Unsere Osterferien haben wir in diesem Jahr mit einem ganz klassischen Familienurlaub auf Rügen verbracht: mit ganz viel Natur, denn davon besitzt Deutschlands größte Insel jede Menge. Auch wenn die Bäume zu dieser Jahreszeit noch kahl sind und der Wind uns bei einstelligen Temperaturen um die Ohren pfeift, macht ein Familien-Wanderurlaub auf Rügen auch im Frühling Spaß! (Und am Ende des Artikels verrate ich, welchen Ostsee-Reiseführer für Familien ich wärmstens empfehlen kann. – Meinen eigenen nämlich…)

Wir haben viel erlebt auf unserem Kurztrip. Hier sind unsere Tipps für den Familienurlaub auf Rügen in den Osterferien.

Ein Muss: die Kreidefelsen

Wer an Rügen denkt, hat sofort die Kreidefelsen vor Augen. Berühmtester Ausblick ist der Königsstuhl, eine 118 Meter hohe Klippe über dem Meer. Dorthin kommt man entweder zu Fuß oder mit dem Bus. Wir hatten es vor, haben dann aber doch umdisponiert (weil Martin seine raren Urlaubstage auch noch dazu nutzen musste, krank zu werden). Stattdessen sind die Jungs und ich alleine eine kleine Runde durch den Nationalpark Jasmund gewandert. Von Sassnitz aus Richtung Wissower Klinken am Hochuferweg – das ist auch wunderschön!

Die "richtigen" Wissower Klinken sind vor ein paar Jahren abgestürzt. Was noch da ist, ist bezaubernd genug. Selbst in der Wintersaison.

Die „richtigen“ Wissower Klinken sind vor ein paar Jahren abgestürzt. Was noch da ist, ist bezaubernd genug. Selbst in der Wintersaison.

Wandern in der Granitz: rund ums Jagdschloss

Das Waldgebiet im östlichen Teil der Hauptinsel gehört zum Biosphärenreservat Südost-Rügen. Zwischen Jagdschloss und Steilküste gibt es auch hier die Möglichkeit zu ausgedehnten Spaziergängen. Hauptattraktion ist freilich das Jagdschloss Granitz. Das hat außerhalb der Saison allerdings montags geschlossen, und so haben wir es nicht besichtigt (außerdem ist die Besteigung der schmiedeeisernen Wendeltreppe im Turm eine traumatische Kindheitserinnerung für mich). Absolut empfehlenswert aber ist der Besuch der kleinen Ausstellung über Flora und Fauna im Biosphärenreservat, die zu Füßen des Schlosses im ehemaligen Forsthaus gezeigt wird (gratis). Direkt daneben befindet sich ein sehr schöner Spielplatz.

Das Jagdschloss Granitz ist einer von Rügens Touristenmagneten. Aber man muss gar nicht rein gehen, um dort eine gute Zeit zu verbringen.

Das Jagdschloss Granitz ist einer von Rügens Touristenmagneten. Man muss es nicht einmal von innen sehen, um dort eine gute Zeit zu verbringen.

Schick und mondän: Binz und Sellin

Ich bin ein großer Fan der Bäderarchitektur und kann mich an den weißen Villen mit ihren filigranen Balkonen gar nicht satt sehen. Deshalb stürzen wir uns ins Getümmel, denn die volle Dröhnung gibt es nur in den Seebädern im Nordosten von Rügen. Binz ist größer und voller und erinnert uns ein bisschen zu sehr an Kühlungsborn. Sellin ist überschaubarer, hat die schickere Seebrücke und am Kurpark einen netten Spielplatz (auf dem die Jungs ihren weitgereisten orangen Rucksack liegen lassen, der daraufhin für immer aus unserem leben verschwindet, buhuhuu). Beide Orte sind (wie Familienurlaub auf Rügen generell) teuer. 4 Euro für ein Stück Kuchen ist normal.

Noch so ein Postkartenmotiv (das natürlich bei besserem Wetter auch besser gewirkt hätte): die Seebrücke von Sellin.

Noch so ein Postkartenmotiv (das natürlich bei besserem Wetter auch besser gewirkt hätte): die Seebrücke von Sellin.

