Xanten klingt wie die Lösung einer herausfordernden Runde Stadt-Land-Fluss – ist aber tatsächlich auch bei der Frage nach einem schönen Reiseziel für einen Kurztrip mit Kindern eine gute Antwort. Wir haben mit unserer Tochter rund um Xanten ein perfektes Wochenende am Niederrhein verbracht. Absolute Empfehlung!
Warum mit Kindern nach Xanten?
Dass es in Xanten was zu sehen gibt, weiß ich, seit meine Klasse in der Siebten einen Schulausflug in die Kleinstadt am Rhein machte. Die römischen Ruinen standen damals auf dem Programm. Und auch Siegfried, der mit dem Drachen und den Nibelungen, sollte eine Nebenrolle bekommen. Ich freute mich sehr. Dann wurde ich krank und konnte nicht mitfahren.
„Ach“, meinte meine Mutter damals tröstend. „Nach Xanten können wir immer noch mal fahren. Das ist gar nicht so weit weg.“
Haben wir dann aber irgendwie nie gemacht. Und auch im Erwachsenenalter mit eigener Familie hatte ich dieses Reiseziel lange ganz vergessen. Erst 30 Jahre später fällt es mir auf der Suche nach einem netten Ziel für ein langes Wochenende über den 3. Oktober wieder ein.

Endlich in Xanten: Martin, Franka (6) und Lena. (Und Idefix, den wir in →Calais aufgegabelt haben und der natürlich unbedingt mit zu den Römern wollte.)
Und was soll ich sagen? Was lange währt, wird endlich gut!
Xanten kann was
Es gibt gleich eine ganze Handvoll Argumente, die für einen Kurztrip nach Xanten sprechen – ob nun mit Kindern oder ohne.
(Wer nicht viel lesen möchte, kann sich die bildgewaltige Zusammenfassung unseres Kurzurlaubs übrigens auch im Niederrhein-Highlight in meinem →Instagramprofil family4travel anschauen.)
Rad-Region
Erstens ist die Lage toll: Xanten liegt am Rhein. Zu römischer Zeit ganz direkt, heute fließt der große Fluss etwas abseits der Innenstadt. Aber der Rhein-Radweg führt hier vorbei. Fast ohne jede Steigung lässt sich in der ganzen Region prima radfahren – was wir auch ausprobieren. Wenn ihr nach Xanten fahrt, nehmt die Räder mit!

Plattes Land. Eignet sich super zum Radfahren mit Kindern. Bei längeren Strecken und/oder jüngeren Kindern empfehle ich euch die →FollowMe-Tandemkupplung.
Drittgrößte Römerstadt
Dann spielen die alten Römer eine zentrale Rolle. (Die alten Römerinnen mal wieder kaum. Im Museum kommen immerhin auch einige von ihnen zu Wort.) Gleich nebenan, aber bequemerweise eben nicht von der modernen Stadt überbaut, liegt die römische Stadt Colonia Ulpia Traiana. Nie gehört? Kein Ding, aber das war immerhin (nach →Köln und Trier) die drittgrößte römische Stadt auf heute deutschem Boden. Im Freilichtmuseum sind einige Gebäude wieder aufgebaut. Das dazugehörige Museum ordnet die Funde ein und erzählt die Geschichte nach. Toll gemacht!
Nibelungenstadt
Schon, die Nibelungenstadt ist Worms. Dort soll der sagenhafte Schatz bis heute im Rhein liegen. Aber auch Xanten spielt als Herkunftsort des Helden Siegfried eine Rolle im frühmittelalterlichen Epos der Nibelungen.
Also na ja, eine Rolle eigentlich nicht, aber es wird explizit erwähnt. Das reicht, um ein tolles kleines Siegfried-Museum einzurichten. In dem lernen wir überhaupt erst einmal, was diese Nibelungen überhaupt so sind und auch, was sie heute ein bisschen anrüchig macht.

Das Siegfried-Museum ist ein valider Grund, Xanten zu besuchen – ob nun mit Kindern oder ohne. (Der Dom da im Hintergrund übrigens auch. Die klassischen Sehenswürdigkeiten habe ich jetzt schockierenderweise völlig außen vor gelassen in meinem Bericht.)
