Auf unserem Bayern-Roadtrip hat es uns auch in den allerletzten Winkel der Bundesrepublik verschlagen. Von Bad Reichenhall aus haben wir einen ganz wunderbaren Tagesausflug rund um Berchtesgaden mit unseren Kindern verbracht.
Eine gute Woche sind wir quer durch Bayern unterwegs. Vor allem der Bayerische Wald und München stehen auf dem Programm unseres Familienurlaubs. Unsere Zwischenstation in Bad Reichenhall hat mir aber ganz besonders gut gefallen – und das lag vor allem auch an der wirklich traumhaften Bergwelt rund um Berchtesgaden, die wir einen Tag lang erkundet haben.
Berchtesgaden: Deutschlands Außenposten
Ich kenne den Ort hauptsächlich aus den Erzählungen meiner Großeltern. Mein Opa hat für Berchtesgaden geschwärmt – was zugegebenermaßen wohl auch etwas mit der Alpenidyll-Propaganda zu tun hatte, der er als junger Mann ausgesetzt war.
Bevor ich mich mit dem Thema richtig befassen kann, muss ich erst einmal die ungewöhnliche Schreibweise des Ortes üben, die mir erst im fünften Anlauf fehlerfrei gelingt. Und dann googele ich, woher dieser merkwürdige Ortsname überhaupt kommt. Irgendwas war hier wohl mal eingezäunt, erklärt mir Wikipedia sprachgeschichtlich den Wortteil „gaden“. Der erste Teil des Ortsnamens nimmt vermutlich Bezug auf „Frau Perchta“, eine germanisch-slawische Göttin, die später zur Sagengestalt degradiert wurde (vergleichbar mit Frau Holle in Mitteldeutschland).
Heute möchte Berchtesgaden freilich weder mit Opas Nazi-Romantik noch mit heidnischen Gottheiten verbunden werden, sondern für sich selber stehen. Die kleine Stadt hat inzwischen knapp 8000 Einwohner. Geschichtlich belastbar geht sie auf eine Klosterstiftung im Mittelalter zurück. Mit Einsetzen des Tourismus im 19. Jahrhundert wuchs das Interesse an der Alpengemeinde in bildschöner Umgebung, und trotz Höhen und Tiefen ist das bis heute so geblieben.
Dokumentation Obersalzberg
Von unserem Hotel in Bad Reichenhall aus ist es etwa eine halbe Stunde Fahrzeit bis nach Berchtesgaden.
Unsere erste Station hat dann doch wieder viel mit dem dunklen Kapitel der Berchtesgadener Geschichte zu tun. Wir sehen uns die Dokumentation Obersalzberg an, die Ausstellung über die Reichskanzlei-Außenstelle, in die Adolf Hitler im Dritten Reich sein „Ferien-Paradies“ am Obersalzberg bei Berchtesgaden verwandelt hat.
Als Historikerin interessiert mich das brennend, aber im Vorfeld habe ich lange mit mir gerungen: Ist die Dokumentation Obersalzberg was für Kinder?
Meine Ansprechpartnerin bei der Tourist-Information hat extra im Bekanntenkreis für mich herumgefragt und kam zu dem Ergebnis: eher nein. Zum einen ist das Thema an sich schwer verdaulich und auch innerhalb der NS-Geschichte recht speziell. Zum anderen ist die Ausstellung recht trocken, besteht zum Großteil aus textlastigen Stellwänden. Viele Bauwerke des Komplexes sind nach den Sprengungen der Alliierten unmittelbar nach dem Krieg nicht mehr übrig.
Aber dann nimmt mir Silas die Entscheidung ab, indem er unmissverständlich klarstellt: „Ich finde, als Deutscher sollte man darüber einfach Bescheid wissen.“ Und wenn der 10-Jährige sich gerne an einem Ort des Geschehens mit der Nazi-Vergangenheit seines Heimatlandes auseinandersetzen möchte, dann bin ich die Letzte, die das verhindert.