Geschichte am Strand: der Koloss von Prora

Auf einer Länge von viereinhalb Kilometern reihen sich hier die Blöcke aneinander, in denen bis zu 20.000 brave nationalsozialistische Arbeiter gleichzeitig Kraft durch Freude schöpfen sollten: KdF. Dann kam der Krieg dazwischen, die Bauarbeiter wurden abgezogen und das „Nazi-Bad“ hat es so nie gegeben. Später zogen in Teilen der Gebäude erst Luftwaffenhelferinnen, dann Flüchtlinge und schließlich die Rote Armee ein. Auch die „Spaten-Soldaten“ der DDR, die den Dienst an der Waffe verweigerten, haben traumatische Erinnerungen an diesen Ort. Nach dem Verfall der letzten Jahrzehnte wird ein großer Teil des Komplexes nun zu exklusiven Ferienwohnungen ausgebaut. Schon jetzt kann man in der Jugendherberge dort nächtigen. Hinter der Platte beginnt gleich herrlichster Sandstrand. Wir haben die Ausstellung linker Hand an der Jugendherberge besichtigt (4 Euro für Erwachsene, Kinder bis 12 Jahre frei, plus 4 Euro Parkgebühr). Durchaus interessant, aber da sie sich großteils auf Stellwände beschränkt, würde ich sie anderen Familien nicht empfehlen. Im Zentrum (Block III), wo mehr Leben herrscht, gibt es das Dokumentationszentrum Prora. Die quietschige Werbung hat mich abgeschreckt, aber vielleicht ist deren Ausstellung besser (Familienkarte 2+x kostet 14 Euro, plus 2 Euro Parkgebühr).

Einen schönen Artikel über die Geschichte von Prora gibt es übrigens bei den North Star Chronicles.

Hier passt das trostlose Wetter ins Bild: der Kilometerbau von Prora VOR der Sanierung. An einigen Ecken wird das Nazi-Erbe schon kräftig gebaut und aufgehübscht.

Hier passt das trostlose Wetter ins Bild: der Kilometerbau von Prora VOR der Sanierung. An anderen Ecken wird am Nazi-Erbe schon kräftig gebaut und aufgehübscht.

Tagesausflug nach Hiddensee

Von Schaprode aus legen mehrmals täglich Fußgängerfähren zu Rügens kleiner Schwesternisel ab. Ein Tagesausflug lohnt sich auf jeden Fall. Über unseren Inseltag gibt es einen separaten Blogbericht:

Der Leuchtturm auf dem Dornbusch ist Hiddensees Wahrzeichen.

Geheimtipp: Mönchgut

Nur wenige Urlauber verlaufen sich auf den langgezogenen Ostzipfel der Insel, und in der Vorsaison sind wir fast alleine. Wie der Name schon sagt, war Mönchgut früher Klostereigentum. Heute gibt es durchaus Ferienwohnungen und Hotels auf den sanften Hügeln der schmalen Landzungen, aber alles geht gemächlicher zu als an Rügens großen Touristenattraktionen. Beim Spaziergang durch die Hügel auf Groß Zicker haben wir immer irgendwo das Meer im Blick.

Groß Zicker, Mönchgut, Rügen.

Wo man auch steht (oder sitzt), man blickt aufs Meer. Auf Groß Zicker ist das Wasser nie weit. (Da war er noch bei uns, unser lieber kleiner oranger Rucksack…)

Zeitreise in Rügens Frühgeschichte

Schon in der Steinzeit war Rügen dicht besiedelt. Hunderte Hügelgräber aus dem Neolithikum zeugen von den früheren Inselbewohnern. Die meisten sind in den vergangenen Jahrhunderten geplündert worden und pragmatischen Pflügen zum Opfer gefallen. Trotzdem sind immer noch so viele übrig, dass wir auf unseren Wanderungen praktisch an jeder Ecke einem Hügelgrab, einem Dolmen oder einem Ringwall aus slawischer Zeit begegnen. Wer sich die volle Dröhnung Prähistorie in möglichst kurzer Zeit geben will, folgt auf der Fahrt vom Mönchgut nach Putbus dem Schild „Großsteingräber“ nach Lancken-Granitz. Hier reihen sich vier sehr gut erhaltene Großsteingräber aneinander, verbunden durch einen kleinen Wanderweg. Jenseits der Straße gibt es noch mehr prähistorische Spuren, so dass man mit Hin- und Rückweg (selbe Strecke oder an der Straße entlang) auf vielleicht zwei Kilometer kommt. Der Zugang ist kostenlos, sogar das Parken!

