Tobermory ist die Hauptstadt der Isle of Mull, einer ziemlich großen Insel an der schottischen Westküste. Vor allem in jüngerer Zeit, seit die nördliche Nachbarinsel Skye mehr und mehr als überlaufen gilt, wird die Isle of Mull auch für deutsche Urlauber als Reiseziel interessant. Im Moment geht die Vertreterin der Inneren Hebriden aber noch als absoluter Geheimtipp durch. Wir haben auf unserem insellastigen Schottland-Roadtrip im Mai 2018 eine knappe Woche auf Mull verbracht, drei Tage davon in Tobermory – und haben dabei ein paar wirklich nette Sehenswürdigkeiten entdeckt, sowie mein neues absolutes Lieblings-Café in ganz Schottland!
Dieser Artikel ist Teil meiner Serie „Schottland mit Kindern“. Diese Sammlung umfasst aktuell über 30 Einträge für verschiedene Regionen und Ausflugsziele im Süden, Westen, Norden und der Mitte Schottlands.
Und wenn ihr Inspiration braucht, welche andere schottischen Inseln sich noch für euren Familienurlaub eignen, schaut mal hier: Inseln in Schottland – welche sind am schönsten?
Tobermory, die Inselhauptstadt
Tobermory liegt im Norden der Insel Mull. Die meisten Fähren kommen in Craignure in der Mitte der Insel an. Von dort aus dauert es je nach Verkehrsaufkommen eine halbe bis ganze Stunde hinauf nach Tobermory, denn über weite Strecken handelt es sich um eine Single Track Road.
Tobermory erweckt ganz den Eindruck einer kleinen Stadt. Dabei handelt es sich einwohnerzahlenmäßig eher um ein größeres Dorf: Beinahe tausend Menschen haben ihren Wohnsitz in der Inselhauptstadt gemeldet. Damit ist Tobermory unangefochtene Metropole auf Mull, denn die ganze Insel – die immerhin größer ist als Usedom – zählt ungefähr 2800 Bewohner.
Das Zentrum von Tobermory
Charakteristisch und auf jeder Postkarte abgebildet ist die bunte Häuserzeile an der Hafenpromenade von Tobermory, die gleichzeitig die Hauptstraße des Städtchens ist. Sie endet direkt am Fähranleger. Von hier gehen die kleinen Autofähren nach Kilchoan zu einer abgelegenen Halbinsel des schottischen Festlands.
Am sinnvollsten also ist die Erkundung Tobermorys zu Fuß. Gleich am Ortseingang (am Kreisel rechts und dann gleich wieder rechts) befindet sich ein gut ausgeschilderter kostenloser Großparkplatz.
Nun geht es an den bunten Häusern vorbei, die mehrheitlich Läden und Gastronomiebetriebe beherbergen. Es gibt einen kleinen Supermarkt und viele Kunsthandwerker und Souvenirshops. Die Bandbreite der Restaurants erstreckt sich vom edlen Meeresfrüchte-Laden bis zum chinesischen All-you-can-eat-Buffet. In einer ehemaligen Kirche ist ein hochpreisiges Café untergebracht.
Sehenswürdigkeiten in Tobermory
Die Stadt ist klein, aber es soll keiner sagen, der Besuch lohne sich nicht! Tobermory hat tatsächlich ein paar Sehenswürdigkeiten zu bieten.
Tobermory Museum
Das kleine Heimatmuseum befindet sich ebenfalls in der bunten Häuserreihe am Hafen. Die Ausstellung ist relativ klein und wirkt in vielen Aspekten „selbstgebastelt“, aber das macht auch einen großen Teil ihres Charmes aus. Das Museum wird ausschließlich von Freiwilligen betrieben, die Urlaubern wie Einheimischen die Historie der Insel und ihrer Hauptstadt nahe bringen wollen. Mit viel Liebe zum Detail haben sie Modelle prähistorischer Behausungen gebastelt und die Lokalgeschichte erforscht, um sie auf Texttafeln mit handgezeichneten Hintergrundbildern zu präsentieren.
Besonders beeindruckend fand ich die Darstellung der Irrfahrt eines kanadischen Passagierschiffs, das zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts durch einen schlimmen Sturm von der Küste abgetrieben und manövrierunfähig bis vor die Küste von Mull trieb. Alle an Bord überlebten die Tortur.
