Ein großartiger Roadtrip durchs Baltikum liegt hinter uns! Zu dritt – Eltern mit 5-jährigem Kind – haben wir zwei Wochen lang Estland, Lettland und Litauen erkundet. (Zum ersten Mal sind wir übrigens mit E-Auto unterwegs.) Unsere Route: mit der Fähre von Travemünde nach Helsinki, dann weiter nach Tallinn und quer durch die drei baltischen Staaten. Zurück nehmen wir ebenfalls die Fähre vom lettischen Liepaja aus. Ergebnis: ein herrlicher Urlaub voller neuer Eindrücke, kleiner Abenteuer in schönster Natur und bildschönen Städten inklusive toller Erlebnisse für Kinder. Hier teile ich unsere Erfahrungen vom Baltikum-Roadtrip mit Kind einmal geballt im Rundumschlag.
Langer Erfahrungsbericht – oder Kurzfassung in bunten Bildern
Ich beginne gleich mit einer Entschuldigung: Das hier ist ein laaanger Erfahrungsbericht. Es ist mir mal wieder nicht gelungen, unseren Roadtrip durchs Baltikum knapp zusammenzufassen. Einige besonders ausführliche Passagen habe ich schon rauskopiert. Aus denen mache ich demnächst eigenständige Blogbeiträge und verlinke sie dann hier. Schließlich möchte ich euch in meinem Reiseblog sinnvollen Rat aus der Praxis geben, wenn ihr selbst eine Rundreise durchs Baltikum plant. Ich weiß wohl, dass strukturierte Listen und knappe Tipps den meisten lieber sind. Aber direkt nach dem Urlaub muss ich immer alles einmal geballt runterschreiben.
Wer nicht viel lesen will und trotzdem einen authentischen Einblick in unsere Erfahrungen bekommen möchte, kann sich auch einfach meine Baltikum-Highlights bei Instagram ansehen. In meinem Profil family4travel teile ich dort nicht nur etliche Fotos, sondern als Insta-Story auch ganz viele Live-Eindrücke in Schrift und Bild.
Unsere ultimativen Erkenntnisse vom Roadtrip durchs Baltikum mit Kind
Wer nur kurz wissen will, ob ein Urlaub im Baltikum mit Kindern (oder ohne) eine gute Idee ist, kann hier schon aufhören: ja! Wir sind sehr begeistert.
Weil es echt viel verlangt wäre, euch die Zusammenfassung erst nach 17 A4-Seiten lesen oder scrollen zu geben, stelle ich euch unsere wichtigsten Erkenntnisse vorne an. Danach folgt dann unser richtiger Erfahrungsbericht mit Route, Tagesetappen, Sehenswürdigkeiten und kurzer (ha) Beschreibung unserer Erlebnisse.
- Die lange An- und Abreise per Fähre zu erledigen, war für uns ein echter Volltreffer. Zeitersparnis plus Entschleunigung!
- Zwei Wochen sind für einen Roadtrip durchs Baltikum bedauerlich wenig – aber es funktioniert.
- Eine Reise durchs Baltikum mit dem E-Auto geht bestens.
- In den meisten Dingen dürft ihr den aus Deutschland gewohnten Standard erwarten.
- In Sachen Digitalisierung und Kaffee-Qualität mehr.
- Das Preisniveau ähnelt dem in Deutschland. (Das Lohnniveau außerhalb der größeren Städte überhaupt nicht, was für die Menschen auf dem Land ein riesiges Problem darstellt. Aber im Urlaub werdet ihr davon wenig mitbekommen.)
- Litauen ist generell etwas günstiger als Lettland und Estland. Am teuersten ist Riga.
- Das gesamte Baltikum ist kinderfreundlich, auf angenehm zurückhaltende Weise. Nicht in allen, aber in viel mehr Restaurants und Cafés als in Deutschland gibt es z.B. Spielecken oder Maltische.
- Vegetarisch oder vegan zu reisen, ist im Baltikum außerhalb der großen Städte nach wie vor schwieriger als anderswo. Die meisten Restaurants haben inzwischen aber zumindest ein vegetarisches Gericht auf der Karte.
- Wer sich komplett glutenfrei ernähren muss, sorgt am besten selbst vor. Mir sind optimal ausgezeichnete Speisekarten untergekommen. Aber in manchen Restaurants war die Verständigung auf Englisch schwierig und das Konzept Gluten offenbar unbekannt.
- Generell klappt die Verständigung auf Englisch meistens gut. Deutschkenntnisse darf man nirgendwo erwarten. Zur Not: Die Basics bekommt der Google-Übersetzer schon ganz gut hin.
- Wenn ihr etwas Bestimmtes wissen wollt, fragt mich gerne über die Kommentarfunktion am Ende des Beitrags!
Wer schreibt hier überhaupt?
Vermutlich landet hier eher früher als später hauptsächlich Google-Kundschaft, die nach „Roadtrip durchs Baltikum Erfahrungen“ oder so gesucht hat. Willkommen! :) Ich stelle uns deshalb ganz kurz vor, damit ihr meine Berichte und Einschätzungen besser einordnen könnt.
Unsere Rundreise durchs Baltikum fällt in den September 2024. Wir haben uns dafür zwei Wochen Urlaub genommen. Da wir schon gleich am Freitag nach der Arbeit losfahren und am übernächsten Samstag ziemlich genau um Mitternacht zurück sind, kommen wir auf 16 Tage.
Wir sind als dreiköpfige Familie unterwegs: Eltern und ein fünfjähriges Kind.
Wir fahren ein E-Auto. (Einen Skoda Enyaq – durch deren bescheuert lange und sich immer wieder verzögernde Lieferzeiten bei unsere Abfahrt kaum seit einer Woche. Learning by doing stellt sich aber auch in Sachen E-Auto im Baltikum als unproblematisch heraus.)
Reiseerfahrung im Baltikum und in Europa
Nach einem vierwöchigen Roadtrip durch Polen, Litauen, Lettland, Estland und Finnland im Jahr 2012 ist es für uns bereits die zweite Reise ins Baltikum, mit zwölf Jahren Abstand.
Und ach ja: Generell sind wir innerhalb Europas „well travelled“. Mit unseren großen Jungs (die diesmal nicht mehr mit wollten) sind wir 2014/15 elf Monate auf Langzeitreise gewesen. Mit mehr als zehn Jahren Erfahrung als Reisebloggerin und Autorin mehrerer Familien-Reiseführer könnte man mich wohl auch ein bisschen als „professionelle Reisende“ bezeichnen.
Unser Baltikum-Roadtrip ist aber ein rein privater Urlaub. (Was auch immer nur so halb stimmt. Denn mit Blogger-Brille will ich dann doch noch dies und das und jenes nachgucken und fotografieren, weil es möglicherweise euch für eure eigene Planung interessieren könnte. Und außerdem schreibe ich gerade an einem Urban-Fantasy-Roman, der teilweise im Baltikum spielt. Das erklärt, warum wir teilweise sehr ungewöhnliche Orte ansteuern: aus Recherchegründen.)
Unsere Roadtrip-Route durchs Baltikum
Hier erzähle ich also frei von der Leber weg unseren eigenen Roadtrip nach.
Unsere Route durchs Baltikum habe ich (etwas dilettantisch, sorry) bei Google Maps nachgezeichnet.
Unser Roadtrip beginnt also mit einer langen Fährfahrt: Travemünde-Helsinki in 30 Stunden. Ja, Finnland ist nicht das Baltikum. Für uns und mit Kind ist das aber der ideale Einstieg in unseren Roadtrip.
Wir kürzen Fahrstrecken gerne übers Wasser ab. Obwohl wir große Fans von Roadtrips und Rundreisen sind, sitzen wir nämlich nicht besonders gerne im Auto. Vier Stunden pro Tag sind unsere persönliche Wohlfühlgrenze. Und die teilen wir dann schon in zwei Hälften mit langer Pause dazwischen (für Sightseeing, Wanderungen oder sonstige Erkundungen eines Zwischenziels).
Einen kompakten Ratgeber-Artikel zum Thema Roadtrips allgemein habe ich hier geschrieben: Roadtrip mit Kindern: Unsere Tipps und Tricks für den Familienurlaub mit dem Auto.
Mit so einer Grundeinstellung kommt man ohne Schiff schlecht ins Baltikum. Denn das ist weit weg. Mit Fähre dagegen kann die weite Strecke regelrecht zur Erholungsreise werden. Bevor wir am Urlaubsziel ankommen, sind wir nach einem vollen Tag auf See erzwungenermaßen schon ernsthaft erholt.
Mit der Fähre ins Baltikum
Leider ist die Streckenwahl ins Baltikum zumindest in der Nachsaison nicht so ganz frei. Verschiedene Reedereien fahren verschiedene baltische Städte an. Von Deutschland aus sind das aktuell aber ausschließlich Klaipeda in Litauen und Liepaja in Lettland.
Eigentlich angepeilt haben wir Klaipeda. Da war aber wenigstens im September nichts zu wollen, weder von Travemünde noch von Rostock aus. Kiel ist uns als Abfahrthafen schon wieder arg weit weg. Für den Rückweg entscheiden wir uns deshalb für das lettische Liepaja als Abfahrthafen.
Tallinn in Estland wird von Deutschland aus gar nicht direkt angefahren. Es ist allerdings gut möglich, von Travemünde ins finnische Helsinki zu fahren und von dort aus noch am selben Tag innerhalb vier weiterer Stunden nach Tallinn überzusetzen. Noch besser ist es, sich eine Zwischenübernachtung in Helsinki zu gönnen und auch noch ein paar Eindrücke aus Finnland mitzunehmen. So haben wir es gemacht. (Der Abstecher nach Finnland ist auch deshalb total interessant, weil sehr enge kulturelle Verbindungen nach Estland bestehen, die man sonst kaum auf dem Schirm hat.)
Eine gute Übersicht über verfügbare Fährstrecken, Zeiten und Preise bietet zum Beispiel das Portal Direct Ferries* (Es gibt noch andere, die wahrscheinlich genauso gut sind. Wir buchen nach vielen guten Erfahrungen aus Gewohnheit bei Direct Ferries. Wenn ihr das auch tut, freue ich mich, wenn ihr dazu über meinen Link vor dem * geht. Dann bekomme ich eine kleine Provision und mein aktuell komplett werbefreies Blog rentiert sich. Der Preis sollte für euch eigentlich derselbe sein. Zur Vorsicht rate ich euch, die Preise trotzdem auf allen Kanälen zu vergleichen.)