Oft sind Großsteingräber ja nur ein paar große Steine in der Landschaft. Bei Lancken-Granitz kann man noch ein bisschen mehr erkennen.

Oft sind Großsteingräber ja nur ein paar große Steine in der Landschaft. Bei Lancken-Granitz kann man noch ein bisschen mehr erkennen.

Putbus: Rügens weiße Stadt

„Oh, sind wir etwa in Bad Doberan?“ ruft Janis aus, als wir durch Rügens alte Residenzstadt fahren. Tatsächlich hat Fürst Wilhelm Malte I. Doberan und Heiligendamm im Hinterkopf gehabt, als er die Neuplanung seines Regierungssitzes 1810 in Auftrag gab. Am Markt sind die weißen Logierhäuser in einem Oval um den Platz gruppiert. Am Circus nebenan, der englischen Stadt Bath nachempfunden, bilden sie einen Kreis um eine kleine Parkanlage. Jedes Haus ist mit einer Plakette bestückt, die seine Funktion in der Vergangenheit beschreibt. Das Putbusser Schloss hat die DDR nicht überlebt, aber der ausgedehnte Schlosspark ist noch da. Wir schlendern an einem regnerischen Vormittag hindurch. Im Sommer muss es hier herrlich sein.

Putbus Circus auf Rügen

Ein großer runder Platz, in der Mitte ein Park, weiße Stadtvillen drum herum: Putbus.

Ausflug nach Stralsund

Wer Familienurlaub auf Rügen machen will, fährt fast zwangsläufig durch die Stadt Stralsund, wo die Rügenbrücke aufs Festland trifft. Nicht nur für Regentage bietet sich ein Ausflug in die hübsche Hansestadt an. Das Rathaus mit dem prächtigen Schaugiebel lohnt einen Blick nach oben, und in den schmalen Gassen locken Boutiquen und Klimbimläden, gerne mit einem skandinavischen Touch. Besondere Hingucker sind die Haustüren der Altstadt, die oft wahre Kunstwerke sind, eingerahmt von Backsteinfassaden.

Ein tagesfüllender Tipp für Familien ist das Ozeaneum, eine Mischung aus Meeresmuseum und Aquarium, das sich ebenfalls direkt in Stralsund befindet.

Quallen im Ozeaneum.

Auge in „Auge“ mit einem Schwarm von Quallen.

Doof an Rügen: Abzocke beim Parken

Nachdem ich so viel geschwärmt habe, kann ich mir nicht verkneifen, auch einen großen Schönheitsfehler an Rügen als Urlaubsziel zu benennen. Das Parken ist (fast) überall unverschämt teuer! Auf dem Parkplatz beim Jagdschloss Granitz wollte man allen Ernstes 7 Euro für ein Tagesticket von uns haben (darin enthalten wäre eine Fahrt mit der Touristenbahn bis vor die Haustür, ob wir wollten oder nicht). Auch in Prora zahlt man am Westabschnitt schon im Frühling 4 Euro fürs Parken, selbst wenn man es nur auf einen kurzen Strandspaziergang abgesehen hat (im Ostteil kann man immerhin schon für 2 Euro parken und zwei Stunden stehen bleiben). Vom Kap Arkona haben wir so wüste Parkplatz-Storys gehört, dass wir gar nicht erst hingefahren sind.

Als Angehöriger eines Urlaubsgebiet-Bewohners (Oma und Opa wohnen im Nachbardorf von Heiligendamm) habe ich durchaus Verständnis dafür, wenn Stellplätze rar sind und deshalb etwas kosten, und Ferien-Falschparker konsequent mit Knöllchen versorgt werden. Auch dass man ab und zu mal vergisst, dass man die gute Infrastruktur vor Ort (und wahrscheinlich auch seinen Arbeitsplatz) den Touristenhorden verdankt und den Invasoren nicht immer mit Gefühlen reinster Wonne und ausgesuchter Höflichkeit begegnet – geschenkt, kenn ich selber. Aber Rügen übertreibt es damit.

