Palermo ist eine von diesen Städten, die man unbedingt selbst erkunden muss. Alle Reiseführer der Welt können nicht auf diese überwältigende Mischung aus Molloch und Wunderland aus 1001 Nacht, aus Verkehrschaos und zauberhaften Parks und Gärten, zerbröselnden Palazzi und typisch italienischem Wahnsinn mit ganz eigener sizilianischen Note vorbereiten. Palermo mit Kindern zu entdecken hat uns deshalb wahnsinnig viel Spaß gemacht!
Dies ist der fünfte und letzte Teil unserer Serie über unseren Roadtrip durch Sizilien mit Kindern. Links zu den anderen Stationen unseres Familien-Roadtrips befinden sich ganz am Ende dieses Artikels.
3 Tage Palermo mit Kindern
Palermo ist die Hauptstadt Siziliens und mit annähernd 700.000 Einwohnern auch die größte Stadt der Insel. Wir haben hier drei Tage verbracht, bevor wir mit der Autofähre weiter nach Neapel gefahren sind.
Unsere Ferienwohnung war gewöhnungsbedürftig. Wir haben mal wieder das günstigste genommen, das wir kriegen konnten, und natürlich rächt sich das. Die Lage in einem Außenbezirk ist für uns kein Problem, da wir mit dem eigenen Auto unterwegs waren. Ich habe nur so meine Probleme mit der altbackenen, kitschigen Einrichtung – aber das ist bestimmt nicht typisch, hoffe ich.

Viel Geschichte und überraschend viel Grün: Palermo von seiner besten Seite.
Straßenverkehr in Palermo: Der helle Wahnsinn!
Egal, ob man Palermo mit Kindern oder ohne Kinder besucht: Diese Stadt ist einfach irre! Das gilt vor allem für den Straßenverkehr, der unseren ersten Eindruck prägt. Sobald wir diesen bewältigen, kann es losgehen mit dem aufregenden Stadtbummel.

Ein Bild, das ich hier immer wieder gerne zeige: live aus dem Stadtverkehr von Palermo, typischer Anblick.
Im Gegensatz zu anderen italienischen Städten ist die Innenstadt nicht autofrei, so dass das stinkende, hupende Chaos uns auch zu Fuß begleitet.

Eine der „Quattro Canti“, der vier identischen Nicht-Ecken der Kreuzung, mehr oder weniger hübsch eingebettet in den allgegenwärtigen Verkehrswahnsinn.
Die berühmte Kreuzung „Quattro Canti“ mit den abgeschrägten und beeindruckend ausgestalteten Häuserecken geht dementsprechend im Verkehrslärm etwas unter. Kein Wunder, sie liegt an den innenstädtischen Hauptstraßen Corso Vittorio Emanuele und Via Maqueda.
Sehenswürdigkeiten von Palermo
Der berühmte „Porno-Brunnen“ aber befindet sich auf einem etwas zurückgesetzten Platz, der Piazza Pretoria. Eigentlich heißt er Fontana del Genio und ist ein hübsches Wasserspiel aus der Renaissance. Die eigentliche Sehenswürdigkeit sind die amerikanischen Touristen, in deren Reiseführern der Brunnen offenbar als Skandal ersten Ranges beworben wird. Folglich stehen jede Menge kichernde junge Backpacker davor, und während unsere Jungs nur einen kurzen Blick auf die nackten Figuren werfen und dann auf dem Platz Fangen spielen, echauffiert sich eine ältere Lady ihrem Mann gegenüber, wie unverantwortlich es sei, „junge Seelen einem solchen Anblick auszusetzen“.

Der „Pornobrunnen“ macht auf uns keinen besonders skandalösen Eindruck.
Wer Palermo mit Kindern besichtigt, erkundet die Stadt am besten mit einem ungezwungenen Bummel durch die Straßen. Viele kleine Palazzi erlauben einen Blick in ihre Innenhöfe, die oft zu grünen, schattigen Oasen ausgebaut sind.

Wer sich durch halb-öffentliche Durchgänge in die Hinterhöfe der als Mehrfamilienhäuser genutzen Palazzi traut, erlebt manchen bezaubernden Anblick.
In kleinen Kirchen blicken wir auf bekleidete Knochen heiliger Männer. Tote auszustellen, hat in Palermo eine gewisse Tradition. In vergangenen Jahrhunderten wurde hier die Einbalsamierung perfektioniert. Es gibt ein Mumien-Kabinett, in dem unter anderem „die besterhaltene Kindermumie der Welt“ zu sehen ist, eine mehr als hundert Jahre alte Dreijährige. Eintritt zu bezahlen, um sensationslüstern Leichen anzugucken, kommt uns dann aber doch irgendwie moralisch verwerflich vor, und deshalb lassen wir das.