Schöne Stadt!
Und dann ist Xanten auch einfach ein hübsches kleines Städtchen mit netten Läden, tollen Cafés und Restaurants und mehreren schönen Spielplätzen.

Den schönsten öffentlichen Spielplatz von Xanten findet ihr am Ostwall. Im Kurpark gibt es einen weiteren, der auch nett ist.
An dieser Stelle empfehle ich euch explizit das süße kleine Café Glüxpilz in der Marsstraße. Dort gibt es leckeren Kuchen und ein Spielzimmer für Kinder. Besser reservieren!

So leer ist es nämlich nur fünf Minuten nach der Öffnung. Kaffee und Kuchen sind dort super, Frühstück unserer Meinung nach noch besser!
Sehr gut gefallen hat uns auch das eher hochpreisige, aber qualitativ hochwertige vegane Restaurant Petersilchen. Achtung: Die Küche schließt schon früh – aber Familien kommt das ja eher entgegen. Auch gut gegessen haben wir im vietnamesischen Lokal Papa Mi.

Lecker und schick ist es im Petersilchen. Kann man sich auch mit Kindern mal gönnen. (Selber Beschäftigungsmöglichkeiten mitbringen!)
Also ja, Xanten kann was!
Übernachten in Xanten?
Alle, die ich jetzt schon überzeugt habe und die nun nach einer Übernachtungsmöglichkeit in Xanten suchen, schicke ich an dieser Stelle gleich zu meiner für Familien vorsortierten Liste bei booking.*
Aber lasst euch gesagt sein: Wenn ihr nicht lange im Voraus bucht, ist es gar nicht so einfach, mit Kindern in Xanten zu übernachten. Meine erste Wahl wäre die Jugendherberge gewesen. Die liegt herrlich im Grünen und am Wasser, fußläufig zum Archäologiepark. War aber ausgebucht, und inzwischen habe ich von mehreren Seiten gehört, dass die aufgrund mit ewigem Vorlauf buchender Gruppen praktisch unerreichbar ist. Schade.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Wir sind dann nur mit dem Rad an der Jugendherberge vorbei gefahren, die direkt am Ufer des Südsees liegt. Warum wir generell Jugendherbergen lieben, steht ausführlich →hier.
Übernachten in Rees
Wir selbst landen nach längerer Suche 20 Kilometer den Rhein runter in Rees. (Klar findet man auch kurzfristig und mit Kindern noch etwas, das näher an Xanten liegt. Da wir ohnehin viel mit dem Fahrrad fahren und eigentlich auch eher die Region an sich erkunden wollten – bevor dann beim Erstkontakt mit Xanten die Liebe auf den ersten Blick zuschlug und wir letztlich an allen drei Reisetagen fast nur dort waren – erschien uns Rees eine gute Alternative.)
Wir übernachten also zwei Mal im Hotel Rheinpark in Rees.* Das Mittelklassehotel passt uns als Familie wunderbar in den Kram. Für – ich glaube – zehn Euro Aufpreis buchen wir ein Superior-Zimmer, das fast so groß wie eine Ferienwohnung ist. Hätte es jetzt noch eine Kitchenette, wären wir echt glücklich. So freuen wir uns einfach über den Platz, den Blick auf den Rhein, das sehr bequeme Zustellbett fürs Kind. (Einmal essen wir abends im Restaurant des Hotels und an einem Morgen frühstücken wir auch dort. Während das Preis-Leistungsverhältnis bei der Übernachtung gut passt, überzeugt es uns beim Essen leider nicht so richtig. Dafür ist das Frühstück im schon weiter oben empfohlenen Café Glüxpilz umso großartiger. Das ist allerdings in Xanten.)
In meinem →Instagramprofil family4travel zeige ich in meinem Niederrhein-Highlight eine kleine Roomtour von unserem Familienzimmer.
Was kann Rees?