Unsere Jungs mochten die Stationen zum Ausprobieren: An einer alten Schulbank konnten sie mit Griffeln auf Schiefertafeln schreiben und am Nachbau eines alten Herdfeuers an einem Socken stricken.
Mull Aquarium
Für die meisten Familien, die ihren Urlaub in Tobermory verbringen, ist das Mull Aquarium eine Pflichtnummer. Groß ist es nicht, und wer in Deutschland von Sea Life Aquarien und ähnlichem Kaliber verwöhnt ist, wird enttäuscht sein. Dafür punktet das Mull Aquarium mit Nachhaltigkeit. Gezeigt werden nur heimische Fische und Meerestiere. Lokale Fischer und Taucher bringen immer mal wieder vorbei, was sie Interessantes gefunden haben. Kein Insasse muss länger als zwei Wochen in dem Glasbecken bleiben.
Mehr Informationen zu Öffnungszeiten, Eintrittspreisen etc. gibt es am zuverlässigsten direkt auf der Webseite des Aquariums.
Tobermory Cheese Farm (und das tollste Café Schottlands)
Die Sgriob-ruadh Farm ist besser bekannt als einzige Käserei von Mull. Hier wird der (gewöhnungsbedürftige) Hebridian Blue hergestellt, in Handarbeit. Mit dem Auto nur ein paar Minuten außerhalb von Tobermory bietet die Farm als öffentliches Herzstück einen prachtvollen Wintergarten, in dem Hofladen und Café untergebracht sind.
Außer verschiedenen Sorten Käse gibt es auch Eier, Wurst und andere Lebensmittel zu kaufen, dazu einige Souvenirs und tibetanische Kunstgegenstände, deren Erlös in ein wohltätiges Projekt fließt.
Im Café mit der zusammengewürfelten Bestuhlung und der bombastischen Aussicht durch die Glasfront herrscht Selbstbedienung. Ich empfehle die Guiness-Schokoladentorte, die ist unglaublich!
Wer möchte, kann anschließend für zwei Pfund pro Person einen Rundgang über die aktive Käse-Farm machen. Vorbei am Schweinepferch geht es hinunter bis in die Gewölbe, in denen der Käse gelagert wird. Wer zur Melkzeit kommt (gegen 16 Uhr), darf mithelfen.
Aros Park und Tobermorys Wasserfälle
Südlich des Stadtzentrums erstreckt sich Aros Park, der einst zum gleichnamigen Herrenhaus gehörte. Das Haus gibt es schon lange nicht mehr, der ausgedehnte Landschaftspark dient heute als Naherholungsgebiet.
Mehrere Wasserfälle tosen entlang der Wanderwege. Rund um einen kleinen künstlichen See gibt es neuerdings mehrere Spielstationen, so dass die Tour gerade auch mit Kindern zu einem schönen halbtägigen Ausflug werden kann.
Isle of Mull Reiseführer für Tobermory
Achtung, jetzt kommt ein bisschen Eigenwerbung: Die ideale Route mit Karte und genauer Wegbeschreibung durch Aros Park in Tobermory sowie einer Kurzstrecke für kleine Kinder gibt es in unserem Reiseführer „Schottland mit Kindern“, der im Mai 2019 im Naturzeit-Verlag erschienen ist und hier* über Amazon bestellt werden kann (aber auch in jeder anständigen Buchhandlung).
Eine weitere schöne Familien-Wanderung in Tobermory führt über den Lighthouse Walk. Auch diese Strecke ist Teil unseres Reiseführers als eine der 66 Wander- und Entdeckertouren im Westen Schottlands.
Insgesamt haben wir für Mull sechs familienfreundliche Touren ausgearbeitet und selbst ausprobiert, dazu gibt es weitere Ausflugstipps zu Sehenswürdigkeiten auf der gesamten Insel. Für den Schottland-Urlaub mit Kindern ist unser Buch der ideale Reisebegleiter.
(Update: 2022/23 arbeiten wir an der zweiten Auflage und kontrollieren dafür alle Touren. Wichtige Änderungen notieren wir bis zum Druck der Neuauflage im Blog des Naturzeit-Verlags.)