Auch wir Großen lernen also eine Menge darüber, wie sich das Alpenpanorama und Hitlers Weltbild gegenseitig beeinflusst haben. Janis stromert auf eigene Faust durch die Ausstellung und macht uns auf einen sehr informativen Film aufmerksam, der in einem Séparée gezeigt wird. Und als wir später an moosbewachsenen Fundamenten vorbeiwandern, hilft uns das Wissen aus der Ausstellung bei der Orientierung und Einordnung des Entdeckten.
Praktische Infos zur Dokumentation Obersalzberg
Adresse: Obersalzberg.
Parken: kostenpflichtiger Großparkplatz (bei uns waren die Automaten außer Betrieb, deshalb weiß ich nicht, wie viel es normalerweise kostet).
Öffnungszeiten: täglich 9 bis 17 Uhr, von November bis März nur 10 bis 15 Uhr und montags geschlossen.
Eintritt: Erwachsene zahlen 3 Euro, Kinder, Schüler, Studenten und Lehrer haben freien Eintritt.
So lange braucht man: je nach Durchhaltevermögen 30 – 90 Minuten. Mehr Informationen auf der Webseite.
Wandern zum „Windbeutelbaron“
Das Schwergewicht historischer Bildung gleichen wir aus mit einem ausgedehnten Spaziergang an der frischen Luft. Das passt prima zusammen, denn direkt am Dokumentationszentrum beginnt der Carl-von-Linde-Wanderweg. Der führt 5,4 Kilometer weit bis zur Scharitzkehlalm. Es geht durch den Wald, vorbei an einigen kaum erkennbaren Ruinen-Fragmenten, und dann stehen wir am Hang und genießen einen wirklich beeindruckenden Ausblick auf Berchtesgaden und Umgebung.
Bis zur Scharitzkehlalm halten wir aber nicht durch. Unser Wendepunkt ist heute nach rund drei Kilometern der „Windbeutelbaron“. Das traditionsreiche Gasthaus heißt eigentlich „Café Graflhöhe“, aber der Spitzname ist Programm. Windbeutel gibt es hier in allen Variationen, nicht nur süß, sondern auch herzhaft.
Janis probiert einen „Nürnberger Riesenwindbeutel“ mit Würstchen und Sauerkraut und ist davon recht angetan. Der Rest unserer Reisegemeinschaft wählt ein konservativeres Mittagessen. Silas und ich teilen uns superleckere Spinatpfannkuchen und Kaiserschmarrn und tauschen auf der Hälfte. Das Preisniveau ist ganz in Ordnung für eine Ausflugsgaststätte. Immerhin gibt es den Wahnsinnsausblick auf den Watzmann gratis oben drauf.
Praktische Infos zum „Windbeutelbaron“
Adresse: Scharitzkehlstr. 8 in Berchtesgaden.
Parken: geht auch direkt vor der Tür. Hinlaufen ist aber echt viel schöner!
Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr.
Übrigens gibt es auch viele Angebote extra für Kinder und im Sommer einen Bobbycar-Fuhrpark.
Achtung: Es ist nur Bar-Zahlung möglich.
Mehr Infos gibt es auf der Webseite.
Wandern durch den Zauberwald
Eigentlich hatten wir für heute noch den Königssee im Auge. Der einst schwer zugängliche Bergsee mit den Alpengipfeln drum herum gehört heute allerdings zu den Must-Sees der Region und verfügt über eine entsprechende Infrastruktur. Wir gucken uns auf dem Satellitenbild den riesengroßen Busparkplatz an und entscheiden uns dagegen.
Stattdessen wählen wir kurzentschlossen einen kleinen Spaziergang durch den Zauberwald. Das Gelände rund um den Hintersee ist uns ebenfalls beim Blick auf das Satellitenbild aufgefallen, und beim Namen des Sees klingelte es: Den haben uns doch gerade erst andere Eltern, die wir im Hotel im Bayerischen Wald getroffen haben, als besonders familienfreundlich empfohlen.