Rees besitzt knapp 22.000 Einwohnende, von denen mehr als die Hälfte in eingemeindeten Dörfern lebt. Das kleine Städtchen liegt direkt am Rhein. Von hier starten Ausflugsboote rheinabwärts Richtung →Niederlande und rheinaufwärts Richtung Xanten.
Wer im Sommer viel Fahrrad fahren möchte, kann Rees gut als Ausgangsbasis nutzen, denke ich. Wir starten hier am ersten Tag unserer Kurzreise eine sehr schöne Fahrradtour mit der Fußgängerfähre direkt am Reeser Rheinufer. Die Radwege sind recht zuverlässig ausgezeichnet und gut in Schuss.
Ansonsten ist man schnell durch mit Rees. Es gibt ein paar hübsche Straßenzüge, nette Parks mit Skulpturen darin und einen tollen Spielplatz mit Piratenboot und ungewöhnlichen Wackeltieren. Ein acht Kilometer langer Planetenweg zeigt maßstabsgetreu die Größenverhältnisse in unserem Sonnensystem auf. (Den integrieren wir später in unserer Fahrradtour. Nette Sache.)
Ähm ja, meiner Wahrnehmung nach war’s das zum Thema Rees am Rhein.
Xanten und die römischen Ruinen
Zurück nach Xanten. Archäologischer Park Xanten mit LVR-RömerMuseum – so heißt die Sehenswürdigkeit der Extraklasse offiziell. Kurz: APX. Der Komplex befindet sich unweit der Xantener Innenstadt – gerade so weit außerhalb, dass sie zu modernen Zeiten nicht überbaut wurde. Vor der Tür gibt es einen kostenlosen Parkplatz. Von dort könnt ihr danach zu Fuß in die Innenstadt laufen. (Wenn ihr euch nicht dazu hinreißen lasst, den kompletten Tag im Museum zu verbringen. Dürfte in meinen Augen schwierig werden.)
Der Archäologische Park als Freilichtmuseum
Für alle, die ein ausgewachsenes Freilichtmuseum erwarten: jein. Die archäologische Städte ist mehrere Fußballfelder groß. Eine 3,4 Kilometer lange Mauer umfasste die Stadt. Ein großer Teil ist wieder aufgebaut. Etliche Gebäude sind ebenfalls in altem Glanz errichtet, so authentisch, wie die Wissenschaft es nur vermag. Das Amphitheater ist eindrucksvoll in seinen originalen Maßstäben zu bewundern. Ein Hafentempel ist zumindest teilweise wieder errichtet. In römischen Handwerkshäusern werden typische Gewerbe der damaligen Zeit verdeutlicht. Besonders gut gefällt uns die römische Herberge. Das antike Hotel zeigt doch einige Unterschiede zu modernen Urlaubsunterkünften: spannend!
Insgesamt ist das Areal heute aber größtenteils unbebaut. Ganz viele Geheimnisse liegen noch verborgen unter der Grasnarbe, nur halb gelüftet mit moderner Technik. Die Straßen der typischerweise rasterförmig angelegten Stadt sind begehbar. Kleinere Pavillons moderner Bauweise zeigen Funde zu verschiedenen Themen. Großes Highlight ist der riesige Spielplatz aus Holz, der einem römischen Fort nachempfunden ist. Riesigen Spaß bringt Kindern und Erwachsenen ein großes Hüpfkissen.
Römisches Museum im APX
Herzstück des Archäologieparks ist das moderne Museum, das über den Ruinen der Thermen errichtet ist. Hier also ist kein Wiederaufbau zu sehen, sondern das, was wirklich noch übrig ist. Auch sehr interessant!
Darüber hinaus präsentiert der Museumsbau in den originalen Ausmessungen des Thermenkomplexes viele Funde aus Colonia Ulpia Traiana. Diese sind pädagogisch sehr gut aufbereitet. Die thematische Gliederung überzeugt mich in meiner (verjährten) Inkarnation als Museumspädagogin. Viele Spielstationen wenden sich an alle Sinne. Es gibt etliche Exponate zum Anfassen. Viele Ausstellungsstücke sind in fiktive, aber nicht unwahrscheinliche Geschichten eingebettet, die sich auf Knopfdruck als Hörspiel starten lassen. Über das Ausstellungsdesign hat sich sichtlich auch jemand Gedanken gemacht. Echte Wissensvermittlung auf allen Ebenen: So liebe ich Museen!