Tag 1: Nach Travemünde zur Fähre
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Obernkirchen – Travemünde. 278 km, knapp drei Stunden Fahrtzeit.
Von unserem Zuhause im Schaumburger Land (zwischen Hannover und Bielefeld) fahren wir Freitag Nachmittag nach Kindergarten und Arbeit los. Knapp drei Stunden später sind wir in Travemünde. Die Finnlines-Fähre Richtung Helsinki legt erst mitten in der Nacht ab. Das Boarding beginnt ab 23 Uhr. Das ist einerseits nicht besonders familienfreundlich. Andererseits ermöglicht es uns einen Frühstart Richtung Baltikum.
Wir kommen gegen sieben Uhr abends in der kleinen Hafenstadt an. So haben wir genügend Zeit, um unser Auto zu laden, Essen zu gehen und uns Travemünde anzugucken. Letzteres lohnt sich unbedingt. Das von der Fischerei geprägte Örtchen nahe Lübeck ist absolut sehenswert.
Mit schlafendem Kind auf dem Arm gehen wir an Bord. Unsere Innenkabine ist verhältnismäßig geräumig. Unser Schiff ist die Finnstar. Die erste Nacht an Bord verbringen wir bester Dinge. Irgendwann in der Nacht legen wir ab. Die See ist so ruhig, dass ich mich am frühen Morgen wundere, ob wir überhaupt noch nicht losgefahren sind.
Tag 2: Überfahrt Travemünde – Helsinki
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: 30 Stunden Fähre Travemünde – Helsinki.
Unser erster voller Urlaubstag ist durchaus als solcher zu zählen. 2012 sind wir dieselbe Strecke retour mit der Finnmaid gefahren und waren wenig erbaut davon. Jetzt hat die Überfahrt beinahe schon Kreuzfahrt-Charakter. Es gibt einen super Kinderbereich. Eine Sauna (getrennt nach Geschlechtern) ist kostenlos zugänglich. (Das haben wir leider nicht ausprobiert.) Dazu lassen sich sogar Massagen buchen.
Und das Essen ist hervorragend! An unserem ersten Morgen an Bord gönnen wir uns den Brunch. Die finnischen Gastronomiepreise haben sich zwar gewaschen. (32 Euro zahlen wir pro Person, das Kind die Hälfte.) Dafür werden wir aber auch nicht nur irgendwie satt, sondern genießen ein reichhaltiges kalt-warmes Buffet. (Riesenpluspunkt für Betroffene: Alle Allergene sind vorbildlich ausgeschildert und die glutenfreie Auswahl ist groß.)
Vor allem auch im Vergleich mit der Rückfahrt (Liepaja – Travemünde mit Stena Lines in 22 Stunden) ist die Fahrt nach Helsinki super bequem, abwechslungsreich und kurzweilig. (Auch die Stena Flavia ist jetzt nicht grottenschlecht. Aber sie ist schon sehr in die Jahre gekommen, nicht besonders gut organisiert und das Essen lässt dort einfach zu wünschen übrig. Aber hey, Hauptsache, wir kommen an!)
Tag 3: Ingå, Finnland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Helsinki – Ingå – Helsinki. 138 km, knapp zwei Stunden Fahrtzeit.
Nach einer Nacht, einem vollen Tag und noch einer Nacht auf See kommen wir am Vormittag in Helsinki an. Wir könnten nun direkt weiter zum Estland-Kai fahren und nach Tallinn übersetzen. Dann wären wir am Nachmittag des zweiten vollen Urlaubstages im Baltikum angekommen. Viel schöner ist es aber, sich noch mindestens einen Tag in Finnland zu gönnen.
Naheliegend wäre es nun, Helsinki zu besichtigen. Dass wir das nicht tun, sondern nach Westen in die Pampa fahren, hat persönliche Gründe. (Die finnische Hauptstadt haben wir uns aber vor zwölf Jahren ausgiebig angesehen. Es gibt sogar noch einen uralten Blogbeitrag darüber: Hübsches Helsinki!)
Etwa eine Fahrstunde westlich von Helsinki liegt die kleine Stadt Ingå. Sie ist fest in schwedischer Hand, denn die seit dem Mittelalter anwesende schwedischsprachige Minderheit bildet hier die Mehrheit. Wie sinnig es ist, einen einzigen Tag in Finnland ausgerechnet in Klein-Schweden zu verbringen, lasse ich dahingestellt. (Ich „musste“ hin, weil in einem nahen Waldstück nun einmal ein paar Steine rumliegen, an denen hochmystische Dinge vor sich gehen. Jawohl.) Wunderschön ist es jedenfalls in Ingå!
Restaurant-Tipp Café Wilhelmsdal
Wie über so gut wie all unsere Zwischenstopps möchte ich auch über Ingå noch einen ausführlichen Artikel schreiben. Aber ich kenne mich: Am Ende habe ich nie genug Zeit. Unbedingt erwähnen möchte ich deshalb hier schon einmal das schnuckelige Café Wilhelmsdal direkt an der Brücke. Hier genießen wir unseren ersten „echten“ Urlaubstag so richtig mit Buffet und leckerem Kuchen.
(Und wir vergessen Heidemarie, Frankas allerliebstes Stofftier. Zuerst stand hier deshalb ein Nachruf. Wenn alles gut geht, bekommt aber jemand bald ein Päckchen aus Finnland… Yay!)
Von Helsinki nach Tallinn
Wir übernachten in einem vergleichsweise günstigen Self-Service-Hotel am Rand von Helsinki. Morgens um acht stehen wir dann pünktlich nur zwei Straßenblocks weiter am Fähranleger. Die Fähren zwischen Helsinki und Tallinn fahren tagsüber mindestens stündlich.
Ich weiß nicht, wie gut es funktioniert, sich ganz spontan einfach hinten anzustellen. Wir haben vorgebucht. Es fahren auch drei Reedereien auf der Strecke. Für Eckerö haben wir uns hauptsächlich aufgrund der Abfahrtszeit und der Möglichkeit zum Frühstücksbuffet entschieden. So können wir auf ein teures Hotelfrühstück verzichten und die ohnehin „tote“ Zeit auf dem Schiff zum Essen nutzen.
In der Praxis klappt das so mittelgut. Wie sich herausstellt, besteht das Buffet aus Massenabfertigung in zwei Schichten. Wer ohne Auto reist, schafft es wohl pünktlich um acht ins Restaurant. Wer samt PKW verladen werden muss, hat dann die Wahl, entweder in 40 Minuten satt zu werden, oder mehr als eine Stunde auf die zweite Schicht zu warten. Mit kleinem Kind fällt die Entscheidung leicht. Das Speisenangebot ist zwar völlig okay, aber wir fühlen uns reichlich gehetzt. Uns wird unmissverständlich vermittelt, dass wir am Ende unseres Zeitslots das Restaurant verlassen haben müssen. Das hatten wir uns einfach anders vorgestellt.
Den Rest der Zeit drängen wir uns dann im allgemeinen Sitz- und Selbstbedienungsbereich mit sehr kleiner Spielecke. Ein Picknick aus dem Supermarkt an Deck wäre im Nachhinein gemütlicher gewesen. Egal, Hauptsache ankommen. Das tun wir auch noch satt, also alles gut.
Tag 4: Tallinn, Estland
4 Stunden Fähre Helsinki – Tallinn. Plus Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Tallinn – Pirita – Tartu. 196 km, 2,5 Stunden Fahrzeit.
Die Fähren aus Helsinki kommen praktisch mitten in der estnischen Hauptstadt an. Martin hat einen (erwartbar teuren) Parkplatz in der Altstadt rausgesucht. Wieder fahren wir nur um ein paar Blocks. Hier könnten wir auch laden – aber weil wir das tags zuvor in Ingå schon erledigt haben, ist das bei einer sommerlichen Reichweite von über 500 km noch gar nicht wieder nötig. Klappt also wunderbar mit dem E-Auto.
Tallinn hat eigentlich mehr als einen Tag verdient. Mindestens von morgens bis abends solltet ihr euch die wunderschöne alte Hansestadt ansehen, wenn ihr zum ersten Mal da seid. Wir haben 2012 drei Tage in Tallinn verbracht. (Es gibt auch noch Blogbeiträge darüber, die ich allerdings dringend mal überarbeiten und zusammenfassen müsste.)
Da zwei Wochen leider arg wenig sind für einen Roadtrip durchs Baltikum, haben wir schweren Herzens an unserem Tallinn-Tag geknappst. Ein Bummel durch die bildschöne Altstadt muss trotz allem aber drin sein!
Mit dem Buggy durch Tallinn
Obwohl Franka schon fünf ist, haben wir es uns leicht gemacht und den Buggy mitgenommen. Das erweist sich als hervorragende Idee. Der Fahrradanhänger von Thule*, den wir vor drei Jahren aus dritter Hand gekauft haben, hat mit uns schon viel mitgemacht. Er lässt sich auch schieben und ist extrem geländegängig. Dabei ist er so geräumig, dass auch die Fünfjährige noch halbwegs bequem darin unterkommt. So kann sie sich jederzeit in ihr kleines Reich zurückziehen. Gerade bei einem Roadtrip mit vielen Ortswechseln und extremem Input ist das Gold wert. Für uns Eltern erweitert das den Radius enorm. Wir müssen keine Rücksicht nehmen auf kurze Beine.
Dann schläft Franka sogar ein. Der kindliche Schutzmechanismus gegen zu viele Impulse ist bei ihr prima intakt. Dank Buggy kommt er uns zupass. Wir Eltern erleben so plötzlich und unerwartet ein Date zu zweit, indem wir in das supersüße Innenhof-Café „Chocolaterie Pierre“ einkehren. Natürlich hätten wir unser Mädchen auch gerne wach dabei gehabt. Die unverhoffte Paarzeit genießen wir trotzdem nach Kräften.
Tallinn Fernsehturm
Etwas außerhalb der Stadt, nördlich am Meer im Villenstadtteil Pirita, steht der Fernsehturm von Tallinn. Eigentlich ist der kein absolutes Must-See. Dass ich unbedingt hin will, hat wieder mit meinem Roman zu tun. Wenn ihr länger als einen vollen Tag in der Stadt seid und euch für die Thematik interessiert, ist ein Besuch schon ganz interessant.