Dass ich mit dieser Ansicht nicht allein bin, zeigt eine Anekdote aus Holger Teschkes (hervorragender) „Gebrauchsanweisung für Rügen und Hiddensee“*, der sich in Südkorea dem deutschen Botschafter gegenüber als Rüganer outet. Prompte Reaktion des Botschafters: „Ah, die Abzockerinsel.“

Da Rügen außer dem Tourismus kaum Einnahmequellen hat und als strukturschwache Region gilt, ist es einerseits verständlich, dass man den Urlaubern das meistmögliche abverlangen möchte. Andererseits kommt man als Besucher nicht umhin, sich wiederholt an seinen Status als Melkkuh erinnert zu fühlen.

Umso empfehlenswerter, sich auf Rügens Naturschönheiten ab vom Schuss zu konzentrieren. Sollten wir noch einmal nach Rügen reisen, würde ich uns eine Ferienwohnung im Westen suchen und lieber den Teil der Insel erkunden, der vom Tourismus noch nicht allzu sehr umgekrempelt worden ist.

Bäderarchitektur in Sellin.

Da, wo es besonders schön ist, ist es natürlich auch besonders teuer. Bäderarchitektur in Sellin.

Und ein ganzer Reiseführer!

Noch mehr Tipps für Ausflüge ins Grüne inklusive fertig ausgearbeiteter und selbsterprobter Tourenvorschläge für Wanderungen, Fahrradtouren und Kanu-Abenteuer gibt es – so viel Eigenwerbung muss erlaubt sein – in unserem neuen Familienreiseführer für die Mecklenburger Ostseeküste*.

Ostsee mit Kindern, Reiseführer von Lena Marie Hahn und Stefanie Holtkamp

Insgesamt haben wir 55 Touren zwischen Wismar, Rügen und Usedom für euch erkundet. Auf Rügen befinden sich 14 davon – genug für mindestens einen langen Familienurlaub!

Der Link oben bringt euch direkt zur Bestellmöglichkeit bei Amazon (Affiliate-Link*), aber auch zum ausführlichen Blick ins Buch, sodass ich hier gar nicht so viel von den Vorzügen unseres Werkes schwärmen muss. :)

Mehr Erfahrungsberichte vom Familienurlaub auf Rügen

Hier im family4travel-Blog gibt es mittlerweile folgende weitere Erfahrungsberichte über Familienurlaub auf Rügen:

ostsee rügen wissower klinken

Rügen ist mit Kindern auf jeden Fall ein schönes Urlaubsziel!

Das haben andere Familienreiseblogger über ihre Ferien auf Rügen geschrieben:

  • Travelsanne hat einen super Beitrag über die verschiedenen Strände von Rügen geschrieben.
  • Früher war hier ein wunderbar ehrlicher Artikel über Rügens negative Seiten im Familienurlaub von Jenny und Andi von Travelisto verlinkt. Inzwischen hat die Familie aber eine durch und durch schöne Reise nach Rügen im Winter erlebt (in Kooperation mit Rügens Tourismusförderung) und den ambivalenten Beitrag gelöscht. Schade eigentlich.
  • Gabi von den 5Reicherts war mit dem Wohnmobil entlang der Ostseeküste unterwegs und hat dabei auch über ihre Erfahrungen auf Rügen geschrieben: Ostseeküste im September 2012 – von da aus kann man sich durchklicken.
  • Christina von MrsBerry war im Gegensatz zu uns am Königsstuhl  und hat von ihrem Familienurlaub auf Rügen noch mehr Reisetipps mitgebracht.
  • Tanja von Spaness hat Rügen-Tipps für alle Jahreszeiten.
  • Und dann habe ich noch ein paar Hoteltipps von Bloggern, die mit und ohne Kinder auf Rügen waren: Sophie von BerlinFreckles hat mit Baby und Kleinkind schwimmende Ferienhäuser getestet, und auch Britta schwärmt im Looping-Magazin davon.  Ellen von Patotra hat ein familienfreundliches Wellness-Hotel auf Rügen gefunden.
  • Unsere eigene Ferienwohnung bei der Familie Raffelt in Kasnevitz bei Putbus kann ich übrigens auch wärmstens empfehlen!

Transparenz-Hinweis: Unser Familienurlaub auf Rügen wurde von keiner Seite finanziell oder durch Sach- oder Dienstleistungen unterstützt (Ausnahme: Ozeaneum, siehe Beitrag). Dessen ungeachtet bleibt unsere Meinung eh immer unabhängig.