Hier parken wir kostenlos auf einem kleinen Parkplatz an der Straße und wandern dann in ein wirklich idyllisches Waldgebiet hinein. Es entstand vor mehreren tausend Jahren durch einen gewaltigen Bergrutsch. Heute führt ein Naturlehrpfad hindurch. Wir stromern am Seeufer entlang und klettern auf große Felsbrocken (ja klar, alle Mann!). Am schönsten ist der Rückweg, der direkt neben der Ramsauer Ache verläuft, einem reißenden Wildbach.
So schön unsere Mittags-Runde zum Windbeutelbaron auch war – dieser kleine Nachmittagsspaziergang ist unser absolutes Highlight!
Praktische Infos zum Wandern im Zauberwald
Das Gelände ist frei zugänglich.
Parken: Für unseren kostenlosen Parkplatz vermerkt GoogleMaps die Adresse Hinterseer Str. 104 in Ramsau.
Wandern: Der Weg beginnt am Anfang des Parkplatzes (Richtung Berchtesgaden). Ich weiß leider nicht mehr ganz genau, wie weit der Rundweg ist – zwei Kilometer? Drei Kilometer? Er eignet sich jedenfalls auch schon für kleinere Kinder, wobei man die am Wildwasser schon gut im Blick haben sollte.
Mehr Erfahrungen und Tipps für Berchtesgaden und Umgebung
Ich hab mich auch wieder bei meinen Kollegen umgeschaut und manches Reiseblog mit Berchtesgaden-Tipps aufgestöbert. Eine Zweitmeinung aus einem anderen Blickwinkel ist schließlich nie verkehrt.
- Tanja von takly on tour war mit Baby am Hintersee unterwegs.
- Katja vom WellSpa Portal hat sich durch den Touristen-Dschungel vom Königssee gekämpft und hat ein paar Tipps dafür parat.
- Alexandra von LevartWorld ist mit Kind über den Königssee gefahren und am anderen Ende gewandert (und bei ihr klingt das doch schon wieder so, als wäre das auch für uns eine prima Idee gewesen…).
- Einen besonders schönen Bericht hat Ariane von Heldenwetter über Königssee und Hintersee geschrieben.
- Anita von Travelita hat eine viertägige Hütten-Wandertour durch den Nationalpark Berchtesgaden gemacht.
- Biggi und Flo von den Phototravellers haben die allerbesten Fotospots im Berchtesgadener Land ausfindig gemacht und getestet.
- Und noch einen richtig guten Tipp für Familien ganz in der Nähe des Hintersees haben die Familienreiseblogger von Adventure & MOre: das Klausbachtal.
Mehr Erfahrungen und Tipps für Bayern mit Kindern
Selbst habe ich auch noch eine ganze Reihe weiterer Reiseberichte aus Bayern mit Kindern.
- #f4tBY: Unser Bayern-Roadtrip in den Herbstferien
- Bayerischer Wald: 6 Familien-Abenteuer
- Bad Reichenhall: Alpenblick, Sole und Kultur im Familien-Paket
- München mit Kindern: Wie man aus Regenwetter das beste macht
- Und weitere Erfahrungsberichte aus Bayern könnt ihr der Karte entnehmen (die früher hier eingebunden war, was aber wohl nicht mehr kompatibel mit der neuen europäischen Datenschutzverordnung ist, weshalb ich die übersichtliche GoogleMaps-Karte mit unseren Bayern-Berichten nur noch schlicht und unauffällig verlinke: Unsere persönliche Bayern-Reise-Karte (klick). Unsere Erfahrungsberichte aus ganz Deutschland gibt es hier:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere geballten Tipps
Obwohl ich viele Stunden daran arbeite, sind hier im family4travel-Blog alle Informationen kostenlos. Ich würde mich aber riesig freuen, wenn du dich für meine Fleißarbeit und meine Bereitschaft, unsere eigenen Erfahrungen in Worte zu fassen und zu teilen, bedanken möchtest.