314 Meter hoch ist der Turm. Auf 170 Metern befindet sich die Aussichtskanzel, die zahlender Kundschaft geöffnet ist. In der Geschichte der Unabhängigkeit Estlands spielt der Fernsehturm eine Rolle. Im unteren Bereich gibt es eine kleine Ausstellung dazu. Mit dem Fahrstuhl geht es dann 22 Stockwerke in die Höhe.
In der Aussichtskanzel ist der trockene Rundumblick zu genießen, zusammen mit einigen weiteren Infos und einem kleinen Bällebecken für Kinder. Ein Stockwerk höher wartet ein wirklich nett eingerichtetes Café mit gar nicht mal so abgehobenen Preisen.
Außerdem ist da noch der Aussichtsbalkon. Wer ganz mutig ist, kann sich ein Sicherheitsgeschirr anlegen lassen und vor der Absperrung die Füße über die Kante baumeln lassen (quasi Bungee ohne Sprung). Ich habe mich nicht erkundigt, ob das im Eintrittspreis von 37 Euro pro Familie (!) inbegriffen gewesen wäre. (Kein Interesse, danke.)
Tag 5: Tartu, Estland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: nur von der Unterkunft in die Stadt und zurück ;)
Dass Estland ein wunderbares Reiseland für mindestens zwei Wochen ist, wissen wir von unserem ersten Roadtrip durchs Baltikum. Ein bisschen schwer fällt es uns schon, diesmal so tolle Ziele wie Saaremaa, Muhu und Pärnu links (oder besser gesagt rechts) liegen zu lassen.
Tartu auszulassen, wäre für uns allerdings unverzeihlich. In der Nähe der zweitgrößten und mindestens zweitschönsten Stadt Estlands wohnt eine befreundete Familie. Bei unserem ersten Roadtrip durchs Baltikum haben wir sie durch Couchsurfing kennengelernt. Fast zehn Jahre haben wir sie nach ihrem Gegenbesuch nicht gesehen. Nun haben sie uns wieder zu sich eingeladen. Es ist fast so, als wären wir nie weg gewesen. Wir bleiben zwei Nächte in ihrem Holzhaus mitten im Wald. Reden, essen und bewundern selbstgezogene Dahlien, großgewachsene Söhne und filigrane Handarbeiten.
Tagsüber, während die anderen mit Schule, Studium und Arbeit beschäftigt sind, besichtigen wir Tartu. Beim letzten Mal hat uns hier ein Virus einen Strich durch die Rechnung gemacht. Unsere Jungs lagen mit hohem Fieber darnieder. Martin und ich sind im Schichtwechsel und mit schlechtem Gewissen einmal kurz durch Tartu gehetzt. Diesmal nehmen wir uns Zeit für die malerische Kleinstadt (98.000 Einwohnende). Wieder besichtigen wir nichts von innen, obwohl das Nationalmuseum hervorragend und das naturwissenschaftliche Mitmach-Museum AAHHA für Kinder besonders toll sein sollen. Aber das Wetter ist einfach zu schön und die Stadt ebenso. Müssen wir halt noch mal wiederkommen!
Tag 6: Valga, Estland bzw. Valka, Lettland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Tartu – Valga – Turaida. 195 km, 2,5 Stunden Fahrtzeit.
Schweren Herzens verabschieden wir uns am folgenden Vormittag von unserer Freundin Reet. (Die verkauft übrigens – WERBUNG aus Sympathie und Überzeugung – ihre original estnischen Handarbeiten über Facebook.) Dann düsen wir nach Süden zur Grenze nach Lettland. Geladen haben wir unser Auto tags zuvor im Parkhaus in Tartu. Bei einer Reichweite von gut 500 km jetzt im Sommer und den relativ kurzen Etappen im Baltikum müssen wir das trotz Roadtrip nicht täglich.
Zwischenstopp in Valga/Valka
Die Pause in der Grenzstadt machen wir aus reinem Interesse. Valga heißt sie auf estnischer Seite, Valka auf lettischer. Die Staatsgrenze verläuft mitten hindurch. Schon immer haben hier Menschen sowohl estnischer als auch lettischer Muttersprache gesiedelt. In der traditionell multikulturellen historischen Region Livland war das lange nicht wichtig. Als sich im 19. Jahrhundert Nationalstaaten zu formen begannen, beanspruchten beide Länder die Stadt für sich. Bevor die Frage endgültig geklärt war, spielte sie in der Fremdherrschaft der Sowjetunion wieder keine große Rolle.
Nach der Unabhängigkeit sortierte man sich entlang recht willkürlich gezogener Linien. Ein winziger Bach, eher ein Rinnsal, mutierte zur Staatsgrenze. Heute steht dank EU und Schengen eine Holzterrasse über dem Gewässerchen und darauf eine Schaukel. Auf der schwingen wir im Sekundentakt zwischen beiden Ländern hin und her. (Nachdem wir uns das Ding durch viertelstundenlanges aggressives Lungern von lokalen Jugendlichen hart erkämpft haben, heißt das. Denn was als touristische Attraktion gedacht war, ist anscheinend auch lokal sehr beliebt.)
Café-Tipp für Valga
Unbedingt erwähnen möchte ich an dieser Stelle noch das wunderbare Kohvik Johanna. Das kleine Café befindet sich auf estnischer Seite nahe dem Bahnhof. Hier gibt es hervorragenden Kuchen, sehr guten Kaffee (wie überall im Baltikum), leckere kleine Gerichte zu Mittag und eine Spielecke.
Tinyhouse im Gauja-Nationalpark
Abends beziehen wir unsere nächste Unterkunft, wo wir die folgenden vier Nächte verbringen. Sie liegt mitten im Gauja-Nationalpark südöstlich von Riga bei der kleinen Stadt Sigulda. Das 22 Quadratmeter große Tinyhouse verdient seinen Namen. Für uns drei ist es dabei super bequem und komfortabel. Die winzige Küchenzeile taugt zur Selbstversorgung. Dusche und WC funktionieren wie in jedem normalen Stadthaus. (Das ist im Baltikum nicht überall selbstverständlich. Gerade im Nationalpark gibt es z.B. Gastronomie, wo das Toilettenpapier im Mülleimer entsorgt werden muss.) Franka schläft zwischen uns in der Besuchsritze. Das macht sie in fremder Umgebung aber eh grundsätzlich.
Größere Familien finden nebenan im Ferienhaus Unterkunft. Mit acht Betten geht es dort deutlich geräumiger zu.
Gefunden habe ich diese Perle über AirBnB. Ihr könnt sie auch direkt mieten, wenn ihr nach „Mellene“ sucht. Allerdings spricht die Vermieterin kein Englisch. Die Kommunikation läuft über den Online-Übersetzer.
Tag 7: Riga, Lettland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Turaida – Riga – Turaida. 122 km, 1:10 Stunden Fahrtzeit.
Bevor wir uns so richtig in die Natur stürzen, legen wir erst einmal ein Großstadtabenteuer ein. Von unserem kleinen Häuschen im Wald bis in die Metropole des Baltikums ist es eine gute Stunde Fahrtzeit mit dem Auto. Von Sigulda aus gibt es auch eine Zugverbindung, allerdings nicht stündlich.
Wir laden in Riga wieder im Parkhaus. (Das Laden selbst klappt wieder wie am Schnürchen. Ein Problem ist dann nur, dass die Ladesäulen zwar bei Martins Anbieter-App verzeichnet sind, sich aber in einem eigentlich nicht öffentlichen Parkhaus eines Bürokomplexes befinden. Da dort alles nur auf Lettisch beschriftet ist und wegen automatischer Kennzeichenerfassung und Onlinezahlung ohnehin selten Bezahlautomaten vorhanden sind, checken wir das erst abends. Bei unserer Rückkehr ist nämlich das komplette Parkdeck wegen Bauarbeiten abgesperrt. Na ja, wegen solcher Abenteuer fährt man ins Ausland, oder? Wir verlassen das Gebäude jedenfalls letztlich mit vollem Akku. Die Bauarbeiter haben für die dummen Deutschen netterweise ein Schlupfloch gelassen.)
Riga an einem Tag
In Lettlands Hauptstadt wohnen 612.000 Menschen (fast so viele wie in Leipzig). Zählt man den Großraum dazu, kann man Riga sogar als Millionenstadt bezeichnen.
Auch Riga kennen wir schon von vor zwölf Jahren. Damals hatten wir ebenfalls nur einen Tag für einen Bummel durch die Metropole. Es gibt nicht viele Städte, die ich nach so langer Zeit ein zweites Mal besuche. Deshalb weiß ich nicht, wie normal das ist. Jedenfalls erkenne ich kaum etwas wieder. Die Straßenlaternen in dem Park entlang des alten Stadtwalls sind noch dieselben. Und Miss Baltika, die lettische Freiheitsstatue, kenne ich noch. Wahnsinnig viel Jugendstil ist auch immer noch da. Die mehrstöckigen Wohn- und Geschäftshäuser sind nun insgesamt in wesentlich besserem Zustand. Generell ist Riga berühmt für seine großflächig erhaltenen Jugendstil-Viertel. Die gesamte Innenstadt steht als Gesamtkunstwerk unter dem UNESCO-Kulturerbe-Siegel.
Das Stadtzentrum ist dann irgendwie ein weißes Blatt für mich. Sind wir damals gar nicht hier gewesen? Bin ich einfach nur vergesslich? Hübsch ist es jedenfalls in den Altstadtgassen. Voll auch. Während wir das ganze Baltikum auf unserem Roadtrip als wenig touristisch erleben, macht Riga hier eine Ausnahme. Nirgendwo hören wir so viel Deutsch wie hier (oder überhaupt Deutsch, wenn ich so darüber nachdenke).
Familienfreundlicher Restaurant-Tipp für Riga
Bevor wir wieder in unser Waldhäuschen zurück fahren, essen wir abends gut und günstig bei Lido. Die Fastfood-Kette versteht sich als lettische Antwort auf McDonalds und Co. Filialen gibt es allerdings fast ausschließlich in Riga und wenigen anderen lettischen Städten. In großen Eisenpfannen stehen hinter der Theke traditionelle Gerichte parat, die Angestellte ganz nach Wunsch in die Teller schaufeln. Alle Beilagen sind einzeln bepreist und beliebig kombinierbar. Gerade mit Kindern ist das eine feine Sache. Franka beispielsweise isst Kartoffelbrei für 1,20 Euro mit Erbsen für – ich weiß nicht mehr genau, ein paar Cent. Einziger Minuspunkt: Es gibt kein Klo. Nur ein Waschbecken zum Händewaschen, immerhin.
