Es gibt viele gute Gründe, sich ein E-Auto anzuschaffen. Im Alltag fahren wir seit über drei Jahren einen ausschließlich elektrischen Kleinwagen. Die große Familienkutsche für lange Fahrten und zum Reisen war bei uns bis 2024 aber noch ein Diesel. Seit einem guten halben Jahr, mehreren Kurztrips und einer Rundreise durch vier Länder sind wir nun aber komplett elektrisch unterwegs. Höchste Zeit, unsere Erfahrungen aus dem Urlaub mit E-Auto zu teilen!

In den Urlaub fahren mit dem E-Auto?

Ein gängiges Argument gegen den Umstieg auf Elektromobilität ist das Vorurteil, dass man mit einem E-Auto nicht reisen, keine längeren Strecken am Stück fahren könne. Wer mit dem E-Auto in den Urlaub fahren möchte, muss je nach Akkuleistung tatsächlich ein bisschen anders planen als bisher. Nach etwa 300 bis 500 Kilometern ist mit den meisten gängigen Mittelklasse-Elektroautos Auftanken angesagt – schon etwas häufiger als mit klimaschädlichem Benziner oder Diesel.

sirvintos litauen laden e-auto

Zum Glück gibt es mittlerweile praktisch überall Ladeinfrastruktur (hier in einer Kleinstadt in Litauen).

Wie lange „darf“ man im Auto sitzen?

Allerdings: Stundenlanges Autofahren ohne Unterbrechung ist für uns Menschen aus gesundheitlicher Sicht ohnehin nicht ratsam. Für Rücken- und Venengesundheit ideal wäre eigentlich ein stündliches (!) Beinevertreten.

Bei Babys und Kindern rät man, alle zwei Stunden eine kurze Pause zu machen, um den Rücken aus der Zwangshaltung im Kindersitz zu entlasten. Aus medizinischer Sicht gilt das eigentlich auch für Erwachsene. Vier Stunden kontinuierliches Im-Auto-Sitzen sollten aus gesundheitlicher Sicht das absolute Maximum sein.

Autofahren mit Baby

Bild aus meinem Archiv aus Verbrenner-Zeiten vom Weg in den Dänemark-Urlaub: Pause, um den Babyrücken aus dem Kindersitz zu befreien, während alle anderen im Auto sitzen bleiben. So sollte man es natürlich NICHT machen!

Ladesäulendichte in Deutschland und Europa

Die Infrastruktur an Ladesäulen hat sich innerhalb Deutschlands und dem Großteil Europas in den vergangenen Jahren rapide verbessert. Schnellladesäulen sind vor allem in Autobahnnähe vorhanden. Auch auf dem Land wird endlich kräftig ausgebaut, wobei hier oft eher gemächliches Ladetempo vorherrscht – was sich immerhin auch beim Preis bemerkbar macht.

An der Schnellladesäule ist der Wagen nach nur 20 bis 30 Minuten wieder weitgehend voll. WC-Besuch und Picknick steht in dieser Zeit nichts entgegen. So ist die Zwangspause beim Reisen mit E-Auto in Wirklichkeit meist nicht länger als der konventionelle Tankstopp am Rasthof.

e-auto ladestopp

Manchmal wollen auch wir einfach nur schnellstmöglich nach Hause und sitzen den Ladestopp am Supercharger die halbe Stunde lang aus.

Freie Ladesäule?

Ein bisschen Planung macht allerdings durchaus Sinn. Wer an einem Reisewochenende zu Beginn der Ferien oder an Feiertagen unterwegs ist, braucht sich nicht wundern, wenn die Schnelllader vor McDonalds an der Autobahn alle belegt sind. Kümmert euch dann rechtzeitig darum, Alternativen aufzutun. Entsprechende Apps liefern euch nicht nur Ladesäulen in der Nähe, sondern informieren euch auch über deren aktuellen Zustand. Dass im großen Ladepark 18 von 20 Säulen belegt sind, kommt schon echt selten vor. An solchen Tagen die ein, zwei perfekt gelegenen Schnelllader mit Snack-Möglichkeit anzusteuern, ist vielleicht nicht die beste Entscheidung. In den großen Ladeparks habt ihr dann meist doch die besseren Chancen. Noch besser läuft es natürlich, wenn ihr die Rushhour meidet oder gleich von vornherein antizyklisch plant.

e-auto laden finnland

In einer finnischen Kleinstadt nutzen wir die günstigste Lademöglichkeit buchstäblich in einem Hinterhof. Es hätte hier allerdings auch noch vier weitere Ladesäulen im Hafen gegeben und dann noch etliche im Gewerbegebiet. Finnland ist da schon ziemlich weit.