Mit dem Erwerb meines E-Books „Familienurlaub in Bayern. Inspirationen für 8 tolle Reiseziele mit Kindern“ kannst du dabei auch dir selbst noch etwas Gutes tun. Das Buch umfasst nämlich nicht nur all unsere persönlichen Erfahrungen in überarbeiteter Form auf 92 Seiten, sondern auch noch ein umfangreiches Verzeichnis: 153 andere authentische Erfahrungsberichte in 32 Reiseblogs zum Thema Familienurlaub in Bayern. Detailliert vorgestellt habe ich das Projekt in diesem Bericht (klick). Schnell kaufen kannst du es hier: [ebook_store ebook_id=“13784″]
Transparenz-Hinweis: Unser Programm in Bad Reichenhall und Berchtesgaden haben wir in Zusammenarbeit mit der dortigen Tourismusförderung erstellt und mussten deshalb als Reiseblogger im Dokumentationszentrum keinen Eintritt bezahlen. In der Berichterstattung sind wir aber völlig frei, und unsere Meinung beeinflusst dieser Fakt nicht.
Family4travel ist ein unabhängiges Reiseblog für Familien. Hier stecken unzählige Stunden Arbeit, Expertenwissen und Herzblut drin. Um auch weiterhin werbefreie, aufwändig recherchierte, aktuelle und hilfreiche Inhalte veröffentlichen zu können, biete ich Menschen mit sozialem Bewusstsein die Möglichkeit zur Unterstützung über Steady. Informiere dich, wie du Mitglied im Familienkreis werden und von handfesten Vorteilen profitieren kannst! → Klick!
Der Zauberwald und der Hintersee sind für mich eine der schönsten Gegenden in ganz Deutschland. Dafür kann man den Königssee (der auch sehr beeindruckend ist) schon mal links liegen lassen :) Vielen lieben Dank für den Link!
Ich denke auch, wir haben in der Kürze der Zeit die richtige Entscheidung getroffen. :) (Aber irgendwann mal sehen möchte ich den Königssee doch auch.)
Ja, solltet ihr, der ist wirklich wunderschön, und ich finde man muss ihn einfach mal gesehen haben. Klingt aber so, als hättet ihr mit dem Zauberwald und Hintersee auch einen Glückstreffer gelandet.
Der Königssee steht auf der Liste! ;) Aber der Zauberwald war auch wirklich, wirklich schön!
Wir waren Ende September für eine Woche im Berchtesgadener Land unterwegs und waren davon sehr angetan. Ich fand den Touristenanstrum am Königsee damals nicht übermäßig schlimm, dafür die Tour über den See sehr schön. Ich glaube, dass muss man einfach mal gemacht haben, genauso wie mit dem Fahrstuhl zum Kehlsteinhaus rauffahren.
Danke für deine Einschätzung! Ich hab inzwischen jetzt mehrmals gelesen, dass sich der Ansturm wohl auch verläuft. Wenn wir das nächste Mal in der Gegend sind, kommt der Königssee auf jeden Fall ins Programm!
Sehr spannend, dass Ihr Euch dem Obersalzberg angenähert habt. Wir waren vor ca. 2000 Jahren mal in der Gegend; ich meine, damals gab es das Dokumentationszentrum noch nicht. Aber nach allem, was ich bei Dir lese, glaube ich, wir müssen uns mal wieder auf den Weg in diese Gegend machen (sind ja immerhin bereits im Süden) – ebenfalls mit den nicht mehr ganz kleinen Kindern.
Danke für die Info!
Maria
Ja, vor allem, wenn der Weg nicht ganz so weit ist, lohnt sich das auf alle Fälle!
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Windbeutel mit Sauerkraut sind echt eine Nummer! Aber der Laden ist wirklich klasse, auch die Aussicht!
Liebe Grüße
Gela
Ich hab gesehen, ihr seid bei den süßen Varianten geblieben. ;) Aber ja, an diesen Besuch denke ich gerne zurück.
[…] leicht zu erreichen gewesen, aber uns fehlte die Zeit. Dort war aber Lena mit ihrer Family4Travel. Sie hat auch den Zauberwald besucht, der mir leider entgangen […]