Tag 8: Gauja-Nationalpark, Lettland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Turaida – Sigulda – Ligatne – hier und dort – Turaida. 57 km, 1:20 Stunden Fahrtzeit.
Dann wollen wir endlich raus in die Natur! Nachdem wir beim Erwachen den Morgennebel im Wald aufsteigen sehen und in der Ferne paarungsbereite Hirsche röhren hören, wandern wir nach dem Frühstück direkt von der Haustür aus zum Fluss.
Wandern und Paddeln im Gauja-Nationalpark
Es gibt schöne Wanderwege im Nationalpark, richtig tolle Routen. Leider ist Franka gerade wandertechnisch in einem ungünstigen Alter: zu groß für die Kraxe, zu klein für ernsthafte Strecken. So begnügen wir uns mit dem Spaziergang über den Waldweg, der auch als Zufahrt für unsere Unterkunft und die umliegenden Häuser dient.
Ein kleiner Pattweg bringt uns schließlich zum Fluss. Die Gauja ist hier breit und wirkt auf den ersten Blick träge. Sie besitzt aber durchaus Strömung und gilt als anspruchsvolleres Kanurevier. Später geraten wir arg in Versuchung, ein Kanu zu mieten. Aber auch hier gilt: leider noch nichts für unsere Nichtschwimmerin. (Ja, das ist immer Ermessenssache. Auf der Aller und der Ems sind wir auch schon mit Kleinkind gepaddelt. Bei der Erwähnung von Strudeln hätten unsere großen Jungs sicher gefeiert. Ich habe mit Blick aufs Kind dankend abgelehnt.)
Museumsareal Turaida
Die große Attraktion, die unserer Unterkunft am nächsten ist – abgesehen von der wunderbaren Natur – ist der Museumskomplex von Turaida. Der Ortsteil von Sigulda hat sich um die alte Ordensburg Threyden entwickelt. Mit einem Ticket (10 Euro für uns als Familie) bekommen wir nicht nur die teils wieder aufgebauten Ruinen derselben zu sehen. Auch eine alte Holzkirche, mehrere traditionelle Handwerksbetriebe, ein alter Gutshof gehören dazu. Und ein weitläufiger Park voller moderner Kunst.
Meinem speziellen Interesse geschuldet, verbringen wir die allermeiste Zeit in der netten kleinen Ausstellung über den historischen Volksstamm der Liven (und Livinnen, die bei solchen Bezeichnungen ja grundsätzlich unter den Teppich gekehrt werden und nur „mitgemeint“ sind). Leider verpassen wir dadurch so einiges. (Mir war nicht klar, dass es nur Sammeltickets gibt. Ich dachte, wir werfen einfach kurz einen Blick auf die Burg und gehen dann nur ins Museum.) Eine gute Stunde ist jedenfalls kein angemessenes Zeitfenster für all diese Kulturschätze. Bedauerlicherweise haben wir an diesem Tag nicht mehr Zeit.
Unterwegs mit Santa
Am Nachmittag sind wir nämlich mit Santa verabredet. Der Kontakt hat sich um drei Ecken über die lettische Nationalparkverwaltung ergeben. Wenn schon eine (semi-)professionelle Reisebloggerin vor Ort ist, sollen wir auch möglichst alle Schätze der Region zu sehen kriegen. Und wenn mir auf einige simple Nachfragen hin eine kompetente Führung angeboten wird, sage ich natürlich nicht nein. Die Angelegenheit resultiert in einem vergnüglichen Ausflug, der mit netten Gesprächen und vielen Hintergrundinformationen gewürzt ist. (Und natürlich wird es deshalb auch bald einen ordentlichen Blogbeitrag über den Gauja-Nationalpark geben. Deshalb verrate ich hier besser noch nicht zu viel. Quintessenz: Voll schön da, gerade auch für Familien. Und der kleine Ort Ligatne ist die ideale Basis.)
Tag 9: Cesis und Sigulda, Lettland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Turaida – Āraiši – Cesis – Ligatne – Sigulda – Turaida. 104 km, 1:45 Stunden Fahrtzeit.
Ausgestattet mit zahlreichen Tipps für unseren zweiten (und leider letzten) vollen Tag im Nationalpark machen wir uns wieder zu dritt auf den Weg.
Freilichtmuseum: Pfahlbauten von Āraiši
Unser erstes Ziel an diesem Tag ist der Archäologiepark Āraiši. Dort werden seit den 1970er Jahren die prähistorischen Pfahlbauten erforscht, die von den Lettgallen auf mehreren Seen der Region errichtet wurden. (Und einmal bitte auch an die Lettgallinnen denken, bitte. Danke. Und wer jetzt gar kein Bild vorm inneren Auge hat, weil in keiner Geschlechtsform je von diesem Volk gehört: Die lettgallische Kultur war der größte von mindestens fünf verschiedenen Volksstämmen, aus denen sich später die lettische Nation geformt hat.)
Erst ins Museum
Wir besuchen zunächst die Ausstellung im Hauptgebäude, die über die kulturellen Hintergründe und generell über die Möglichkeiten der Archäologie zu Sowjetzeiten bis in die Moderne informiert. Die ist toll gemacht! Und weil es für Kinder eine Malstation gibt, kommen wir Eltern in den vollen Genuss des Museums.
Dann ins Freilicht-Dorf
Nach etwa einer Stunde begeben wir uns nach draußen ins Freigelände. Als erster und bisher einziger Ort in ganz Lettland ist das Dorf auf dem See in experimenteller Archäologie nachgebaut worden. Das Motiv des Siedelns AUF dem Wasser ist für uns besonders spannend, denn wir haben ganz ähnliche Bauten bereits in Nordmazedonien und Schottland besichtigt. (Die auf dem Bodensee kennen wir kurioserweise noch nicht aus eigener Erfahrung.) Ähnlich wie bei den jungsteinzeitlichen Großsteingräbern, die sich von den Britischen Inseln bis nach Andalusien ziehen, läge nun die Vermutung einer gesamteuropäischen Kultur nahe. Bei genauem Hinsehen erschließt sich aber schnell, dass nur die Grundidee dieselbe ist. (Wir siedeln AUF dem Wasser, weil eine Holzplattform dort leichter zu verteidigen und praktischer zu bewohnen ist als im Ufermatsch.) Die konkrete Bauweise variiert stark. Dennoch: super interessant!
Hochmittelalterliche Ruinen
Nach einem Rundgang durch die Repliken frühmittelalterlicher Häuser (ja, diese Zeit zählt im Baltikum noch als prähistorisch, weil es erst ab dem Hochmittelalter erste schriftliche Quellen gab) schauen wir uns noch die Burgruine gleich daneben an. Auch sie gehörte zum Schwertbrüderorden, der das Baltikum ab dem 13. Jahrhundert teils gewaltsam christianisiert hat.
Prähistorische Experimente
Ein dritter Bereich auf dem Außengelände zeigt ebenfalls in experimenteller Archäologie verschiedene Arten von Behausungen, die an anderen Orten in Lettland ausgegraben wurden. Der Zeithorizont reicht hier von der Steinzeit bis in die frühe Neuzeit.
Stadtbummel durch Cesis mit Schlosspark
Die kleine Stadt Cesis gilt als zentraler und wohl auch schönster Ort im Gauja-Nationalpark. Viele, die einen Roadtrip durchs Baltikum unternehmen, machen hier vor oder nach Riga Station. Auch wenn ich persönlich Ligatne sehenswerter finde, ist das generell eine gute Idee. In der hübschen Altstadt reihen sich Cafés und Restaurants in meist restaurierten Holzhäusern aneinander. (Unser Tipp: Im „Vinetas un Allas Kārumlāde“ gibt es leckeren Kuchen und sogar glutenfreie Schokoladenmuffins.)
Hauptattraktion im Ort ist die Burgruine. Sie ist die größte und bekannteste in der Region. Vor zwölf Jahren haben wir schon einmal davor gestanden. Auch diesmal besichtigen wir die Ordensburg nicht von innen (zu wenig Zeit). Ein kleiner Spaziergang die Treppen hinab und durch den weitläufigen Schlosspark ist aber Pflicht.
Netzpark Ligatne
Auf dem Rückweg fahren wir noch einmal nach Ligatne. Es ist höchste Zeit für ein echtes Kinderprogramm. Bisher ist Franka brav mitgelaufen und hatte in Museen und auf Spielplätzen reichlich Spaß. Santa hat uns am Vortag aber im Vorbeigehen etwas gezeigt, das Franka zu gerne selbst ausprobieren möchte. Als große Fans von Kletterparks verschließen wir uns diesem Wunsch nicht.
Der Netzpark „Tīklu parks“ ist allerdings kein Kletterwald, wie wir ihn aus Deutschland, Dänemark, Schweden oder Schottland kennen. Hier müssen wir nicht im Geschirr gesichert über einen Hindernisparcours zwischen den Baumstämmen balancieren. (Genau das gibt es aber auch in Lettland im nahen Tarzan-Park in Sigulda.) Der Tīklu parks besteht aus gut gesicherten Netzwegen, die sich in luftiger Höhe über den Waldboden ziehen. Immer wieder weiten sich die schwingenden Pfade zu größeren Flächen, die wie ein Trampolin funktionieren. Ein Heidenspaß nicht nur für Kinder, sondern für die ganze Familie!
Der Kletterpark ist Teil des Erlebniskomplexes „Zeit“, der auch ein einfaches, familienfreundliches Hotel umfasst. Das dazugehörige Selbstbedienungs-Restaurant bietet nicht nur typisches Ausflugsessen, sondern auch überraschend gute Suppen und Salate, ernsthaft vegetarisch oder gar vegan, plus riesiges Spielzimmer. (Bei Dauerregen ein echter Tipp für Familien mit kleinen Kindern.)
Tag 10: Šiauliai, Litauen
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Turaida – Berg der Kreuze – Šiauliai. 193 km, 3 Stunden.
Am nächsten Tag wechseln wir mal wieder das Land. Mit Litauen haben wir die wenigste Vorerfahrung. Bei unserem ersten Roadtrip durchs Baltikum haben wir dem größten der drei kleinen Länder nur zwei Übernachtungen in Kaunas zugestanden. In meiner Planung spielte Litauen deshalb die Hauptrolle (bis irgendwie Lettland um die Ecke kam und so viel Romanhandlung beanspruchte).