Die Kathedrale von Palermo.
Wir verzichten auch auf die Besichtigung des Doms, den unser Reiseführer als Hauptsehenswürdigkeit Palermos beschreibt. Die Kathedrale Maria Santissima Assunta ist unter anderem die Grablege des Stauferkaisers Heinrich VI. Die Aussicht vom Dach der Kirche soll toll sein, aber die Eintrittspreise von 7 Euro pro Person (5 für Kinder) für das volle Programm schrecken uns ab. So gucken wir uns das imposante Gebäude nur von außen an.

Die Feigenbäume im Giardino Garibaldi sind echte Fabelwesen.
Unser Highlight ist der Park mit den Feigenbäumen, die nicht nur von unten nach oben, sondern auch von oben nach unten wachsen. Die Exemplare des Ficus macrophylla stehen im Giardino Garibaldi (Piazza Marina), der frei zugänglich ist. Wir kennen sie schon aus Sciacca, aber diese Exemplare der merkwürdigen Feigenbäumart sind ernsthaft beeindruckend, und wir stehen staunend eine ganze Weile davor (was wahrscheinlich mehr sagt als der Fakt, dass es „die größten Feigenbäume Europas“ sind). Riesige Baumgestalten bilden hier massive Kunstwerke. Später in Barcelona müssen wir bei manchem Modernisme-Bauwerk an unseren Parkbesuch in Palermo denken. Johann Wolfgang von Goethe war übrigens ebenso begeistert davon wie wir. Er suchte im Botanischen Garten nach der „Urpflanze“ (ohne Erfolg).

Und das Opernhaus von Palermo, auf dessen Stufen Touristen gerne mal die Sterbe-Szene aus dem dritten Teil von „Der Pate“ nachspielen.
Ganz kurz: Stadtgeschichte von Palermo
Die Nähe zu Afrika macht sich in der Stadtgeschichte bemerkbar. Es waren Phönizier, also antike Nordafrikaner, die Palermo vor fast 3000 Jahren gründeten. Herrscher und Besatzer kamen und gingen: die Griechen, die Römer, die Vandalen.
Unter den Arabern blühte die Stadt im frühen Mittelalter auf, und viele Einflüsse im heutigen Stadtbild stammen aus dieser Zeit. In ganz Europa waren damals nur Byzanz (heute Istanbul) und Cordoba (in Andalusien) größer als Palermo.

Die roten Kuppeln mehrerer Kirchen resultieren aus den „fremdländischen“ Kultureinflüssen.
Im Hochmittelalter machten sich die christlichen „Rückeroberer“ auf Kreuzzug breit. Die Normannen gründeten das Königreich Sizilien, dann übernahmen die Staufer die Herrschaft. –
Ich muss mich schon wieder bremsen in meiner Geschichtsbegeisterung. In dieses Kuddelmuddel kriegt man ohnehin kaum eine Linie rein. Beschränken wir uns also auf die vereinfachende Kurzversion, dass Spanier, Österreicher und schließlich die Italiener Palermo und Sizilien ihren herrschaftlichen Stempel aufdrückten.
Streetfood in Palermo: Pizza, Eis und Supplí
In der Gegenwart ist Palermo vor allem für hungrige Besucher zu empfehlen. In den kleinen Läden mit Straßenverkauf gibt es viele Köstlichkeiten auf die Hand, die im Rest Italiens eher unbekannt sind. Ich mag besonders die Kartoffelpizza, und auch den supplí kann ich etwas abgewinnen: Das sind frittierte Bällchen aus Risotto, manchmal mit einer Füllung aus Fleisch oder Gemüse in der Mitte.

Das hier war, ehrlich gesagt, nicht die größte kulinarische Offenbarung Palermos, aber irgendwie die einzige, bei der ich mir die Zeit zum Fotografieren genommen habe…
Das beste Eis haben wir in der Gelateria La Kala in der Nähe des Hafens gefunden. „Gelato Naturale“ ist meistens ein Hinweis darauf, dass das Eis nicht nur teuer, sondern tatsächlich lecker (und nicht aus der Pulvermixtüte) ist. Die Adresse unserer Lieblings-Eisdiele: Piazza Fonderia, 8.
Palermo mit Kindern
Ob unseren Kindern eine Stadt gefällt oder nicht, hat natürlich immer viel mit der allgemeinen Stimmungslage in unserer Familie, unserer Unterkunft, dem Wetter und allen möglichen anderen Einflüssen zu tun.