Einziger Kritikpunkt: Wer es mit der Besichtigung ernst meint, braucht allein für das Museum einen vollen Tag von der Öffnung bis Ladenschluss. Steht euch nur ein einziger Tag zur Verfügung, plant euren Besuch besser schlau. Allerdings kann ich euch beim besten Willen nicht sagen, was ihr auslassen könnt. Alles ist so sehenswert!
Wie vorgehen bei der Besichtigung des APX mit Kindern?
Wenn ihr euch nicht gut in der römischen Antike auskennt, ist wahrscheinlich ein Museumsbesuch am Anfang empfehlenswert, bevor ihr raus ins Gelände geht. Dann steht nur zu befürchten, dass ihr von dem Einzigartigen in Xanten – den originalgetreuen Wiederaufbauten eben – nicht mehr viel mitbekommt.

Das Modell in der Nähe des Hafentempels gibt einen Eindruck, wie riesig das Gelände ist – selbst wenn nur ein Bruchteil der Gebäude wieder aufgebaut ist.
Wir selbst beginnen mit der Stadtmauer und dann mit dem Amphitheater, in dessen Gewölben sich auch eine sehr interessante Ausstellung zu den Gladiatorenkämpfen befindet. Dann bleiben wir lange in der Herberge, die ich so halt wirklich noch in keiner anderen Ruinenstadt gesehen habe. Anschließend fordert unsere Tochter berechtigterweise Kinderprogramm ein und wir versacken eine ganze Weile auf dem großartigen Spielplatz. Am frühen Nachmittag übersiedeln wir dann ins Museum – und der Tag ist gelaufen. Wir schaffen es bis zum Anfang der dritten Etage. (Es gibt vier.)
Wichtig zu wissen: Wenn der Park schließt, werden alle Leute vom Gelände gefegt. Unsere vage Hoffnung, uns nach Ladenschluss noch die Ruinen und Rekonstruktionen von außen anzuschauen, geht deshalb nicht auf. Wer sich ernsthaft für die Thematik interessiert, plant am besten von vornherein zwei Tage zur Besichtigung ein. (Zwei-Tages-Tickets mit Rabatt gibt es leider nicht.)

Auf dem Weg nach draußen mit dem – immer sehr freundlichen – Personal schon im Nacken entdecken wir immer noch furchtbar Spannendes wie diese Wasserleitung…
Gastronomie in der Siegfriedmühle im APX
Oh, und noch ein ganz wichtiger Tipp aus persönlicher Erfahrung: Überlegt euch gut, ob ihr die Gastronomie auf dem Museumsgelände nutzen wollt, die in der wunderschönen Siegfriedmühle untergebracht ist. Ich habe selten so schlechten Kuchen zu so hohen Preisen gegessen. (Es passiert nicht oft, dass wir Essen stehen lassen. Hier streiken sowohl ich als auch das Kind. Der Mann quält es sich rein, aber selbst der lehnt unsere Reste dankend ab.) Außer Kuchenimitat gibt es in der so hübsch verpackten SB-Kantine auch herzhafte Imbissprodukte. Die haben wir selbst nicht probiert. Die Rezensionen bei Google Maps zufolge sind wir jedenfalls nicht die einzigen, die auf die Monopolstellung reingefallen sind.
Bringt euch lieber ein Picknick mit! Es gibt auf dem Gelände viele schöne Picknicktische. Man darf auch direkt auf den Wiesen picknicken.
Praktische Informationen zum Archäologiepark und Römermuseum Xanten
Eintrittspreise, Öffnungszeiten und alle weiteren aktuellen Infos erfahrt ihr am zuverlässigsten direkt auf der Website. Als Hausnummer: Erwachsene zahlen 2025 11 Euro Eintritt. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sind grundsätzlich gratis. Das Museum ist täglich geöffnet, auch montags.