Nach reiflicher Überlegung entscheiden wir uns, direkt zum Berg der Kreuze durchzufahren. Der liegt direkt vor der nordlitauischen Stadt Šiauliai. (Gesprochen hört sich das ungefähr wie „Scholähj“ an. Der alte deutsche Name lautet „Schaulen“.)
Der Berg der Kreuze
„Berg“ ist schon etwas übertrieben für den rund zehn Meter hohen Kryžių kalnas. Ein Berg von Kreuzen ist es aber durchaus. Schon in prähistorischer Zeit galt der Hügel als heilig. Wie man das so kennt, vereinnahmte ihn das Christentum. Einerseits. Andererseits blieb es ein Ort, an den man heimlich ging und sein eigenes Ding machte. Auch das hat im gesamten Baltikum eine gewisse Tradition. Während der Fremdherrschaft durch die Sowjetunion stellten die Einheimischen hier Kreuze auf, um an die Opfer des Regimes zu erinnern. Als die Obrigkeit das mitbekam, ließ sie den Platz räumen. Mehrmals. Denn die Kreuze tauchten immer wieder auf. Und jedes Mal wurden es mehr.
Anfang der 90er, nachdem Litauen die Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, versuchten Studierende die Kreuze zu zählen. Bei 15.000 gaben sie auf. Inzwischen sind es weit, weit mehr. Längst hat sich der Ort nicht nur zur Pilgerstätte, sondern auch zur Tourismusattraktion entwickelt. Völlig zu recht, denn der Anblick ist erstaunlich. Der Berg der Kreuze ist vielleicht die spektakulärste Sehenswürdigkeit auf unserem ganzen Roadtrip durchs Baltikum.
Viele Gläubige, die den Ort besuchen, bringen ihr eigenes Kreuz mit. Wer dem Herdentrieb erst vor Ort erliegt, hat an den Verkaufsständen am Parkplatz reichlich Auswahl. Der Besuch ist prinzipiell kostenlos. Das Parken kostet einen Euro, der in den Unterhalt der Stätte fließt. Es ist möglich, das zu umgehen und an der Straße zu parken. (Das taten bei unserem Besuch vor allem die teuersten Autos.)
Stadtbesichtigung in Šiauliai
Der klassische Roadtrip durchs Baltikum sieht einen Stopp am Berg der Kreuze unbedingt vor – rauscht dann aber gleich weiter nach Vilnius oder Riga. Dass wir eine Nacht in Šiauliai einlegen, liegt zum einen an unserer Abneigung gegen lange Strecken. Zum anderen und vor allem ist es der Nostalgie geschuldet. In meiner Jugend Anfang der 90er hatten wir ein Au-Pair, das aus dieser Stadt stammte. Leider habe ich längst den Kontakt zu ihr verloren. Aber ich erinnere mich an Fotos von einer rundum grauen, trostlosen Stadt. Da wollte ich doch mal nachschauen, wie der heutige Stand ist.
Ergebnis: Šiauliai ist immer noch kein Must-See auf dem Roadtrip durchs Baltikum. Aber wer eine authentische litauische Großstadt voll echter Menschen sehen will, sollte sich ruhig mal eine Übernachtung gönnen. Nicht nur mit Kindern lohnt sich ein Spaziergang zum Talksa-See mit großem Spielplatz am Ufer. In dem hässlichen Hotelklotz im Stadtzentrum befindet sich unten das sehr nette Restaurant Žemaitis mit großer Spielecke. Leckeren (und sogar auch glutenfreien) Kuchen gibt es im Bäckerei-Café „Prezo Kepyklėlė“ in der Fußgängerzone.
Tag 11: Širvintos und Vilnius, Litauen
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Šiauliai – Širvintos – Vilnius. 219 km, 2:45 Stunden Fahrtzeit.
Nach dem Frühstück in unserer sehr netten Ferienwohnung fahren wir weiter nach Südosten. Die litauische Landeshauptstadt haben wir bei unserem letzten Roadtrip durchs Baltikum außen vor gelassen, denn genau dort liegt sie. Leider reichlich ab vom Schuss. In den kommenden drei Tagen lernen wir, dass sich der Umweg aber lohnt!
E-Auto laden auf dem Baltikum-Roadtrip
Zunächst steuern wir allerdings die Kleinstadt Širvintos an. Dort hat Martin online eine günstige Ladesäule ausfindig gemacht. Zwar würden wir nach dem Laden in Riga auch problemlos bis nach Vilnius kommen. Aber dort gehört ein Parkplatz zu unserer Ferienwohnung, und wir müssten extra los, um irgendwo zu laden. Einen Zwischenstopp machen wir sowieso. Da können wir die Gelegenheit auch gleich nutzen und einmal volltanken, während wir die Stadt erkunden.
Generell müssen wir uns mit Elektroauto mit unserem in vielen Jahren perfektionierten Roadtrip-Verhalten überhaupt nicht umgewöhnen. Schon, ganz ohne Rücksicht auf die Ladeinfrastruktur wären wir vielleicht eher irgendwo abseits in der Natur Wandern gegangen. Genauso gut möglich allerdings, dass wir auch ohne E-Auto in der Kleinstadt gelandet wären. Wie sich zeigt, hat Širvintos nämlich einige wunderbar unaufgeregte Sehenswürdigkeiten und Attraktionen.
Kleinstadtabenteuer Širvintos
Unsere schönen Erlebnisse in der kleinen Stadt (knapp 6000 Einwohnende) sind mir so ausführlich geraten, dass es sie bald als eigenen Blogbeitrag gibt. Die Kurzversion: total nett da! Wir finden mehrere Spielplätze, eine tolle Badestelle am Fluss und ein uriges Restaurant. Authentisches Litauen im Kleinformat.
Ankunft in Vilnius
Bis in die litauische Hauptstadt ist es dann nicht mehr weit. Nur die letzten paar Kilometer ziehen sich, weil die Stadt an einem bösen Verkehrsinfarkt leidet. Eine Begleiterscheinung des zunehmenden Wohlstands: Das Straßennetz wurde einfach nicht für so viele Autos geplant.
Ferienwohnung in Vilnius
Wir beziehen eine schöne Ferienwohnung im sechsten Stock eines riesigen Neubaublocks. Einerseits ist es – wie schon in Šiauliai – eine typische Situation von Wohnraumverknappung durch private Kurzzeitvermietung. Das, wofür AirBnB und Co. immer kritisiert werden. Andererseits bleiben wir hier drei Nächte, die wir nicht alle in einem teuren Hotel verbringen wollen. Selbstversorgung und etwas mehr Platz sind gerade mit Kind (und Unverträglichkeiten) Gold wert. Und eine Ferienwohnung kostet halt einfach ungefähr halb so viel wie ein Hotelzimmer, bei mindestens doppeltem Komfort (nach unseren Maßstäben).
Ich bin sehr für rücksichtsvolles Reisen und auch soziale Nachhaltigkeit und all das. In Venedig zum Beispiel haben wir letztes Jahr sehr bewusst ein alteingesessenes Hotel gebucht. Aber ganz ehrlich: So weit, dass ich viel mehr für viel weniger bezahle, geht mein soziales Gewissen dann auch nicht. Also glauben wir lieber unserem Vermieter, der behauptet, solche modernen Wohnanlagen könnten ohne Investoren wie ihn, die drei Wohnungen kaufen und nur in einer selbst wohnen, gar nicht entstehen.
In der Tat ist der Komplex sehr komfortabel und, verglichen mit dem, was wir auf unserem Fußweg ins Zentrum sonst so für Bausubstanz sehen, vertrauenerweckender. Rein kommen wir nur mit dem Transponder über die Tiefgarage oder zu Fuß durch das kleine Tor in den Innenhof. Auch das ist mit einem dicken Schloss gesichert, das nur auf den Transponder reagiert. Im Hof befindet sich ein sehr netter kleiner Spielplatz, der für Franka sofort zu einem Lieblingsort in Vilnius wird.
Orientierungsspaziergang durch Vilnius
Nachdem wir an diesem Tag schon so viel erlebt haben, wollen wir am frühen Abend eigentlich nur noch eine kurze Runde drehen. Dann finden wir im jüdischen Viertel erst ein sehr nettes Café. An dem etwas wackeligen Tisch auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Haus genießen wir die Abendsonne und ein gutes Stück Kuchen. Am Nebentisch brechen vier junge Mädchen immer wieder spontan in vierstimmigen Gesang aus: etwas, das ich eher in den Gesangsnationen Estland und Lettland erwartet hätte. Aber gut, die Musikhochschule ist nicht weit. Es herrscht ein tolles Boheme-Flair. Vilnius gefällt uns richtig gut.
Anschließend flanieren wir kreuz und quer durch die Innenstadt. Rund 570.000 Menschen wohnen hier (etwa so viele wie in Bremen). Damit besitzt Vilnius eine stattliche Größe, ist aber überschaubar genug, um die meisten Sehenswürdigkeiten zu Fuß zu erreichen. Erst spät abends in kompletter Dunkelheit kommen wir zurück in unsere Wohnanlage. (Unser Kind schläft längst selig in seinem Buggy.) Bei einem Blick auf den getrackten Routenverlauf am Handy staunen wir nicht schlecht: Wir haben fast zwölf Kilometer auf der Uhr!
Tag 12: Trakai und Vilnius, Litauen
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Vilnius – Trakai – Vilnius. 57 km, 1:10 Stunden Fahrtzeit.
Zwei volle Urlaubstage haben wir für Vilnius und Umgebung eingeplant. Das Wichtigste haben wir überraschenderweise gleich am ersten Abend abgehakt. So gedenke ich uns einen vollen Tag in der mittelalterlichen Hauptstadt Trakai zu gönnen.
Litauens alte Hauptstadt Trakai
Trakai liegt nur etwa eine halbe Stunde Fahrtzeit entfernt südwestlich von Vilnius. Spoiler gleich vorweg: Ein halber Tag reicht dafür eigentlich. Wobei, sicher wäre es nett, auf den malerischen Seen eine Bootsfahrt zu unternehmen oder einfach wandern zu gehen. Wer Kinder dabei hat, könnte prima für eine halbe oder ganze Stunde ein Tretboot mieten (Preisschildern zufolge zumindest in der Nebensaison 5 bzw. 10 Euro).
