Die kleine Stadt Širvintos liegt 50 Kilometer nordwestlich von der Hauptstadt Vilnius in Litauen. Vielleicht sucht ihr auf eurem Baltikum-Roadtrip noch nach einer Zwischenstation von Riga oder dem Berg der Kreuze bei Šiauliai aus? Für uns war Širvintos der ideale Ort für eine schöne Pause, und um währenddessen unser E-Auto zu laden. Die Kleinstadt (knapp 6000 Einwohnende) bietet authentische Erfahrungen und ein paar unaufgeregte Attraktionen – auch für Kinder. Ein echter Geheimtipp für Litauen!
Warum ausgerechnet Širvintos?
Spotlight auf Širvintos! Dass ausgerechnet die hübsche, aber vergleichsweise unbekannte Kleinstadt den ersten eigenständigen Bericht von unserem Baltikum-Roadtrip erhält, ist zugegebenermaßen ein bisschen putzig. Vilnius und die alte Hauptstadt Trakai, das schöne Kaunas, Palanga am Ostseestrand und der beeindruckende Berg der Kreuze sind zweifellos sehenswerter.
Versteht mich nicht falsch: Širvintos ist toll! Deshalb ist mir dieser Abschnitt beim Tippen ja auch so ausgeufert. Eigentlich wollte ich nämlich bloß eine Kurzzusammenfassung für meinen Megabeitrag „Roadtrip durchs Baltikum mit Kind“ schreiben. Weil der Širvintos-Teil mir dort unverhältnismäßig ausführlich geriet, habe ich ihn jetzt hierher ausgegliedert. In der Hoffnung, dass ihn irgendjemand liest.
Vielleicht ist die kleine Stadt ja genau für euch genau das richtige Zwischenziel auf eurer Rundreise durch Litauen…
Zwischenstopp in Širvintos – mit Lademöglichkeit
Unser Reisetag hat in Šiauliai begonnen, wo wir nach unserer Besichtigung des Bergs der Kreuze übernachtet haben. Nach ziemlich genau zwei Stunden Fahrtzeit (ca. 170 km) erreichen wir Širvintos am Vormittag über die A2 bzw. die E272. Von der großen Straße biegen wir ein kleines Stück ab, um ins Stadtzentrum zu gelangen.
Hauptgrund für unseren Stopp genau hier ist eine günstige Ladesäule. Wir fahren ein E-Auto und brauchen ab und zu Strom. Den bekämen wir natürlich auch in Vilnius an jeder Ecke. Aber da wir eh drei Tage in der Hauptstadt sind und dort ein Platz in der Tiefgarage (ohne Lademöglichkeit) zu unserer Unterkunft gehört, tanken wir lieber auf dem Weg. Langsam laden ist günstiger als ein Supercharger. Und wir haben ja Zeit und wollen was sehen von unserem Reiseland. Eine authentische Kleinstadt als solche steht bei unseren Reisen grundsätzlich auf unserer Bucketlist. Širvintos ist in dieser Hinsicht ein Volltreffer.
Wir parken kostenlos auf dem öffentlichen Parkplatz am Gymnasium. Dort hat Martin schon im Vorfeld online die günstige Ladesäule lokalisiert. Während mein lieber Mann an der Ladesäule das Anbieter-Chaos durchsteigt und sich mobil eine weitere App runterlädt (gleiches Problem wie in Deutschland), beobachte ich das Treiben auf dem Schulhof und Parkplatz des Gymnasiums. Durchaus interessant. (Fazit: Man erkennt vielleicht die Bonzenfamilien noch etwas besser als zu Hause. Große Unterschiede gibt es aber erwartungsgemäß nicht.)
Reichlich Spielplätze in Širvintos
Unsere fünfjährige Tochter Franka hat währenddessen in der Trauerweide am Parkplatz ein Elfenschloss erkannt. Eine Viertelstunde lang spielt sie glücklich und ist dann zu Tode betrübt, als wir sie nach mehreren Zugeständnissen herzlos weiterzerren.
Die schlechte Laune dauert zum Glück nur bis um die nächste Straßenecke. Denn dort taucht der kleine Trampolinpark von Širvintos auf. Der ist völlig kostenlos. Schräg gegenüber befindet sich ein normaler Spielplatz.
(Kein) Café-Tipp
Das Terrassencafé gleich um die Ecke, das bei Google so nett aussah, hat leider spontan zu. Die Terrasse ist in der Tat hübsch gestaltet. Ganz am Schluss auf dem Rückweg vom Auto kommen wir noch einmal am dann plötzlich geöffneten Café vorbei. Bei der Gelegenheit werfen wir noch einen ganz kurzen Blick hinein und stellen erleichtert fest, dass wir nicht so viel verpasst haben. Kuchen und Gebäck (Macarons und so) sehen entschieden nicht so aus, als seien sie hausgebacken. Wer an einem schönen Tag in Širvintos eine Tasse Kaffee trinken möchte, hat im „Terasa Café“ zumindest auf den Außenplätzen eine nette Anlaufstelle.