Ladepausen bewusst genießen

Alternativ bietet sich nämlich eine bewusste Routenplanung an, bei der das Auftanken an sehenswerten Zwischenstationen erledigt wird. Das geht dann zwar meist langsamer als am Supercharger an der Autobahn, dafür wie gesagt auch günstiger. Und wenn ihr sowieso einen ausgedehnten Spaziergang durch eine schöne Kleinstadt dreht und dabei picknickt oder ins Café einkehrt, kann sich das E-Auto beim Laden ruhig Zeit lassen.

So mausert sich der Weg zum Ziel und ihr lernt Deutschland oder euer Reiseland viel besser kennen. Auf diese Weise haben wir zum Beispiel ganz zufällig einen der schönsten Orte auf unserem Baltikum-Roadtrip gefunden, indem wir einfach nur in der App nach einer günstigen Lademöglichkeit gesucht haben: Sirvintos – idealer Zwischenstopp zwischen Siauliai und Vilnius. Und auch in Deutschland haben wir auf dem Weg in den Urlaub an der Ostsee in einer wunderschönen Ladepause die Kleinstadt Mölln kennengelernt.

e-auto roadtrip durchs baltikum litauen

Im Baltikum, vor allem in Litauen, sind Ladesäulen gut ausgeschildert.

Mit dem E-Auto ins Ausland reisen

Bevor ihr Deutschland mit eurem neuen E-Auto verlasst, solltet ihr euch schon einmal kurz schlau machen, wie der aktuelle Status eures Reiselands in Sachen E-Mobilität aussieht. Wir waren bisher in Finnland, Estland, Lettland und Litauen elektrisch unterwegs. Auch schon letztes Jahr in Schweden, Österreich, Italien, auf Korsika und in den Niederlanden haben wir beständig Ausschau gehalten. Überall – bis auf Italien abseits der Autobahnen vielleicht – haben wir überall regelmäßig Ladesäulen entdeckt. Die Infrastruktur ist meist gar nicht das Problem.

(Echtes Ungemach haben wir diesbezüglich bisher eigentlich nur beim Verwandtschaftsbesuch im ländlichen Thüringen erlebt. Da muss man eben zwischendurch einen Ausflug in die Großstadt einplanen – den man dort nach ein paar Tagen aber ohnehin braucht, um die Perspektive wieder gerade zu rücken. Und selbst in Thüringen wollen sie die Ladeinfrastruktur jetzt richtig ausbauen.)

e-auto ladesäule korsika

Hinterm Supermarkt im Gewerbegebiet auf Korsika stolpern wir auch über einen Schnelllader, im Hintergrund weitere Ladesäulen. Es gibt mittlerweile echt überall welche. Und die Apps verraten euch auch, wo – und ob sie aktuell funktionieren. Das tun übrigens viel mehr, als ich gewettet hätte.

Jedenfalls, wenn ihr mit E-Auto ins Ausland reisen, informiert euch am besten in einschlägigen Foren. Auch auf YouTube-Kanälen und in Facebook-Gruppen werdet ihr fündig. Wenn ihr bei Reiseblogs bleiben wollt, schaut euch bei Planet Hibbel um. Co-Autorin Petra reist seit über drei Jahren elektromobil und hat darüber auch direkt gebloggt: Unsere Bilanz nach 3 Jahren Elektromobilität. Ein bisschen selbst kümmern müsst ihr euch also schon. Aber es ist kein Hexenwerk.

Wo laden im Urlaub?

Die wenigsten Unterkünfte verfügen über eine eigene Wallbox. Natürlich gibt es Hotels mit ausreichend Ladesäulen in der Tiefgarage. Je nach eigenem Reiseprofil ist es aber überhaupt nicht notwendig, täglich den Akku zu laden.

Auf unserem Roadtrip durchs Baltikum hatte keine einzige unserer sechs Unterkünfte eine dazugehörige Lademöglichkeit. Und das war absolut kein Problem. Während Stadtbesichtigungen haben wir im Parkhaus geladen und beim Einkaufen auf Supermarktparkplätzen. Es empfiehlt sich nur, ein bisschen vorzuplanen und die Preise zu vergleichen.

parkplatz ladesäule riga roadtrip durchs baltikum

Hier hat sich unser E-Auto vergnügt, während wir uns einen schönen Tag in Riga gemacht haben. Abends sind wir mit vollem Akku zurück in unser Tinyhouse im Wald im lettischen Nationalpark gefahren.

