Die gute Nachricht zuerst: Viele, wenn nicht die meisten Sehenswürdigkeiten in Irland sind frei zugänglich. Und das ist prima, denn wer Urlaub in Irland macht, der plant wahrscheinlich eine Rundreise, bei der nicht nur die herrliche Natur, sondern auch die jahrtausendealte Kultur der Kelten im Mittelpunkt steht: malerisch verfallene Burgen und Klosterruinen, prähistorische Dolmen, Grabhügel und Steinkreise. Knapp 100 Sehenswürdigkeiten landesweit sind unter der Verwaltung des Office of Public Works (OPW), welches sich um Unterhalt und Bewahrung des kulturellen Erbes in Staatsbesitz kümmert. Auch diese kosten nicht alle Eintritt, aber etliche voll eingerichtete Herrenhäuser und andere historische Örtlichkeiten sind kostenpflichtig. Touristen können genau wie Einheimische die Heritage Card kaufen und dann ein Jahr lang all diese Sehenswürdigkeiten quasi gratis besichtigen. Aber: Lohnt sich die Heritage Card für den Irland-Urlaub?

Meine Jungs beim Picknick am Tara Hill – eine der irischen Sehenswürdigkeiten, um die sich das OPW zwar kümmert, die allerdings für alle frei zugänglich ist.
Welche Sehenswürdigkeiten sind bei der Heritage Card inklusive?
Um rund hundert Sehenswürdigkeiten kümmert sich das OWP, verteilt über gesamte irische Republik. Fast die Hälfte davon sind frei zugänglich.
Es bleiben 51 Sehenswürdigkeiten, für die „normale“ Besucher Eintritt zahlen müssen, Besitzer der Heritage Card jedoch nicht.
Eine vollständige Liste aller OPW-Sehenswürdigkeiten inklusive Eintrittespreisen gibt es hier: Dirket-Link zur pdf-Broschüre des OPW.

Die verfallene Klosteranlage von Sligo Abbey ist eine der 51 Sehenswürdigkeiten, die Urlauber mit der Heritage Card kostenlos besichtigen können.
Wie viel kostet die Heritage Card?
Für Erwachsene kostet die Heritage Card 40 Euro, für Kinder ab zwölf Jahren 10 Euro (darunter frei). Familien (2+5 bis 18 Jahre) zahlen 90 Euro.
Die meisten kostenpflichtigen Attraktionen im Rahmen der Heritage Card haben Einheitspreise. Der größte Teil dieser Sehenswürdigkeiten (38, wenn ich richtig gezählt habe) entspricht der Kategorie D, in der Familien normalerweise 13 Euro Eintritt zahlen. Teurer sind nur wenige größere Burgen und Herrenhäuser sowie das Glanzstück des prähistorischen Irlands: Brú na Bóinne mit den begehbaren Grabhügeln Newgrange und Knowth.
Entsprechend kann man sich ausrechnen, wie viele Besichtigungen man in seinem Urlaub durchziehen muss, damit sich die Irish Heritage Card finanziell rentiert.

Silas am Steinzeit-Friedhof von Carrowmore, dessen größter Cairn im freigelegt und begehbar ist.
Wie funktioniert das in der Praxis?
Wer eine Heritage-Card erwerben möchte, kann das an den meisten (nicht allen!) historischen Stätten tun, die die Stiftung verwaltet. Eine Liste der Anbieter gibt es auf der Webseite von Irish Heritage.
Der Kauf ist eine Sache von wenigen Minuten. Die Karte ist dann für den Rest des Kalenderjahres gültig. Bei jedem weiteren Besuch in vom OPW verwalteten Sehenswürdigkeiten legt man seine Karte vor und bekommt dann kostenlos ein Ticket ausgehändigt.