Interne Werbung zum Weiterlesen: Wenn ihr euch für antike Ruinen interessiert – ich habe in meinem Reiseblog auch eigene Erfahrungsberichte über →Agrigento, →Athen, →Delphi, →Mykene, →Pella, →Sparta, →Split. (Ich verkneife mir an dieser Stelle, angeberisch auch alle anderen archäologischen Stätten zu nennen, die wir während unserer →11-monatigen Europareise besucht haben. Aber vielleicht könnte ich trotz der seitdem vergangenen Zeit mal eine Übersicht machen…)
Xanten und die Nibelungen
Bei unserem eigenen Kurztrip nach Xanten mit Kind läuft das so: An Tag eins fahren wir bei ziemlich gutem Wetter von Rees mit dem Fahrrad nach Xanten.
Kriemhild-Mühle und Kletterdrache
Dort angekommen ziehen uns zunächst einmal die Flügel der imposanten Kriemhild-Mühle an. Die drehen sich, denn in der Mühle ist eine Bio-Bäckerei in Betrieb, die ihr eigenes Mehl mahlt. Direkt davor (oder dahinter, wenn man aus der Innenstadt auf die Mühle zu kommt) sitzt ein großer Drache. Ein Schild weist das Mosaikkunstwerk als Kletterspielplatz aus. Dieser indirekten Aufforderung kommt unsere Tochter nur zu gerne nach, ebenso wie mehrere andere Kinder, die an diesem Tag Xanten besuchen.
Spontan decken wir uns im Mühlenladen mit frischem Brot und Käse ein (denn dort gibt es nicht nur Bio-Brot, sondern auch andere Bio-Produkte). Unser Drachen-Picknick nutzten wir nun, um erst einmal nachzulesen, was Xanten überhaupt mit Kriemhild und dem Untier zu tun hat. Nur ganz leise klingelt da nämlich in meinem Hinterkopf, dass der legendäre Siegfried Aktien in der Stadt hatte. (Es ist übrigens ein anderer Siegfried als der sagenhafte Gründer von →Luxemburg, der uns ebendort vor kurzer Zeit untergekommen ist. Nur falls euch auch mal ein Kind fragt, wo zwischen Kriemhild, Drachentöten und all der Nibelungen-Action denn bitte schön noch Zeit für eine Nixe bleiben konnte.)
Siegfried-Museum Xanten
So lernen wir also, dass Xanten als Herkunftsort des Nibelungen-Helden Siegfried gilt. Und dass es in der Stadt auch ein ganzes Museum zum Thema gibt. Das ist weder groß noch teuer. Weil Martin und ich beide nur sehr nebulöse Vorstellungen haben, was die Nibelungen überhaupt noch mal genau waren (und weil Radfahren wegen ausgeprägtem Mistwetter für die folgenden beiden Tage eh flachfällt), beraumen wir kurzentschlossen für Tag 3 eine Besichtigung an.
An Tag drei unseres Kurztrips finden wir uns daher in der Innenstadt von Xanten ein. Nach der zwischenzeitlichen Wikipedia-Lektüre weiß ich, dass das Nibelungenlied eine mittelalterliche Abenteuergeschichte ist, die viel ältere Sagen aus dem heute deutschen und skandinavischen Raum vermischt. Und ich weiß, dass die Erfolgsgeschichte der Story spätestens ab dem 19. Jahrhundert ungut verlaufen ist. „Irgendwas Nazi-Affines mit Wagner“ war nämlich meine erste Assoziation, als mir der Begriff der Nibelungen in Xanten unverhofft über den Weg lief.
Überraschend hervorragend stellt das Xantener Siegfried-Museum nun beides dar: die Inhalte der alten Überlieferung und die problematische Rezeptionsgeschichte.
Nachdem uns Siegfried in all seinen modernen Inkarnationen begegnet ist – von der He-Man-Actionfigur über den nationalsozialistischen Posterboy bis zum 70er-Jahre-Softporno-Helden – steigen wir im physischen wie übertragenen Sinne in die Tiefen der Geschichte hinab, um den Ursprung der Sage kennenzulernen. Schritt für Schritt vermitteln uns gut gemachte Schautafeln die nicht unkomplizierte Handlung der uralten Seifenoper.