Palermo ist nicht überall wunderschön, beileibe nicht. Aber es macht Spaß, überall mal hinzugucken…
Palermo haben die Jungs geliebt, alle beide. Und das, obwohl wir keine speziellen Angebote für Kinder genutzt (oder auch nur gesehen) haben. Es gibt nicht einmal Spielplätze in Palermo, zumindest haben wir in der Innenstadt keine gesehen. Update: Mandy hat einen Spielplatztipp für Palermo. Schaut in den Kommentaren! Unsere Jungs mochten einfach das Essen, die Palmen, die Entdeckertouren in die Hinterhöfe, die wuselige und trotzdem relaxte Atmosphäre der Stadt.

Und so viele Palmen!
Fazit: Palermo mit Kindern
Uns hat Palermo sehr gut gefallen. Abgesehen vom Verkehr. Ich fühle mich heute noch wie ein Held, dass ich den überlebt habe (denn an einem Tag saß ich am Steuer). Aber sonst ist Palermo mit Kindern ziemlich cool.

Der kleine Hafen von Palermo: eigentlich nichts Besonderes, aber unsere Kinder sind ganz angetan.
Mehr über Sizilien mit Kindern
Die family4travel-Miniserie umfasst folgende Teile:
- Sizilien-Rundreise mit Kindern Teil 1: Übersicht und Reiseroute
- Sizilien-Rundreise mit Kindern Teil 2: Sizilien individuell bereisen – 14 Fragen und Antworten aus unserem Nähkästchen
- Sizilien-Rundreise mit Kindern Teil 3: Der Osten mit Messina, Catania und dem Ätna
- Sizilien-Rundreise mit Kindern Teil 4: Der Südwesten mit Sciacca und Agrigento
- Sizilien-Rundreise mit Kindern Teil 5: Palermo
Liebe Lena,
es ist manchmal echt unergründlich, was Kids gut finden und was nicht. Kein Spielplatz, keine autofreie Zone, nix auch nur annähernd kinderspezielles, was man morgens als Motivationshilfe in Aussicht stellen könnte, und dann auch noch meckernde Touristinnen, die ihnen das einzige Vergnügen, einen Brunnen, nicht gönnen ;-) … Scheinbar hat die Stadt richtig viel Charme, auch für Kinder. Steht schon lange auf meiner Liste.
Liebe Grüße
Gela
Ich glaube, es liegt daran, dass Palermo einfach unheimlich spannend ist und zum Endecken reizt. Das zieht oft mehr als jeder mit Bedacht konzipierte Spielplatz.
Die pikierten Amerikaner haben die Jungs gar nicht mitgekriegt, glaube ich. Sie waren zu beschäftigt, um den für sie eher langweiligen Brunnen zu laufen und Fangen zu spielen… :)
Hallo Lena,
bei uns war es der erste Tag unseres Sizilien Roadtrips. Der Verkehr war für uns extrem gewöhnungsbedürftig… Die schreibst bei den frittierten Reisbällchen von Suppli. Uns sind sie die ganze Zeit auf Sizilien nur als Arancini untergekommen…
Gruß Mario
Stimmt! Ich hab noch mal gegoogelt. Das, was wir aus der Gegend um Rom als Supplí kennen, heißt auf Sizilien tatsächlich Arancini. Und nachdem ich die Rezepte verglichen habe, weiß ich auch, wieso mir die Dinger auf der Insel besser geschmeckt haben als später in Rom. :) Ich dachte, es wäre dasselbe, und war enttäuscht, nirgendwo mehr so gute wie auf Sizilien zu finden, nachdem ich erst ganz entzückt war, die Bällchen auch dort in den Auslagen zu sehen. Ist wahrscheinlich, als würde man Thüringer Rostbratwürste mit Nürnbergern vergleichen. Danke für den Hinweis!
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Ciao,
aktuell (März 2019) hat sich in Palermo doch einiges getan.
Die Kreuzung „Quattro Canti“ sowie einige Straßen anbei sind autofrei, das macht das Sightseeing um einiges schöner.
Es gibt beim Park „Giardino Garibaldi“ weiter Richtung „Porta Felice“ nun einen Spielplatz! Ist zwar mehr für jüngere Kinder als unsere Tochter (8 J), aber schön am Wasser mit Klo’s, Automaten für Getränke und Naschi und schattigen Sitzplätzen, der Park heißt „Parco della Salute Livia Morello“.
Aber das Eis bei „Gelateria La Kala“ und die „Arancine“ sind immer noch sehr gut!
Grüße,
fionajanacarsten
Oh, das ist ja toll! Vielen Dank für das Update!
Direkt am Hafen wo das Bild entstanden ist hättet ihr 5 min weiter nach rechts laufen müssen. Dort ist ein wunderschöner Spielplatz
Ahh! Danke für den Hinweis!!