Unterkünfte in Tobermory
Unsere Unterkunft der Wahl in Tobermory war die Jugendherberge, die sich ebenfalls in einem der bunten Häuser am Hafen befindet. Hier hatten wir ein nettes Familienzimmer. Jugendherbergen empfehlen sich durchaus als günstige Möglichkeiten für Familien.
Allerdings ist das Hostel in Tobermory wirklich sehr einfach und nicht besonders komfortabel. Toiletten und Waschräume befinden sich auf dem Gang (das ist andernorts schon lange die Ausnahme). Was uns viel mehr gestört hat, war der recht beengte Platz. Es gibt zwar eine geräumige Selbstversorger-Küche und auch einen kleinen Aufenthaltsraum, aber letzterer ist von einem Fernseher und zwei Sofas vollständig gefüllt. Direkt vor der Haustür verläuft die (sehr ruhige) Hauptstraße, und auf der anderen Straßenseite schwappt das Meer an die Kaimauer. Gerade mit kleinen Kindern gibt es wenig Platz, sich auszubreiten. Trotzdem ist der Preis natürlich unschlagbar.
Wer es doch ein bisschen komfortabler möchte, sollte sich nach einer der Selbstverpfleger-Unterkünfte umsehen. Es gibt etliche in der Stadt und der näheren Umgebung. Hier sollte man gut vergleichen, was das Preis-Leistungs-Verhältnis angeht, und auch GoogleMaps zur Lagebestimmung zu Rate ziehen. Die Sgriob-ruadh-Farm vermietet mehrere Ferienwohnungen mit einem Gemeinschafts-Pool, der nachhaltig mit der Abwärme der Milchkühlung beheizt wird (hab ich dort gelesen, näher angesehen habe ich mir die nicht, also keine Gewähr). Auch über AirBnB* gibt es mehrere Angebote.
Klassische B&Bs eignen sich mit Kindern unserer Erfahrung nicht besonders. Fast immer gibt es nur Doppelzimmer und nur magere Familienrabatte, wenn überhaupt. Da man außerdem zum Essengehen gezwungen ist, wird das schnell zu einem teuren Spaß.
Auf jeden Fall ist Tobermory eine gute Basis für den Urlaub auf Mull. Wer die gesamte Insel erkunden möchte, sollte überlegen, zusätzlich ein paar Tage auf dem Ross of Mull im Süden zu verbringen.
Mehr Schottland mit Kindern
Die Zusammenfassung unseres Roadtrips 2018, der uns auch nach Tobermory auf Mull geführt hat, gibt es hier:
Schottische Inseln: Familienurlaub auf Islay, Jura, Mull und Co
Eine Übersicht über alles, was ich bisher über das Reisen in Schottland mit Kindern geschrieben habe (über 30 Artikel), steht hier:
Schottland mit Kindern: Unsere gesammelten Erfahrungen
Besonders hilfreich ist – hoffentlich – der Artikel
Packliste für Schottland: Das muss mit Kindern ins Gepäck
Und dann habe ich ganz neu eine Karte bei GoogleMaps angelegt, auf der ich alle bisherigen Blogbeiträge eingezeichnet und mit dem jeweiligenText verlinkt habe: externer Link zu GoogleMaps.
Transparenz-Hinweis: Wenn ihr über die mit * gekennzeichneten Links etwas bestellt (oder Neukunde bei AirBnB werdet), erhalte ich eine kleine Provision. Für euch ändert sich nichts am Preis. Den Reiseführer, den ich euch so vehement ans Herz lege, habe ich selbst mitgeschrieben, und natürlich verdiene ich daran ebenfalls, wenn ihr den bestellt. Es wäre grandios, wenn euch das nicht davon abhielte, ihn zu kaufen, denn ich bin schon recht stolz auf unsere Arbeit und finde, da haben wir wirklich etwas Sinnvolles für Familien geschaffen.
Die hier empfohlenen Unterkünfte und Sehenswürdigkeiten habe ich entsprechend unserer Erfahrungen beschrieben. Ich bekomme keinerlei Gegenleistung dafür.
Du hast das wunderbare Sauerteigbrot in der Farm vergessen.