Die Basics: Bevor die litauischen Großfürsten die Hauptstadt nach Vilnius verlegten (angeblich aufgrund eines frommen Traums), herrschten sie von der wunderschön gelegenen Halbinsel aus. Oder vielleicht lässt sich die Lage auch eher als trockene Erhebung aus einer Seenplatte beschreiben. Während die kleine Stadt (gut 4000 Einwohnende) heute von allen Seiten über mehrere Brücken angebunden ist, ließ sie sich ursprünglich nur von Süden aus trockenen Fußes erreichen. (Ich fühlte mich tatsächlich ein bisschen an Malchow an der Mecklenburger Seenplatte erinnert.)
Allein schon diese Umgebung rechtfertigt einen Ausflug oder Zwischenstopp beim Roadtrip durchs Baltikum. Sehenswert ist aber außerdem auch die hübsche Altstadt mit den vielen teils renovierten, teils noch pittoresk verfallenen Holzhäusern. Hauptattraktion ist die Wasserburg Trakai, die an der Spitze der Halbinsel auf einer vorgelagerten kleinen Insel thront.
Burg Trakai besichtigen
Ich sage euch meine persönliche Meinung frei heraus: Die Besichtigung der im 20. Jahrhundert neu zusammengebastelten Burg könnt ihr euch sparen. (Es sei denn, ihr interessiert euch brennend für zusammengesuchte Antiquitäten aus halb Europa, aber nicht dem Baltikum. Für Kinder und Leute mit viel ahistorischer Ritterromantik ist es schon ganz nett. Franka findet die ausgestopften Tiere der afrikanischen Savanne spannend, die aus nicht näher erläuterten Gründen in einem „Rittersaal“ ausgestellt sind, der außerdem über eine völlig unplausibel dargestellte „mittelalterliche Kochstelle“ verfügt. Aber Jungejunge, so ein schlecht konzipiertes Museum mit so wenig Geschichtsvermittlung habe ich lange nicht gesehen.)
Was ihr auf jeden Fall tun solltet: über die Brücken bis zum Kassenhäuschen spazieren. Das befindet sich am Rand des Innenhofs. Ihr könnt also bequem einen kostenlosen Blick in den Burghof werfen. (Der Preis für die Tickets ist mit 10 Euro für uns als Familie auch echt nicht das Problem. Ich gönne jedem Museum die Eintrittsgelder und zahle deshalb auch absichtlich fast immer voll, statt den Bloggerjoker zu ziehen. Die Zeit ist es meiner Meiner Meinung nur einfach nicht wert.)
Wenn ihr doch einmal drin seid, konzentriert euch auf den Pallas (den inneren Bereich rechter Hand). Im Obergeschoss befindet sich ein Ausstellungsteil, dem sich wenigstens ansatzweise Informationen entreißen lassen zur Geschichte der Burg und ihrer lokalen wie nationalen Bedeutung. Und immerhin: Alle Texte sind auf Englisch übersetzt. (Gerade dort oben kann man sie trotzdem teils nur schwer lesen, aufgrund mangelnder Ausleuchtung und einem ungünstigen Verhältnis von Schriftart und -farben.)
Das historische Museum im Stadtzentrum von Trakai haben wir nicht besichtigt. Vielleicht tue ich dem Ort großes Unrecht und dort wären alle geschichtlichen Hintergründe wunderbar dargestellt.
Café-Tipp für Trakai
Am Ufer rund um die Burg befinden sich jede Menge Restaurants, von denen die meisten auch gar nicht schlecht aussehen. Ja, sie sind sehr touristisch. Trakai ist nun einmal eine der Top-Sehenswürdigkeiten auf jedem Roadtrip durchs Baltikum und auch für die Einheimischen selbst.
Als Schokoladen-Junkies landen wir natürlich in Trakais Schokoladerie. „Šokolado Sostine“ heißt das Etablissement an der Hauptstraße etwa auf halber Strecke zwischen Kirche und Museum. Die Preise haben sich gewaschen. (Um die vier Euro kosten die Tortenstücke, die etwa halb so groß sind wie in Deutschland üblich. Wie meistens in Litauen werden sie direkt gewogen und individuell nach Gewicht bezahlt. Der in der Kuchentheke ausgewiesene Preis ist immer der pro hundert Gramm.) Mein Teeglas ist eigentlich nicht sauber genug, um den Laden so richtig guten Gewissens zu empfehlen. Aber der Kuchen ist nun einmal höllisch lecker. (Das Eis nicht besonders, übrigens. Tatsächlich lässt Franka die Hälfte übrig.) Großer Pluspunkt außerdem: Es gibt eine Spielecke für Kinder.
Das angeschlossene Museum für Schokoladenskulpturen besichtigen wir nicht. Es würde fünf Euro pro Person kosten. Die bei Google widerrechtlich eingestellten Fotos derselben drei, vier Motive lassen nicht vermuten, dass sich das lohnt.
Abendspaziergang durch Vilnius reloaded
Am Nachmittag machen wir uns wieder auf den Fußweg in die Innenstadt. Ein paar selige Minuten machen wir es uns auf einer Bank im Missionsgarten hinter der alten Wehrmauer gemütlich. Für eine noch bessere Aussicht könnten wir in den Kalnų parkas zu den drei weißen Kreuzen hinaufsteigen. Der Blick zum Dom und zum Gediminas-Turm von hier reicht uns aber.
Kunstviertel Užupis
Dann wenden wir uns dem Kunstviertel Užupis auf der anderen Seite der Vilnia zu. Von dem alternativen Stadtteil habe ich unter anderem bei Teilzeitreisender viel gelesen. So habe ich viel zu hohe Erwartungen. Ich denke an die Dresdner Neustadt oder das Hamburger Gängeviertel. Immerhin hat Užupis sich 1997 zum eigenen Staat in der Stadt erklärt und besitzt sogar eine eigene Verfassung. Offenbar sind die autonomen Zeiten aber schon länger vorbei. Statt wilder Kunst an allen Ecken sehen wir in den Schaufenstern hochpreisigen Schmuck und Gemälde. Innerhalb kurzer Zeit verschwinden gleich drei Porsche in verschiedenen Einfahrten. Das Boheme-Image scheint sich ausgezahlt zu haben. (Wahrscheinlich weniger für die Kunstschaffenden und mehr für die Investoren.)
Lange sitzen wir dann noch auf einer Bank, während unser Kind mit einem gleichaltrigen Mädchen über den Spielplatz tollt. Sie verstehen kein Wort der anderen, haben aber eine Menge Spaß. Allein dafür hat sich der Spaziergang über den Fluss auf jeden Fall gelohnt.
Abends essen wir gut und nicht zu teuer in dem Restaurant „Paupio 12“ in der gleichnamigen Straße. Im Obergeschoss gibt es hier eine besonders schöne und große Spielecke.
Tag 13: Kernavė und Vilnius, Litauen
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Vilnius – Kernavė – Vilnius. 77 km, 1:30 Stunden Fahrtzeit.
Nach dem Prinzip des Vortags verbringen wir wieder den Vormittag an einem Ausflugsziel außerhalb und den Nachmittag und Abend in Vilnius.
Kernavė: Litauens älteste Hauptstadt
Hätte das ärchäologische Freilichtmuseum in der Nebensaison nicht montags und dienstags zu, wären wir schon auf der Hinfahrt nach Vilnius hier gewesen. So fahren wir fast bis Širvintos zurück. Aber das lohnt sich!
Kernavė Museum
Kernavė ist der älteste verbriefte Siedlungsort in Litauen, seit der Steinzeit durchgängig bewohnt und UNESCO-Weltkulturerbe. Und so sehr ich über das Burgmuseum von Trakai geschimpft habe, so angetan bin ich vom Museum in Kernavė. (Familienticket für uns drei acht Euro.)
In der modern konzipierten Ausstellung können mäßig Interessierte so durchlaufen, ein paar simple Spiele am Bildschirm tippen und im Vorbeigehen einen Blick auf ausgegrabene Gegenstände und das Diorama eines frühzeitlichen Hauses werfen. Wer es genau wissen will, kann sich bei jeder Station nach dem Einführungsvideo tiefergehende Texte zu jedem einzelnen Aspekt durchlesen. Auf diese Weise verbringen wir gut zwei Stunden im Haupthaus. Und lernen eine Menge über die litauische Vorzeit.
Kernavė Freilichtmuseum
Anschließend spazieren wir ins Freigelände. Knauserköppe können einfach so durch das Tor marschieren. Es wird darum gebeten, für einen Euro ein freiwilliges Online-Ticket zu erwerben. Wer schon ein Museumsticket besitzt, ist von dieser Bitte ausdrücklich ausgenommen.
Vor Ort sehen wir nun, was wir schon in der Ausstellung kennengelernt haben. Fünf merkwürdig geformte Hügel liegen hier dicht nebeneinander direkt neben dem Fluss. Anscheinend sind sie natürlichen Ursprungs. In jedem Fall dienten sie den Einheimischen seit der Steinzeit als Siedlungsgebiet. Heute (und vermutlich auch schon damals) sind sie mit Holztreppen zugänglich gemacht. Verbrieft ist ein Knüppeldamm durch das sumpfige Gelände dazwischen.
Auf dem größten, hinteren Hügel rechts ist ein Siedlungsteil auf dem Stand des Hochmittelalters wieder aufgebaut. Alle Häuser sind in ihrer historischen Lage und gemäß des vorhandenen Wissens möglichst originalgetreu errichtet worden. Die meisten dürfen wir betreten.
Und schon wieder Vilnius
Abgesehen von der Welterbestätte hält das Dorf Kernavė (rund 300 Einwohnende) wenig Anziehendes bereit. Wir fahren also zurück und verbringen einen dritten Nachmittag bis Abend in der litauischen Hauptstadt.
Museum der Illusionen Vilnius
Diesmal wandern wir ein wenig durch die westliche Neustadt. (Das könnt ihr euch sparen.) Dann verschlägt es uns in das Museum der Illusionen. Was eigentlich nur so eine Verlegenheitslösung war, macht vor allem Kindern richtig Spaß. Die optischen Täuschungen, die in dem Ausstellungshaus im Stadtzentrum geboten werden, haben wir so oder ähnlich alle schon mal gesehen. (Im Wolfsburger phaeno, im Mindener Potts Park, in der Phänomenta in Bremerhaven zum Beispiel, und im dänischen Labyrinthpark Kalvehave. Als weit herumgekommene Reiseblogger sind wir einfach undankbares Publikum.) Die fünfjährige Franka geht in den Experimenten und Mitmachstationen richtig auf.