Und das im historischen Gemäuer in den Tiefen des Museumskellers. Zum Glück hat Franka ihren eigenen Drachen als Beschützer dabei. (Der stammt übrigens aus →Roßhaupten im Allgäu, das eine eigene spannende Drachengeschichte hat.)
Worum geht es bei den Nibelungen überhaupt?
Kurzversion: Nachdem Siegfried durch die Drachentötung unverwundbar geworden und in den Besitz einer Tarnkappe gekommen ist, lebt er als hero in residence am Hof von König Gunther im Burgunderreich. Er verliebt sich in dessen Schwester Kriemhild. Seine Erlaubnis zur Heirat gibt Gunther aber nur als Gegenleistung für Siegfrieds unlautere Hilfe beim Werben um die isländische Königin und Powerfrau Brunhild. Das klappt, aber Jahre später geraten die beiden Frauen in Streit, wessen Mann und Reich die besseren sind. Kriemhild reibt ihrer Schwägerin unter die Nase, dass Gunther ihre Heiratsbedingungen ohne Siegfrieds heimliche Hilfe gar nicht hätte erfüllen können.
Daraufhin eskaliert die Geschichte. Gunther lässt – aus heutiger Sicht unverständlicherweise – nicht die Whistleblowerin, sondern den treuen Gefährten mit einer kompliziert konzipierten List durch seinen ebenfalls treuen und noch unsympathischeren Gefährten Hagen von Tronje umbringen. Damit ist Siegfried nach gerade mal einem Drittel des Nibelungenliedes tot. Da wir hier beim Thema Xanten sind, spare ich mir deshalb den Rest. Ende vom Lied jedenfalls: alle tot, fetter Goldschatz versinkt im Rhein.
(In Worms allerdings, wie gesagt. Beinahe hätten wir daraufhin dort wenige Wochen später auf unserem Rückweg aus →Elsass und Lothringen nachgeschaut. Aber da Worms Google Maps zufolge kein einziges richtig schönes Café zu bieten hat, wurden unsere Zwischenstopps stattdessen doch Metz und Echternach. Nibelungen hin oder her, mich zumindest locken eben doch touristische Annehmlichkeiten mehr als legendäre Schwergewichte. Deshalb empfehle ich für den Nibelungen-Tourismus eben Xanten, denn das hat sowohl ein großartiges Museum zum Thema als auch oben erwähntes schnuckeliges Café – und den Kletterdrachen.)

Es gibt die frühmittelalterliche oder spätantike Ebene aus der Handlungszeit der sogenannten Völkerwanderung, dann die mittelalterliche Ebene aus der Zeit der Niederschrift. Oben drauf kommt dann die nationalromantisierende Ebene aus der Zeit der Wiederentdeckung im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Schon ein Brett, die Niebelungen.
Noch kurz zurück zum Museum: Die ganze unselige Überhöhung der Nibelungensage als „urdeutsche Ilias“ zu nationalistischen Zwecken bekommt im dritten Teil des Siegfried-Museums angemessenen Raum. Auch hier ist die Ausstellung richtig gut gemacht. Es gibt interaktiv anmutende Videosequenzen, die echt super funktionieren. Klar hätte man mit mehr Mitteln und mehr Platz die historische Bedeutung des Stoffes noch breiter auswalzen können. Die Bedeutung der von den Nazis so gerne beschworenen „Nibelungentreue“ etwa, die ja schon den Protagonist*innen der alten Kamelle nichts als Verderben gebracht hat. Unterm Strich bin ich jedenfalls schwer begeistert. Wenn ihr es irgendwie einrichten könnt, schaut euch bei einem Kurztrip nach Xanten auch mit Kindern unbedingt auch das Siegfried-Museum an!
Siegfried-Museum mit Kindern?