Muckross House ist ein weiteres der Glanzstücke, bei denen sich die Heritage Card schneller rentiert, denn vermutlich vor allem, weil das Herrenhaus im sehr beliebten Killarney Nationalpark liegt, ist der Eintritt ohne Karte recht teuer (32 Euro für Familien).
Ein bisschen witzig ist, dass das elektronische Zeitalter in dieser Hinsicht auf der grünen Insel noch nicht angekommen ist. Sowohl bei der Ausgabe der Karte als auch bei jeder einzelnen Besichtigung ist Papierwirtschaft angesagt. Dem Besucher wird ein dickes Buch vorgelegt, in dem er Namen und Adresse (Land reicht, zumindest später bei den einzelnen Besichtigungen) eintragen sowie eine Unterschrift leisten muss.
Angesprochen auf die Putzigkeit dieser Handhabung gab mir ein Mitarbeiter recht. Ihm zufolge werden die Bücher mehrere Jahre am Ort gelagert, ohne dass irgendwer noch mal reinguckt, und landen dann irgendwann in der Zentrale, wo mit Sicherheit niemand mehr reinguckt. Ich schätze mal, dass hauptsächlich die endgültige Besucherzahl pro Jahr interessiert, die dann einen Einfluss auf die Zuwendungen des OPW hat. Aber wer da Details wissen möchte, sollte sich auf der Homepage schlau lesen, da habe ich mich nicht näher mit beschäftigt.

Meine Jungs in der Ausstellung der Festung Charles Fort bei Kinsale.
Welche Sehenswürdigkeiten der Heritage-Card lohnen sich überhaupt?
Das ist natürlich immer persönliche Geschmackssache. Ein Kunsthistoriker wird hier anders antworten als eine Familie mit beschränktem Budget. Im Folgenden gebe ich meine persönliche Meinung wieder (und obwohl ich tatsächlich mal Geschichte studiert habe, gehöre ich definitiv eher ins zweitgenannte Lager und bin deshalb wahrscheinlich kritischer als viele Irland-Urlauber ohne Kinder-Begleitung, denen das Geld tendenziell lockerer sitzt).
Wir haben 2018 folgende Sehenswürdigkeiten mit der Heritage Card besichtigt:
- Dublin Castle
- Donegal Castle
- Glenveagh Castle (Donegal)
- Dun Aengus (Aran Islands)
- Derrynane House (Ring of Kerry)
- Gallarus Oratory (Dingle)
- Muckross House (Killarney)
- Ceidhe Fields (Mayo)
- Sligo Abbey
- Carrowmore Megalithic Cemetery (Sligo)
- Charles Fort (Kinsale)
Bei fast jeder einzelnen Sehenswürdigkeit war ich hinterher froh, nicht die ansonsten erforderlichen 13 Euro Eintritt für uns als Familie ausgegeben zu haben. Obwohl wir so fleißig waren mit unseren Besichtigungen, haben wir umgerechnet immer noch gut 8 Euro pro Besuch bezahlt, statt der normalen 13. Bedenkt man, dass die Gallarus Oratory (in der es wirklich kaum etwas zu sehen gibt, objektiv betrachtet, immerhin handelt es sich um eine leere Kapelle) nur 3 Euro Eintritt kostet, und dass wir nicht immer vollzählig waren, ist die Bilanz noch trauriger.

Macht von außen durchaus was her: Donegal Castle. Innen gibt es eine (sehr) kleine Ausstellung und einen (sparsam) eingerichteten Raum wie aus Zeiten der Erbauung. Wer sich länger als eine halbe Stunde beschäftigen möchte, muss sich Mühe geben.
Nett ist, dass man, wenn man die Karten nun schon einmal hat, sorglos alles mögliche besichtigen kann, wenn gerade schlechtes Wetter ist.
Aber wie gesagt, die meisten der Ausflugsziele, in denen wir waren, erschienen mir im Nachhinein eigentlich nicht besonders empfehlenswert. Die Sehenswürdigkeiten der obigen Liste, die ihre 13 Euro Eintritt für Familien wirklich wert sind, waren in meinen Augen
- Glenveagh Castle (sehr interessantes Dekor, spannende Geschichten)
- Dun Aengus (allein schon, weil es die Sehenswürdigkeit auf den Aran-Inseln ist)
- Ceidhe Fields (schöne Ausstellung und sehr, sehr spannende Führung – aber ich bin auch ausgemachter Fan des Neolithikums)
Und Brú na Bóinne ist auch bewegend! Da waren wir allerdings schon 2010, damals ohne Heritage Card. Heute zahlt eine Familie dort 30 Euro für das volle Programm. Wer diesen lohnenswerten Besuch einplant, für den rentiert sich die gesamte Angelegenheit natürlich eher.