Ein sehr witziger Fotospot ist auch das 2D-Café. Die Kulinarik spielt hier allerdings völlige Nebenrolle. Für den maximalen Kontrast gibt es quietschbunte Süßigkeiten und Drinks. Wer etwas verzehrt und nur das Café sehen möchte, braucht keinen Museumseintritt zu bezahlen. Wer Museumseintritt bezahlt hat, braucht nichts zu verzehren, um hier Fotos zu machen.
Noch ein Restaurant-Tipp für Vilnius
Ein letztes Mal gehen wir Essen in Vilnius. Das „Gabi“ in der Šv. Mykolo ist ein traditionelles Restaurant mit sehenswertem Dekor. Und lecker ist es auch! Der Kellner spricht sogar Deutsch – was uns nach fast zwei Wochen Roadtrip durchs Baltikum tatsächlich zum ersten Mal passiert.
Tag 14: Kaunas und Rambynas, Litauen
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Vilnius – Kaunas – Rambynas. 245 km, 3:20 Stunden Fahrtzeit.
Open Gallery Streetart in Vilnius
Morgens nach dem Frühstück packen wir zusammen. Während Martin das Auto belädt, schnappe ich mir Franka und mache die „Open Gallery“ ausfindig. Die ist keine zehn Minuten Fußweg von unserer Unterkunft entfernt. Trotzdem hätten wir es in drei Tagen Vilnius fast nicht hier her geschafft. Wie schade das gewesen wäre! Denn die Streetart-Meile ist eine echte Sehenswürdigkeit und ein Kuriosum dazu.
Es kostet uns schon ein kleines bisschen Mut, in die schmale Gasse zwischen all den Handwerks- und kleinen Industriebetrieben einzubiegen. Hier ist nichts touristisch geleckt. Wer die großflächigen Kunstwerke aus der Nähe sehen will, muss aber mitten zwischen die Autos und den Maschinenlärm. Über 40 sind es in dem kleinen Viertel. Jedes besitzt eine kleine Legende. Wer die Besichtigung ernster nimmt als wir, kann die QR-Codes für mehr Hintergrundwissen scannen.
Franka hängt an meiner Hand und ist ein bisschen ängstlich, unter die Räder zu geraten. Von dieser nicht ganz abwegigen Gefahr abgesehen ist die Open Gallery ein super spannender Ort für Kinder. Unser Mädchen sucht die Murals wie Ostereier und freut sich über jedes einzelne.
Kurzaufenthalt in Kaunas
Heute legen wir verhältnismäßig viel Strecke zurück. Etwa auf der Hälfte liegt Kaunas, wo wir einen langen Stopp einlegen. Der zweitgrößten (und vielleicht schönsten) Stadt Litauens nur einen Tagesausflug angedeihen zu lassen, ist ein bisschen unfair. Eigentlich hat Kaunas mehr Aufmerksamkeit verdient. Aber vor zwölf Jahren waren wir hier schon recht ausführlich. Deshalb ist ein erneuter Besuch einerseits doppelt interessant. Andererseits verwenden wir unsere kostbare Roadtripzeit lieber auf Orte, die wir noch gar nicht kennen.
Wir parken – und laden – unser Auto also auf dem zentralen Großparkplatz bei der Burgruine. Von der ist in Kaunas nicht mehr allzu viel übrig. Ein Turm ist restauriert und dient als frei zugänglicher Aussichtspunkt.
Von hier zu sehen ist auch das mittlerweile schon recht mitgenommen aussehende Mural „Alter weiser Mann“, das beinahe schon ikonografisch für das moderne Kaunas steht. Angeblich zeigt es den litauischen Künstler Jurgis Maciunas. (Allerdings starb der 1978 schon im Alter von 47 Jahren.)
Ein Spaziergang durch die Altstadt ist eine feine Sache. Angefangen vom Marktplatz, wo der Rathausturm höher als die benachbarte Kirche in den Himmel ragt, zieht sich eine nette Einkaufsstraße quer durch die Innenstadt. Hier reihen sich viele hübsche Läden aneinander. Die Fußgängerzone war 1972 die erste in der gesamten Sowjetunion. Sie zieht sich über zwei Kilometer lang bis zur Michaelis-Kirche. Wir laufen nur bis zum Spielplatz am Musiktheater-Park. Eine Erwähnung wert ist auf jeden Fall noch die alte Hauptpost, im klotzigen Stil des Brutalismus erbaut. Leider steht das Gebäude derzeit leer und verfällt.
Café-Tipp für Kaunas
Die „AS Chocolaterie“ am Marktplatz von Kaunas war bei unserem ersten Roadtrip durchs Baltikum ein Highlight für uns. Das Café gibt es noch. Natürlich kehren wir wieder ein. Aber wie das so ist mit strahlenden Erinnerungen an schönste Orte: Man sollte sie besser nicht überschreiben. Damals war es wohl vor allem der Lichtblick kulinarischer Köstlichkeiten inmitten einer ansonsten noch recht renovierungsbedürftigen Stadt. Inzwischen hat die Schokoladerie reichlich Konkurrenz. Die Torten sind schon immer noch sehr lecker (und vergleichsweise teuer). Die Spielecke, die es damals gab, ist heute einem kleinen Regal mit wenigen litauischen Kinderbüchern und einem Dominospiel gewichen (womit Franka absolut zufrieden ist). Insgesamt ist die Erfahrung eher gut als herausragend.
Weiter fahren wir nach Nordwesten – und landen dabei fast in Russland. Rund um Kaliningrad (früher Königsberg) zieht sich die russische Enklave. Das Kuriosum hatten wir schon bei unserem ersten Roadtrip durchs Baltikum im Blick. Damals hätten wir eigentlich gerne einen Zwischenstopp in Kaliningrad eingelegt, aus purer Neugier. Die happige Visumsgebühr hat uns damals von diesem Abenteuer abgehalten. Aktuell sind die meisten Grenzübergänge geschlossen und die Einreisebedingungen noch viel schwieriger. (Aber wer will heute schon noch ernsthaft nach Russland reisen? Abgesehen davon, dass es sich um einen Krieg führenden Aggressor handelt, ist man dort komplett der Willkür des totalitären Staates ausgesetzt.)
Rambynas: Altes Heiligtum fast in Russland
So schauen wir nur rüber vom Ufer des Flusses aus. Auf Litauisch heißt er Nemunas, auf Deutsch und Russisch Memel. Vom Aussichtspunkt des Rambynas haben wir beste Sicht. (Das weiß ich übrigens aus dem schönen Buch „Nordwärts“* von meiner lieben Kollegin Stefanie Holtkamp. Deren Roadtrip ging allerdings nicht nur durchs Baltikum, sondern bis zum Nordkap.)
In grauer Vorzeit war der Rambynas ein Heiligtum, wo zahlreichen Legenden nach ein ewiges Feuer brannte. Der Riese Rambynos soll einen großen Stein auf den Gipfel gelegt und dem Donnergott Perkunas geweiht haben. Bis 1811 soll der Stein da gelegen und im Sonnenlicht geradezu magisch geglitzert haben. Dann hatte die Obrigkeit die Faxen dicke mit dem fortgesetzten heimlichen Heidentum der Litauer und verarbeitete ihn zu Mühlsteinen.
Heute finden zur Sommersonnenwende wieder große Feuer-Feierlichkeiten auf dem Hügel statt. Die sind sogar als uraltes Brauchtum von der UNESCO geschützt. (Generell ist im gesamten Baltikum der Johannistag der wichtigste Feiertag des Jahres. In allen drei Ländern wird er von den meisten Familien größer gefeiert als Weihnachten.)
Über steile Treppen steigen wir zum Flussufer hinab. Fast zur Nacht-und-Nacht-Gleiche geht die Sonne über Litauen unter. Russland liegt genauso flach und unspektakulär da. Mit einem kräftigen Wurf könnten wir einen Stein hinüber befördern. Weit und breit ist niemand zu sehen. Nur eine einsame Grenzboje dümpelt unbeachtet im Wasser. Unsere indirekte Auseinandersetzung mit Russland bleibt also friedlich und dabei durchaus interessant.
Achtung: Handy-Kosten
Erst später stellen wir fest, dass die Fern-Besichtigung ein teures Eintrittsgeld gekostet hat. Unsere Handys wählen sich automatisch im stärksten lokalen Netz ein. Normalerweise sagen sie Bescheid, wenn sie ins Ausland wechseln. Diesmal irgendwie nicht. Methode? Oder einfach unsere westeuropäische Gedankenlosigkeit? Wahrscheinlich ist es schon auf der Fahrt passiert, als die Straße über viele Kilometer neben dem Grenzfluss verlief und wir Google Maps genutzt haben. Klar, wir hätten auch von selbst drauf kommen und die mobilen Daten ausstellen können. (Das tun wir erst, als die obligatorische Begrüßungs-Mail eintrudelt – offenbar viel später.) So finanzieren wir Putins Krieg indirekt mit jeweils 40 Euro mit. Mist.
Ansonsten funktioniert unser mobiles Internet im gesamten Baltikum gut, meistens selbst mitten im Wald. Je nach Tarif ist ein bestimmtes Datenvolumen im EU-Ausland meist im Vertrag inklusive. Obwohl ich als Bloggerin ziemlich viel bei Instagram einstelle und sehr viel bei Google Maps recherchiere, komme ich mit meinen 5 GB gut hin.
Authentisches Litauen-Erlebnis im Gasthof „Senasis Rambynas“
Unsere letzte Nacht in Litauen verbringen wir auf unserem Roadtrip durchs Baltikum in einer alten Schule. Die Pension ist dem Gasthof „Senasis Rambynas“ angeschlossen und liegt fast fußläufig zum alten Heiligtum. Hier essen wir sehr günstig und gut. Es gibt eine schöne große Außenterrasse und auch innen eine Gaststube mit etlichen Tischen. Unser Kind ist selig, weil es auch eine Spielkiste und einen Maltisch gibt (und Katzen). Das Außengelände ist nicht nur mit haufenweise alten Haushaltsgeräten und landwirtschaftlichen Utensilien dekoriert, sondern auch mit Mühlsteinen. (Einige von ihnen glitzern verdächtig.)
Tag 15: Palanga, Litauen und Liepaja, Lettland
Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Rambynas – Palanga – Liepāja. 200 km, 3 Stunden Fahrtzeit.