Mord und Totschlag und Nationalismus – das klingt nicht unbedingt nach kinderfreundlichem Programm. Ja, ist ein Punkt, das gebe ich zu. Trotzdem ist der Museumsbesuch aus meiner Sicht für Kinder keine Zumutung.
Zunächst einmal sind nirgendwo bluttriefende Splatter-Darstellungen zu sehen (obwohl der Stoff das hergeben würde). Während sich ohne Kinder sicher die Bedeutung der Geschichte für die Literaturgeschichte und ähnliche theoretische Fragestellungen vertiefen ließen, eignet sich der Museumsbesuch mit Kind prima zur Thematisierung ganz unterschiedlicher Unteraspekte. Dass auch Erwachsene manchmal komplett ahnungslos von bestimmten Sachverhalten sind und sich Museen sehr gut eignen, um das zu ändern, ist ein zentrales Learning, das unsere Tochter aus der Sache mitnimmt. Sie genießt es sehr, mit uns zusammen Neues zu erfahren.
Und dann gibt es am Ende der Ausstellung noch den Siegfried-Saal, der der Museumspädagogik gewidmet ist. Hier sind verschiedene mittelalterliche Spiele aufgebaut. Im ersten Teil gibt es außerdem eine Leseecke mit kinderfreundlichen Versionen dieser und anderer Sagen.
Praktische Infos zum Siegfried-Museum
Auch hier schicke ich euch für aktuelle Eintrittspreise und Öffnungszeiten direkt zur Museums-Website (ganz runter scrollen). 2025 zahlen Erwachsene ab 18 Jahren 5 Euro Eintritt. Kinder und Jugendliche sind gratis. Ich persönlich sehe das als hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis!
Xanten und die Südsee
Puh, oje, mein kleiner Erfahrungsbericht über Xanten als Reiseziel für einen Kurztrip mit Kindern wird schon wieder viel, viel zu lang. Aber ich möchte ihn nicht beschließen, ohne nicht wenigstens kurz die Xantener Nordsee und die Xantener Südsee zu erwähnen. – Ha, da bin ich natürlich schon voll auf den PR-Gag reingefallen. Denn eigentlich handelt es sich um den Nordsee und den Südsee. Die beiden Kiesteiche sind jeweils rund 110 Hektar groß und durch einen Kanal verbunden. Das dazugehörige Freizeitzentrum Xanten (FZX) umfasst eine Wasserskianlage, zwei Sporthäfen mit Bootsverleih (Tretboote, Ruderboote) und Segelschule, dazu eine Anlage für Adventuregolf. Das (eintrittspflichtige) Strandbad am Xantener Südsee ist außerdem ein Naturbad mit perfekter Infrastruktur eines Badesees. (Das weiß ich zugegebenermaßen nicht aus eigener Erfahrung, aber die dazugehörige Website verspricht „ein sommerliches Urlaubsangebot, für das du sonst ins Flugzeug steigen müsstest“.
Mehr Tipps für Kurztrips mit Kindern in Deutschland
Weitere Ideen für tolle Städtetrips mit Kindern habe ich in diesen Beiträgen gesammelt:
- Kurzurlaub in Deutschland – die 20 schönsten Städtetrips mit Kindern
- Kleinstadtperlen – 24 alternative Städtetrips mit Kindern
- #cities4family – 18 Städtetrips in Niedersachsen
Unsere gesamten Reise- und Ausflugstipps deutschlandweit habe ich – mit Kartenansicht – hier gelistet:
Familienurlaub in Deutschland: Unsere geballten Erfahrungen

Hier ist wirklich für jede und jeden etwas dabei.
Transparenz-Hinweis: Unser Kurztrip nach Xanten passierte auf eigene Veranlassung und eigene Kosten. Alle Links setze ich als Service für euch. Sie sind echte Empfehlungen aus eigener Erfahrung. Ich bekomme nichts dafür. Etwas anders sieht es bei den mit * versehenen Affiliate-Links aus. Kommt darüber eine Buchung oder ein Kauf zustanden, bekomme ich eine kleine Provision. Darüber finanziere ich die laufenden Kosten für mein Reiseblog.
















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