Richtung Rügen oder Stralsund fest eingeplant. LG, Ines
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