Museum auf dem Rambynas-Hügel
Am nächsten Morgen möchte ich unbedingt noch mal auf den Hügel. Dort habe ich ein kleines Museum entdeckt, das gestern schon geschlossen hatte. Für nur einen Euro Eintritt pro Person (freiwillige Überzahlung wird nicht akzeptiert, Kinder sind frei) führt uns die Mitarbeiterin persönlich durch die Ausstellung. Ihr Englisch ist nur rudimentär. Aber sie zeigt uns, wo wir überall Möglichkeiten haben, uns englische Hörbeiträge anzuhören. So erfahren wir etliches über die geologischen, biologischen und kulturhistorischen Hintergründe des Rambynas.
Zwei Stunden am Stück fahren wir nun Richtung Norden. Kurioserweise ist das bei unserem Roadtrip durchs Baltikum die längste Fahrtzeit, die wir uns abverlangen. Das ist das Gute an dieser Region: Hier ist alles neu und ein bisschen exotisch, allein dadurch sehenswert. Es ist nie weit, bis es sich das nächste Mal anzuhalten lohnt. (Natürlich hätte sich auch diesmal schon viel früher ein Zwischenstopp gelohnt. Klaipeda und der Kurische Nehrung etwa lassen wir komplett links liegen. Dabei handelt es sich zwar um Hauptsehenswürdigkeiten von Litauen. Aber wir hoffen darauf, früher oder später wiederzukommen und dann mit der Fähre nach Klaipeda zu fahren.)
Palanga: Badeurlaub in Litauen
Stattdessen verbringen wir einige Stunden in Litauens beliebtestem Badeort. Meine Kurzzusammenfassung unserer Stippvisite am Meer ist mir beim Tippen schon wieder dermaßen ausgeufert, dass ich sie hier gelöscht und für einen eigenen Blogbeitrag gespeichert habe. Also hier noch einmal in wirklich kurz: schöner, wenn auch erwartungsgemäß touristischer Ort. Interessant im Vergleich zur deutschen Ostseeküste, die wir gut kennen und sehr lieben. Traumhafter Strand! Am besten gefallen mir die Holzbohlenwege in den Dünen direkt dahinter.
Liepaja: Lettland am Meer
Eine letzte Stunde fahren wir auf unserem Roadtrip dann noch durchs Baltikum. Auf der bestens ausgebauten Landstraße geht es über die Grenze zurück nach Lettland. (Die Grenze wird wie an den meisten Stellen Europas und überall im Baltikum nur durch ein paar Schilder angezeigt.)
Der direkte Vergleich zwischen Palanga und Liepaja ist ein bisschen unfair. Allein schon größenmäßig handelt es sich um Äpfel und Birnen. Während Palanga ein reiner Badeort ist, war Liepaja schon immer eine Stadt. Knapp 68.000 Menschen wohnen hier permanent. Sicher kommen in den Sommermonaten zur Urlaubszeit reichlich dazu. Die Infrastruktur ist aber eine ganz andere.
Stadtbummel durch Liepaja
Wir parken kostenfrei auf einem Großparkplatz zwischen Strand und Hafen. Bis der Check-in unserer Fähre schließt, bleiben uns noch gut drei Stunden. (Unserer Erfahrung nach macht es zumindest mit einem PKW wenig Sinn, eher als eine Viertelstunde vor Ablauf des angegebenen Zeitraums im Hafen zu sein. In Fährorten wie Liepaja, Travemünde – oder auch IJmuiden auf dem Weg nach Newcastle und Schottland – empfiehlt es sich, zwar mit viel Zeitpuffer hinzufahren, diesen dann aber in der Stadt oder am Strand abzubummeln.)
Ein netter Spaziergang führt uns vorbei an Villen, die meist noch eine Spur mondäner aussehen als die in Palanga. Die Auswahl an Restaurants ist groß und viele sehen wirklich einladend aus. Da wir alle dringend aufs Klo müssen, landen wir im erstbesten. Der „Parka Paviljons“ im Wiener-Kaffeehaus-Stil mit sehr hübschen Jugendstil-Anleihen entpuppt sich als gar nicht schlechte Wahl. Martin lobt seinen Burger. Mein Risotto ist wirklich gut. Franka freut sich über Kartoffelbrei ohne alles von der Beilagenkarte. (Es gibt auch eine extra Kinderkarte mit der üblichen Pommeslast.)
In Liepaja bedauern wir noch mehr als in Palanga, nicht mehr Zeit zu haben. Wir werfen einen Blick in den Fischereihafen und schauen uns die große neue Veranstaltungshalle an. Das goldgelbe Glaskonstrukt trägt passenderweise den Beinamen „der große Bernstein“. In den Nebenstraßen entdecken wir etwas Streetart. Und immer wieder schicke Holzhäuser und Villen in Zuständen von renovierungsbedürftig bis Neubau.
Wir gönnen uns noch einen kleinen Nachtisch in einem der vielen Cafés, die bis 20 Uhr geöffnet haben. In wenigen Minuten fahren wir zum Fährhafen und treten am späten Abend die Heimreise an.
Tag 16: Mit der Fähre von Liepāja nach Travemünde
22 Stunden Fähre Liepāja – Travemünde. Plus Strecke auf unserem Roadtrip durchs Baltikum: Travemünde – Obernkirchen. 278 km, knapp drei Stunden Fahrtzeit.
Der Zwang zum Nichtstun ein weiteres Mal am Ende des Urlaubs entschleunigt ungemein. Diesmal sind es 22 Stunden, bis wir am anderen Ende der Ostsee ankommen. Den ausführlichen Erfahrungsbericht habe ich schon abgetippt. (Ich muss ihn noch schick machen und veröffentliche ihn dann demnächst.)
Die Kurzversion: Das Schiff ist längst nicht so modern und komfortabel wie andere Fähren. Das Essen und vor allem dessen Organisation überzeugen uns gar nicht. Aber wir kommen gut an. Da unser Kind die kleine Spielecke ganz für sich allein hat, ist die Stimmung bestens.
Nach einer Nacht und einem vollen Tag auf See kommen wir abends gegen halb acht in Travemünde an. Eine verdachtsunabhängige Passkontrolle versaut uns unseren schönen Start als erstes Auto von der Fähre. Trotzdem finden wir am autobahnnahen Stadtrand von Lübeck noch ein nettes einfaches Restaurant für ein spätes Abendessen. Gut gestärkt mit syrischen Köstlichkeiten treten wir die letzten 250 Kilometer unseres Roadtrips durchs Baltikum über deutsche Autobahnen an.
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Unser Roadtrip durchs Baltikum war komplett selbst bezahlt. Im Gauja-Nationalpark hat uns Nationalparkmitarbeiterin Santa als Recherchehilfe für mein Reiseblog kostenlos herumgeführt.
Ansonsten habe ich nur im Museum der Illusionen in Vilnius spontan den Blogger-Joker aus dem Ärmel geschüttelt und für Franka und mich freien Eintritt angefragt und bekommen. (Wir hatten nämlich nicht mehr so viel Zeit, bis das Museum schloss. Privat hätte sich das nicht mehr recht gelohnt. Aber ich dachte mir, dass diese Attraktion für Kinder schon erwähnenswert wäre und ein gutes Fotomotiv böte. Genau so war es dann ja auch.)
Liebe Lena,
vielen Dank für diesen großartigen Artikel über das Baltikum. Wir haben unsere Reise durch die drei Länder auch in vollen Zügen genossen. Was wir aber leider nicht geschafft haben, war ein Tag in Helsinki. Das war unser Ursprungsplan, den wir während der Reise aus Zeitgründen verworfen haben. Wenn ich aber von eurem Besuch in der Nähe von Helsinki lese, bin ich gar nicht so traurig darüber, denn dort möchte ich jetzt auch gerne hin.
Alles Liebe,
Monika
Hallo Monika, durch euren Blog werde ich mich auf jeden Fall auch noch durchlesen und bestimmt einiges als weiterführende Literatur verlinken. Deinen Bericht aus Vilnius habe ich ja schon gesehen.
Liebe Lena! Das war glaub ich der längste Blogpost aller Zeiten ;). Sehr spannend auf jeden Fall. Zumal ihr ja nun nach all den Jahren nur zu Dritt unterwegs gewesen seid und dann auch noch mit einem EAuto. Habe Deinen Post insofern aber mit einem weinenden Auge gelesen, weil wir sowohl 2020 als auch 2021 einen Roadtrip durch das Baltikum geplant hatten. Jedesmal musste ich wegen Corona absagen. Seitdem hatte ich keine Muße mehr. Vielleicht sollte ich das aber doch nochmal angehen, denn das sieht bei euch wirklich toll aus. GlG, Nadine
Haha, ja, tatsächlich ist es mein längster Beitrag ever. (Noch länger als der über unseren Alpen-Roadtrip bis Korsika letztes Jahr. Und der über Schweden war auch schon obszön lang.)
Dass du unter diesen Umständen einem Baltikum-Urlaub mit sehr gemischten Gefühlen gegenüberstehst, kann ich gut nachvollziehen. Bei mir ist das genauso mit Frankreich. Aber aller guten Dinge sind drei, oder? ;)
Hallo Lena,
ein sehr cooler Trip, und lange Reiseberichte sind eh die besten. 😉
ich bin vor Jahren mal mit der Fähre von Stockholm nach Riga, und dann von Tallinn wieder per Fähre zurück nach Stockholm gefahren. Das war auch eine coole Option.
Litauen kenne ich noch nicht, werde ich mir aber jetzt mal genauer anschauen. Dieser Weg mit den Kreuzen sieht schon krass aus.
Liebe Grüße
Dennis
Die Kombination mit Schweden ist bestimmt auch richtig interessant, weil es ja durchaus historische Verbindungen gibt. Überhaupt ist es immer toll, Europa als großes Ganzes voller gradueller Übergänge und Überschneidungen zu erleben.
Litauen war ganz lange das schwache Glied in der Kette bei Zugreisen, meine ich. Esgab einfach keine internationalen Verbindungen. Das soll aber entweder bald anders werden oder sogar schon Geschichte sein. Insofern genau der richtige Zeitpunkt für dich! ;)
Hallo Lena
Toller Bericht. Wir haben unseren Roadtrip durchs Baltikum auch genoßen. Deine Erzählungen spiegeln auch unsere Erfahrungen wieder. Tolle Länder.
Euch weterhin wundervolle Roadtrips, egal wohin. Genißet das Leben.
Mit Plattfuß und Ölverlust
Mike
Hallo Mike, danke! Euch auch! :)