Die Elche von Širvintos
Bei Google Maps habe ich eine weitere lokale Attraktion auf der anderen Seite des Flusses entdeckt. Entlang des parkähnlich gestalteten Ufergeländes reihen sich dort holzgeschnitzte Elche. Manche sind als Bänke gestaltet, viele lassen sich beklettern. Sogar ein fliegendes Exemplar ist darunter.
Die Safari motiviert auch die mit den kurzen Beinen zum Laufen. (Insgesamt umfasst unsere Runde vielleicht drei Kilometer, wenn überhaupt.)
Schließlich finden wir am Wasser eine große Schaukel, die abends sogar illuminiert wird. (Schaukeln sind in Litauen und im gesamten Baltikum ein Ding. Es gibt sie nicht nur auf Spielplätzen, sondern häufig auch an schönen Orten in Parks oder bei Sehenswürdigkeiten. Oft sind die Schaukelbretter für zwei erwachsene Personen ausgelegt.)
Badeurlaub auf Litauisch
Ein paar Meter weiter stolpern wir über die nächste Überraschungsattraktion von Širvintos: ein Strandbad samt einem weiteren Spielplatz. Wie der Skulpturenpark ist auch Strandbad ebenfalls kostenlos zugänglich. Und es besitzt eine vollwertige Wasserrutsche, die in der untypisch warmen Spätsommersonne munter vor sich hin plätschert.
Leider – oder zum Glück – erfolgt der Plumps ins Wasser aus einer gewissen Höhe. Sonst hätten wir unsere Wasserratte wohl trotz mangelnder Badesachen nicht vom Rutschen abhalten können. So reicht ihr das Planschen mit den Füßen in der Širvinta.
Wir verbringen hier ein herrliches Stündchen in der Sonne. Es sind unverhoffte Glücksmomente wie diese, die das Reisen mit Kindern abseits der Touristenpfade so wunderbar machen!
Litauische Küche ultimativ authentisch
Der Hunger treibt uns schließlich über die zweite Brücke zurück ins Stadtzentrum. Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für ein kulinarisches Abenteuer. Wir folgen einem unscheinbaren Schild in ein graues Treppenhaus. Alles hat hier maximal so den Vibe einer freien Tankstelle zur Jahrtausendwende. Wären wir von unserer 11-monatigen Europareise in Ländern wie Rumänien und Kosovo nicht entsprechend abgehärtet, wären wir die ausgetretenen Treppenstufen unter den Glasbausteinen wohl nicht hinaufgestiegen.
Dann wäre uns allerdings eine witzige Erfahrung entgangen. Im ersten Stock des Gebäudes erwartet uns eine klassische Kantine. Hinter einer Edelstahltheke mit Plexiglasschild steht eine ältere Frau in Kittelschürze. Sie versteht zwar kein Englisch, aber sie schaufelt uns freundlich Essen aus den großen Töpfen, auf die wir zeigen.
Martin und Franka lieben die deftige litauische Hausmannskost. Und selbst ich mit meinen Mäkeleien und Unverträglichkeiten werde mit einer großen Kelle Buchweizen und Rote-Beete-Salat glücklich. (Klar, wer ernsthaft an Zöliakie oder schlimmen Allergien leidet, kann sich solche Abenteuer eher nicht erlauben. Dass man ausführliche Inhaltsstofflisten einsehen möchte, hätte man hier mit Sicherheit nicht vermitteln können.)
Das Wasser mit Zitrone und Minze, das wir uns aus einem großen Behälter selbst abzapfen (in nur mäßig saubere Gläser), wird nicht abgerechnet. Kostenpunkt fürs Essen für uns alle drei: 8,10 Euro.
Mehr Erfahrungen aus Litauen mit Kind
Nach dieser wunderbaren Pause geht unser Roadtrip weiter in Richtung Vilnius. Eines Tages möchte ich auch über die Hauptstadt einen ordentlichen Erfahrungsbericht von unserem Besuch schreiben. Bis ich das zeitlich schaffe, ist dieser Mammut-Artikel die weiterführende Literatur, die ich euch ans Herz lege:
Roadtrip durchs Baltikum mit Kind: Estland, Lettland, Litauen (und ein bisschen Finnland)
Wer einen Roadtrip ausschließlich durch Litauen plant, sollte hier in unsere Ideensammlung schauen:
Litauen mit Kindern: Familienurlaub im Baltikum
Ich habe durchaus gesucht, ob ich euch noch ein paar Zweitmeinungen über Širvintos als Reiseziel anbieten kann. Die kleine Stadt scheint aber noch ein richtig echter Geheimtipp zu sein. Weder auf Deutsch noch auf Englisch habe ich weitere Reiseblogs gefunden, die über Širvintos berichten. Das sollte euch aber nicht davon abhalten, euch das Städtchen anzuschauen! – Oder wart ihr sogar schon dort? Ich freue mich, wenn ihr mir eure eigenen Eindrücke und Gedanken in einem Kommentar da lasst!
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