Die vorzeitliche Kultanlage nördlich von Dublin besteht aus mehreren Teilen. Das hier ist in Knowth (mit einem noch sehr kleinen Janis davor).
Die allermeisten anderen Ziele aus der Liste hat man – jedenfalls mit Kindern – in weniger als einer Stunde abgefrühstückt. Das heißt natürlich nicht, dass sich ein Besuch nicht lohnt. Aber man sollte nicht zu viel erwarten.
Gute Gründe für die Heritage Card im Irland-Urlaub
Ich sehe das allerdings gerne auch noch aus einem anderen Blickwinkel. Die Einnahmen aus dem Kauf der Heritage Card tragen zum Unterhalt der Sehenswürdigkeiten und damit des kulturellen Erbes Irlands bei. Gleiches gilt natürlich auch für die Eintrittsgelder, die direkt bezahlt werden. Insofern bin ich froh, dass wir all die Orte auf der Liste besichtigt haben, und dass wir uns die Heritage Card für unseren Irland-Urlaub gekauft haben.

Die Céide Fields sind das flächenmäßig größte steinzeitliche Monument der Welt. Auf einem riesigen Areal sind hier neolithische Steinmauern gefunden worden. Im modernen Besucherzentrum gibt es eine gute Ausstellung, draußen eine tolle, fast einstündige Führung. Das empfinde ich dann wieder als prima Preis-Leistungs-Verhältnis.
Unser Fazit: Lohnt sich die Heritage-Card jetzt oder nicht?
Man könnte es so sehen: Für das Geld, das man für die Heritage Card ausgibt, erwirbt man das angenehme Gefühl kultureller Freizügigkeit. An vielen Orten kann man dann spontan historische Stätten besichtigen und seinen Horizont erweitern mit Angelegenheiten, für die man sonst wahrscheinlich kein Geld ausgegeben hätte. Das kann durchaus eine tolle Chance auf kulturelle Zufallsbekanntschaften mit Themen sein, von denen man gar nicht wusste, wie spannend sie sind. Und zusätzlich stellt sich die Zufriedenheit ein, etwas Gutes getan, sinnvolle Projekte unterstützt zu haben.

Dun Aengus, das bronzezeitliche Klippen-Fort auf der Aran-Insel Inishmore.
Familien, die im ohnehin schon nie spuckebilligen Irland-Urlaub rechnen müssen, weil ihnen das Geld nicht so locker sitzt, sollten aber vielleicht doch besser durchkalkulieren: Was interessiert uns wirklich, wie viele Besichtigungen sind realistisch, welche Möglichkeiten gibt es überhaupt in der Region, die wir bereisen?
Außerdem sollte man verhindern, dass man in eine Art Sammel-Wahn verfällt und seine Urlaubstage nur noch mit möglichst vielen Zielen füllt, die die Heritage Card abdeckt. Denn wie gesagt: Die schönsten Sehenswürdigkeiten Irlands sind gratis! Was bringt es, möglichst viele Burgen abzufrühstücken, wenn eine Wanderung durch die herrliche Natur völlig kostenlos ist und immer neue Anblicke liefert?
Und wenn man es rein finanziell sieht, lautet die Antwort auf die Ausgangsfrage wohl in den meisten Fällen: Nein, die Heritage Card lohnt sich für deutsche Touristen eigentlich nicht.
Mehr Tipps für den Irland-Urlaub (mit Kindern)
Hier im Blog gibt es mehrere Berichte, die im Rahmen unserer Recherche-Reise 2018 für unseren Reiseführer (siehe unten) entstanden sind:
- Unser Irland-Sommer: 6 Wochen auf dem Wild Atlantic Way mit Kind und Teen
- Die 5 schönsten Herrenhäuser in Irland: Von Donegal bis Cork
- Einmal rund um Dingle: Ein perfekter Tag (mit Kindern)
- Erfahrungsbericht von den Aran-Inseln: Tagesausflug nach Inishmore
- Westport House mit Pirate Adventure Park: Lohnt sich ein Besuch?
Werbung: Unser Irland-Reiseführer für Familien
Das greifbare Produkt unseres Herzblut-Projektes ist der Reiseführer „Irland mit Kindern“, den ich zusammen mit Stefanie Holtkamp geschrieben habe.
Er beinhaltet 60 kindertaugliche Wandertouren entlang der irischen Westküste sowie viele familienfreundliche Ausflugsziele, alle von uns persönlich ausprobiert. Bestellen lässt er sich hier bei Amazon*, aber auch in jeder anständigen Buchhandlung.