Oh ja, stimmt! Die Tobermory Cheese Farm ist einer der ganz wenigen Orte in Schottland, an denen man richtig gutes Brot bekommt!
Auch noch gutes Brot, und das im „Ausland“ ;-)
Nee, im Ernst: Dein Bericht klingt klasse. Ich liebäugle ja schon lange mit Schottland und Inseln mag ich ohnehin. Wo Städte nur 1000 Einwohner haben, fühle ich mich am wohlsten. Und das Aquariums-Konzept ist ja wirklich toll. Aber ich warte mit meiner Schottland-Tour glaube ich noch, bis dein Reiseführer da ist. Dann wird das alles einfacher :-)
Liebe Grüße
Gela
Der kommt am 1. Mai! Und ich gebe dir dann gerne ein Rezensionsexemplar mit. Sag einfach Bescheid!
Ich fand die Isle of Mull super und bereue, dass ich nur drei Tage dort eingeplant hatte. Obwohl Tobermory sehr charmant ist (vor allem beim seltenen Sonnenscheinen), hat mir insgesamt der südwestliche Ecken auf dem Weg Richtung Insel Iona doch noch besser gefallen. Vor allem die Ecke beim Castle of Moy fand ich sehr charment sowie die abenteuerliche Route, die am Fusse des Ben More vorbeiführt und mich stellenweise stark an Island erinnert hat. Bin nun auf allem Fälle von dem Hebriden angefixt und will irgendwann noch die andern Inseln besuchen. Schade, dass die Fähren so teuer sind.
Und die Fähren sind schon kräftig subventioniert, hab ich mir sagen lassen… Es gibt aber auch „Mengenrabatt“ und ein „Hopscotch-Ticket“, wenn man innerhalb begrenzter Zeit auf verschiedene Inseln will. Da lohnt es sich, die Seite des (einzigen) Anbieters durchzuschauen.
Das Ross of Mull „unten links“ fand ich auch ganz traumhaft. Irgendwann blogge ich noch mal ausführlicher über den Teil der Insel (hoffentlich). Auch „oben links“ ist es aber toll. Mull ist generell wunderschön! Ich möchte unbedingt noch mal hin, den Rest dazwischen erkunden, und auf die anderen Hebriden möchte ich auch noch, vor allem die ganzen kleinen…
Ja, so eine Fähre zu betreiben, ist sicher saumässig teuer. Dass das ohne Subventionen nicht funktioniert, kann ich mir gut vorstellen.
Danke für den Tipp mit dem Hopstotch-Ticket. Wenn ich die schottischen Inseln das nächste Mal etwas länger besuchen werde, ist das bestimmt ein interessantes Angebot.
Genau, die Ross of Mull meinte ich. Traumhafte Gegend. Leider war das der letzte Teil der Reise, so dass ich mir dort den einen oder anderen Stopp verkeifen musste, den ich gerne gemacht hätte.
Das nächste Mal wird es aber wohl eher auf andere Inseln gehen. Besonders faszinieren würde mich eigentlich St. Kilda. Aber die Insel ist dann wirklich sehr schwer zu erreichen, wenn ich das richtig recherchierte. Warst du mal dort draussen?
Nein, und ich kenne tatsächlich nur Leute, die hin wollten oder gerne hin würden, es aber nicht schaffen. :) Pam, die Inhaberin des Argyll Backpackers Hostel auf Kintyre, hat mir erzählt, dass sie es seit Jahren immer wieder versucht, aber das Wetter muss mitspielen, und ich glaube, es gibt sogar Wartelisten. Sie ist übrigens diejenige, die „schuld“ ist, dass unser Reiseführer dann doch so insellastig geworden ist, weil sie uns – völlig zu recht – von den Hebriden vorschwärmte. Wenn du mal in der Gegend bist, plane am besten einen Zwischenstopp in ihrem Hostel ein (das ist noch ziemlich neu und durchaus empfehlenswert) und verwickel sie in ein Gespräch über die Inseln, das geht ganz leicht. ;) Sie hat echt tonnenweise Tipps und kennt beinahe jede einzelne – bis auf St. Kilda halt, aber vielleicht hat sie auch das mittlerweile geschafft. :)