Reichweite

Wenn ihr das erste Mal mit E-Auto in den Urlaub fahrt, seid ihr wahrscheinlich nicht so leichtsinnig abenteuerlustig wie wir und macht das eine Woche nach Auslieferung des Neuwagens. Ihr kennt euer Auto dann wahrscheinlich schon und habt eine Vorstellung davon, wie weit ihr damit kommt. (Wir hatten auch mit unserer Herangehensweise allerdings keine bösen Überraschungen.)

Unserer Erfahrung nach wirkt sich eine höhere Beladung im Urlaub gar nicht mal so sehr auf die Akkuleistung aus. Klar verringert sich die etwas, wenn wir auf dem Gepäckträger drei Fahrräder transportieren. Aber nicht sehr.

Viel mehr bemerkbar macht sich das Wetter. Die Temperatur hat einen großen Einfluss auf die Reichweite. Wenn ihr in den Sommerferien unterwegs seid, kommt euch das eher zugute. Fahrt ihr dagegen mit dem E-Auto in den Skiurlaub, solltet ihr unbedingt bedenken, dass ihr bei tiefen Temperaturen deutlich weniger weit kommt als gewohnt.

osnabrück e-auto laden

Mit unserem kleinen Elektroflitzer kommen wir mit einer Akkuladung ziemlich genau bis vor den Zoo Osnabrück. Dort gibt es zum Glück mehrere Ladesäulen, sodass wir nach dem Zoobesuch mit vollem Akku wieder nach Hause düsen können.

Hilfreiche Links für die Urlaubsplanung mit E-Auto

Viele E-Autos haben bereits im eingebauten Navi verfügbare Lademöglichkeiten hinterlegt. Allein darauf verlassen könnt ihr euch unserer Erfahrung nach nicht zu 100 Prozent. Wir planen unsere Routen meist im Voraus und steuern gezielt eine günstige Lademöglichkeit an. Dabei empfiehlt es sich, beim Reisen mit dem E-Auto die Einträge in mehreren Verzeichnissen gegenzuchecken, um den aktuellsten Stand zu erfahren.

  • Die App A Better Route Planner leistet gute Dienste beim Auffinden von Ladestationen, inklusive integriertem Routenplaner und Auskünften, ob Ladestationen belegt oder defekt sind. Ihr findet sie kostenlos im App-Store eures Vertrauens.
  • GoingElectric funktioniert ähnlich, auch ohne App im Netz.
  • Die App ChargePrice hilft euch, auf eurer Route den besten Preis zum Laden zu finden.
  • Die Bundesnetzagentur führt eine Ladesäulenkarte, die sie regelmäßig aktualisiert. Es funktioniert unserer Erfahrung nach aber auch genauso gut, einfach bei Google Maps zu gucken.
  • Bei eFahrer.com visualisiert eine Karte die Ladesäulendichte in ganz Europa.
  • Gute Praxistipps für eine klimafreundliche Urlaubsplanung mit dem E-Auto gibt das Blog des Energieversorgers EnBW.
  • Der ADAC hat ein E-Auto samt Wohnwagen einem Praxistest nach Venedig und zurück durch vier Länder unterzogen.
  • Und einen ausführlichen Erfahrungsbericht über eine Rundreise durchs Baltikum mit dem E-Auto habe ich selber: Roadtrip durchs Baltikum mit Kind: Estland, Lettland, Litauen (und ein bisschen Finnland)
e-auto parkhaus österreich

Den E-Autos gehört die Zukunft. (Hier in der Tiefgarage unseres Hotels in Telfs, Österreich.)

Hat ihr Fragen? Schreibt sie mir als Kommentar, dann beantworte ich sie gerne!

Transparenz-Hinweis: Diesen Erfahrungsbericht habe ich auf eigene Veranlassung und ohne jede Gegenleistung geschrieben. Alle Links setze ich ausschließlich als Service für euch. Die zu den kommerzielleren Seiten habe ich extra auf nofollow gesetzt, damit hier niemand irgendwelche Vorteile hat – außer euch natürlich. :)