Transparenz-Hinweis: Als Geschichts-Enthusiastin habe ich unsere Heritage Cards diesmal tatsächlich komplett aus eigener Tasche bezahlt, obwohl ich vermutlich auch eine Journalisten-Mitgliedschaft hätte kriegen können. Da ich den Großteil der Recherchezeit allein mit den Jungs unterwegs war, hatten wir eine Erwachsenen- und eine Schülerkarte (Silas war noch keine zwölf). Als mein Mann dann für zwei Wochen mit von der Partie war, habe ich ein paar Mal doch für uns alle den Joker mit Presse-Ausweis gespielt (was ja wohl legitim ist, wenn man für einen Reiseführer recherchiert und deshalb einfach eine sehr viel höhere Besichtigungs-Schlagzahl hat als privat). Für diesen Artikel habe ich mit einer „normalen“ Familie gerechnet, die eine Familienkarte besitzt. Ob ich selber bezahle oder als Blogger/Journalist/Reiseführerautor freien Eintritt bekomme, hat keine Auswirkungen auf meine Meinung.
Für Card-Liebhaber hier ein Tipp, der uns letztes Jahr in zwei Wochen ganz viele Türen in den Niederlanden geöffnet hat: die Museumkaart. Etwa 60 Euro für Erwachsene, etwa 33 für Kinder (ab 4 Jahren sinnvoll, da man bei vielen Sachen ab diesem Alter Eintritt bezahlen muss). Dafür kann man als Niederländer oder permanent dort Wohnender ein Jahr lang, als Tourist 4 Wochen lang wahnsinnig viele und oft ansonsten auch sehr teure Museen besuchen, die sich über die ganzen Niederlande verteilen. Allein in Amsterdam beispielsweise das NEMO, das Anne Frank Haus, das wirklich empfehlenswerte Schiffahrtsmuseum, das Eye Film Institut, das Rembrandthaus, das Rijksmuseum, … weitere Highlights für uns waren die Dampflokfahrt von Hoorn nach Medemblik, die Weiterfahrt mit dem alten Dampfschiff nach Enkhuizen und das dortige Freiluftmuseum sowie das Freilichtmuseum in Arnheim. Vieles hätte für Erwachsene zwischen 10 und 20 Euro Eintritt gekostet. Wir waren im April 2018 mit einem 3- und einem 6-Jährigen unterwegs, der Kleine musste nirgends bezahlen. 2020 wollen wir noch einmal hin und weitere Highlights erkunden. Der Pauschalbetrag ist zwar nicht ganz niedrig, hat sich bei unserem zweiwöchigen Aufenthalt aber bereits ausgezahlt. Außerdem finde ich es mit Kindern sehr angenehm, notfalls eine Ausstellung auch rasch wieder verlassen und gegebenenfalls ein weiteres Mal besuchen zu können und dabei keine finaziellen Pleiten zu erleben. Wir können die Karte auf jeden Fall empfehlen, ebenso wie die Niederlande als Reiseland für Familien, denn wir haben es dort als äußerst kinderfreundlich erlebt.
Ein interessanter Artikel. Zurzeit planen wir zwar keinen Urlaub für Irland, sollten wir es uns aber doch einmal auf die Fahne schreiben, denke ich an deine Zeilen zurück und werde noch einmal genauer hineinschnuppern.
Ja, es ist immer gut, sowas im Hinterkopf und schon mal davon gehört zu haben, finde ich.